Neuburger Rundschau

Väter packen in Corona-Zeiten zu Hause stärker mit an

Studie Die Soziologin Jutta Allmending­er sah die Emanzipati­on um 30 Jahre zurückgewo­rfen. Das Gegenteil scheint der Fall

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Vati geht arbeiten, Mutti kocht, wäscht und versorgt die Kinder: Während der belastende­n Wochen des Corona-Zwangsstil­lstands in Deutschlan­d wurde immer wieder die Furcht geäußert, dass Familien hierzuland­e in traditione­lle Rollenbild­er zurückfall­en könnten. Die bekannte Soziologin Jutta Allmending­er sah die Emanzipati­on gar um 30 Jahre zurückgewo­rfen.

Eine Untersuchu­ng des Bundesamts für Bevölkerun­gsforschun­g kommt nun zum gegenteili­gen Ergebnis: Die Corona-Wochen haben dazu geführt, dass Väter sich stärker um ihre Familien kümmern. Gleichbere­chtigung

zwischen den Geschlecht­ern habe die Ausnahmesi­tuation zwar nicht gebracht, aber die Lasten würden gleichmäßi­ger verteilt. Hatten Väter vor zwei Jahren im Schnitt 3,3 Stunden pro Arbeitstag mit der Betreuung des Nachwuchse­s und dem Haushalt zu tun, waren es in den Corona-Wochen fünfeinhal­b Stunden. Mütter kamen 2018 im Mittel auf sechseinha­lb Stunden Familienar­beit – in den Krisenwoch­en auf knapp acht.

Als Grund dafür nennt die Untersuchu­ng: Wegen des Arbeitens von zu Hause (Homeoffice) oder Kurzarbeit sind Männer häufiger daheim und sehen, wo sie gefordert sind. Geschlosse­ne Schulen und Kindergärt­en

ließen vielen von ihnen aber auch keine Wahl. „Gerade in Kurzarbeit erleben viele Väter, dass sie viel Zeit bei der Familie verbringen. Väter geben dabei eine hohe Zufriedenh­eit an“, sagt Martin Bujard vom Bundesamt für Bevölkerun­gsforschun­g. Eine Re-Traditiona­lisierung des Familienbi­ldes, wie der Forscher es formuliert, „lässt sich nicht bestätigen“. Bujard und seine Kollegen haben für ihre Untersuchu­ng die Mannheimer Corona-Studie herangezog­en, für die täglich seit Ende März zwischen 400 und 650 Teilnehmer befragt werden.

Ein weiteres ihrer Ergebnisse ist, dass Eltern in den Wochen mit geschlosse­nen Kindergärt­en und Schulen weniger gearbeitet haben. Im Mittel arbeiteten die Väter der Untersuchu­ng zufolge nur noch etwas mehr als sieben statt zehn Stunden – und Mütter sechs statt sieben Stunden. Dennoch habe die Hälfte der Eltern die Doppelbela­stung aus Beruf und Familie als äußerst zehrend empfunden. Das ist ein deutlich höherer Anteil als bei Paaren ohne Kinder.

Mehr Zeit für die Familie – schreitet die Entwicklun­g voran? Martin Bujard ist skeptisch, dass die Papas den gleichen Einsatz zu Hause zeigen werden, wenn sich das Leben wieder normalisie­rt. Es werde sich wahrschein­lich „wieder einpendeln, wie es davor war“, sagt er. In Deutschlan­d leben knapp 14 Millionen Eltern mit elf Millionen Kindern unter 18 Jahren zusammen.

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Symbolfoto: dpa
Väter genießen die freie Zeit mit ihren Kindern, die ihnen die Corona-Krise bringt. Symbolfoto: dpa

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