Hunderte Kontrollen am Grenztunnel
Tirol gilt als „Virusvarianten-Gebiet“. Wer von dort ins Allgäu einreisen will, muss mehrere Voraussetzungen erfüllen. Das führt zu langen Staus und Unverständnis
Füssen/Selb Kurz vor Ende des Grenztunnels Füssen geht es in Richtung Allgäu nicht mehr weiter. Bis in die Röhre hinein hat sich am Montagvormittag ein Stau gebildet. Weil Tirol als „Virusvarianten-Gebiet“gilt, finden strenge Grenzkontrollen statt. Von dort nach Bayern einreisen darf nur noch, wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt, beispielsweise in Deutschland lebt oder Güter transportiert. Aber auch dann müssen Betroffene zunächst eine digitale Einreise-Anmeldung sowie einen Nachweis über einen negativen Corona-Test vorzeigen und später in häusliche Quarantäne.
Den meisten, die an diesem Tag von Österreich durch den Grenztunnel ins Allgäu kommen, ist das bekannt. Sie reichen den Bundespolizisten die erforderlichen Unterlagen und können ihre Fahrt fortsetzen. „Am Sonntag ist es noch öfter vorgekommen, dass einige keinen Test gemacht oder ihre Einreise nicht angemeldet hatten“, sagt Sabine Dittmann, Sprecherin der Bundespolizeiinspektion Kempten. Dass einem Kontrollierten die Einreise verweigert wurde, sei bislang kaum vorgekommen. Verzögerungen gibt es aber bei hunderten Kontrollen am Montag immer wieder – nicht nur im Allgäu.
Ähnliche Szenen spielten sich am auch an der tschechischen Grenze in Oberfranken ab. Die Staus reichten an den Übergängen bis zu fünf Kilometer zurück, wie ein Sprecher der Bundespolizei-Inspektion Selb sagte. Lastwagenfahrer hätten teilweise drei Stunden gewartet, viele Personen wurden zurückgewiesen. Die Beamten überprüften jedes Fahrzeug, niemand wurde einfach durchgewunken. „Wir haben permanent Einzelfälle, über die wir entscheiden müssen“, sagt der Polizeisprecher. „Ein Handwerker muss uns beispielsweise genau erklären, warum wir ihn über die Grenze lassen müssen.“
Gleiches gilt für die Grenze zu Tirol. Wer dort vor dem Übertritt keinen Corona-Test gemacht hat, der muss ebenfalls zurück nach Österreich. Auf einem Autohof in Vils (Bezirk Reutte), direkt hinter dem Tunnel, gibt es einen Testbus, der von 7 bis 19 Uhr geöffnet hat. „Vor Ort werden kostenlose Schnelltests durchgeführt“, sagt eine Sprecherin des Landes Tirol. Wem die digitale Einreise-Anmeldung fehlt, der muss dagegen nicht umdrehen, sondern kann diese an der Grenze ausfüllen – digital oder händisch. Auch an diesem Montag werden regelmäßig Fahrer aus der Schlange auf die Parkplätze geleitet, wo sie hektisch in ihre Smartphones tippen. „Das ist eine Frechheit“, sagt ein Mann aus Böblingen, der in seinem Auto sitzt und das Formular am Handy bearbeitet. Über eine Stunde habe er im Stau gestanden, „und jetzt das“.
Wenig begeistert ist auch eine 25-jährige Memmingerin: Sie sei nur durch Tirol gefahren, aufgehalten habe sie sich aber in Südtirol, das zwar als Risikogebiet, nicht aber als „Varianten-Gebiet“gilt. Zudem war sie weniger als 72 Stunden dort. „Vorhin meinte ein Polizist, in diesem Fall brauche ich gar keine Anmeldung, ein anderer sagte, ich solle sie ausfüllen. Ich habe das Gefühl, die wissen es selber nicht genau.“
Unklarheiten gibt es auch beim Thema Pendler. Sechs Kilometer sind es für Daniela Schalk bis zu ihrem Arbeitsplatz. Fast schon stündlich hatte sich für die Angestellte, die in Reutte wohnt, aber in Füssen arbeitet, die Lage geändert. Erst hieß es, sie dürfe als Tirolerin überhaupt nicht mehr zur Arbeit einreisen. Dann kam die Meldung, nur für Menschen in „systemrelevanten Berufen“sei das Pendeln erlaubt. „Ob ich zu dieser Gruppe gehöre, konnte mir die Bundespolizei jedoch nicht sagen“, erzählt Schalk. Die Beamten ließen die Verlagsangestellte schließlich passieren.
„Die Ausnahmen sind noch nicht klar definiert“, sagt Bundespolizistin Sabine Dittmann. Dazu kommt: Bis Dienstag reicht es laut Bundesinnenministerium, wenn Pendler als Nachweis ihren Arbeitsvertrag vorMontagvormittag zeigen. Ab Mittwoch ist eine amtliche Bescheinigung der Kreisverwaltungsbehörde notwendig. Zusätzlich müssen die Pendler einen negativen Corona-Test vorweisen.
Das ärgert Louis Schieferle, der in Hopfen am See lebt und bei der Reuttener Seilbahn GmbH arbeitet. „Ein Test alle 48 Stunden kostet mich viel Zeit.“Zudem wusste er Montag noch immer nicht, welche Regeln für ihn gelten. „Wo ich auch anrufe, im Ministerium in München oder bei den Seilbahnbehörden in Tirol, immer hör ich nur das Besetztzeichen.“(mit sib, sir, dpa)