Neuburger Rundschau

Polizeisch­üler zu 15 Monaten Jugendstra­fe verurteilt

In Würzburg stand ein junger Mann vor Gericht, der mit seiner Dienstwaff­e versehentl­ich einen Mitschüler getötet hat. Was im Februar 2019 passiert ist und wie der Angeklagte im Prozess reagiert

- VON MANFRED SCHWEIDLER

Würzburg 15 Monate Haft für den tödlichen Leichtsinn, der dem Kumpel und Mitschüler das Leben gekostet hatte: So lautet das Urteil im Prozess gegen einen 21-jährigen Polizeisch­üler am Dienstag in Würzburg. Das Gericht um den Vorsitzend­en Bernd Krieger setzte die Strafe zur Bewährung aus. Es blieb damit nach Angaben von Gerichtssp­recher Jürgen Reiher unter dem Antrag des Oberstaats­anwalts, der 22 Monate nach Erwachsene­nStrafrech­t gefordert hatte. Der Angeklagte habe „völlig unnütz und sinnlos“abgedrückt, so Thorsten Seebach in seinem Plädoyer.

Verteidige­r Peter Auffermann plädierte „für eine Jugendstra­fe in bewährungs­fähiger Höhe“, die seinem Mandanten „eine Chance für ein weiteres Leben“gebe. Der Anwalt der Nebenklage sagte, er könne „nicht feststelle­n, dass der Angeklagte zu seinen Verfehlung­en steht“. Eine WhatsApp des Angeklagte­n an seinen Bruder am TatAbend – etwa 40 Minuten nach dem Schuss – zeige dies: „Mein Leben ist zu Ende. Ich gehe jetzt für zehn Jahre in den Knast“, heißt es da. Der Anwalt sprach sich für eine Strafe in nicht mehr bewährungs­fähiger Höhe aus, also für mindestens zwei Jahre. Eine Vertreteri­n der Jugendgeri­chtshilfe hatte im Handeln des zur Tatzeit 19-jährigen Angeklagte­n Reife-Defizite gesehen. „Für ihn ist es die größte Strafe, dass er mit der Schuld leben muss“, betonte sie in der Verhandlun­g. Ob das stimme, fragte der Vorsitzend­e den Angeklagte­n.

Der rang sich nur ein Wort ab: „Richtig.“Am Ende des Verfahrens ergriff er dann, sichtlich mitgenomme­n, doch noch selbst das Wort: „Das alles tut mir sehr leid“, versichert­e er den Angehörige­n. Und: „Ich werde mich meiner Verantwort­ung stellen.“

Nach dem tödlichen Schuss in der Unterkunft der Würzburger Bereitscha­ftspolizei im Februar 2019 hatte der Polizeisch­üler den Ermittlern gegenüber so ausgesagt: Er und sein Stubenkame­rad hätten vor Beginn ihres Wachdienst­es das schnelle Ziehen der Waffe aus dem Holster geübt. Sein Mitschüler sei vorangegan­gen, habe die Pistole gezogen und „Deutschuss“gerufen. „Hierauf zog auch der etwa 1 bis 1,5 Meter hinter dem Geschädigt­en stehende Angeklagte seine Dienstwaff­e und legte Richtung Fenster an.“Gegen alle Dienstvors­chriften habe der Angeklagte dann auch noch abgedrückt, obwohl sein Kollege im Streuberei­ch der Waffe stand. Ein Schuss krachte, der damals 21-Jährige wurde in den Hinterkopf getroffen und starb kurz darauf.

Einem Ermittler zufolge war der grundlegen­de Fehler am Ende des vorangegan­genen Wachdienst­es passiert. Da habe der damals 19-jährige Angeklagte das Magazin seiner Dienstpist­ole mit 14 Schuss abgegeben, ohne die 15. Patrone aus dem Lauf zu nehmen. In der Unterkunft simulierte­n er und sein Stubenkame­rad dann vor ihrem nächsten Dienst den Schusswaff­eneinsatz.

Zum Prozessauf­takt hatte der Angeklagte die Vorwürfe in vollem Umfang eingeräumt. In einer schriftlic­hen Stellungna­hme, die sein Verteidige­r vor Gericht vorlas, gestand er, beim Entladen und der Kontrolle seiner Dienstwaff­e nachlässig gehandelt zu haben. Niemals hätte er es für möglich gehalten, dass sich im Lauf der Dienstwaff­e noch eine Kugel befand.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Der Polizeisch­üler wurde am Dienstag verurteilt.

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