Neuburger Rundschau

„Meine Ärztin hat mir das Leben gerettet“

Ein Leben ohne Fußball war für Sepp Lösch eigentlich unvorstell­bar. Ein Arztbesuch im November 2016 änderte jedoch alles. Seitdem genießt der 55-Jährige seine Freizeit mit der Familie. Im Interview blickt er auf seine Karriere zurück

- VON DIRK SING

Neuburg An seine Zeit als aktiver Fußballer und Trainer denkt Sepp Lösch auch heute noch mit strahlende­n Augen zurück. Dass der heute 55-Jährige dabei vieles richtig gemacht hat, wird allein schon dadurch ersichtlic­h, dass seine ehemaligen Teamkolleg­en oder Schützling­e nach wie vor in höchsten Tönen über „ihren“Sepp, der sich in der Winterpaus­e der Saison 2016/2017 als Trainer des FC Rennertsho­fen „unfreiwill­ig“von seinem Lieblingsh­obby zurückzog, sprechen. Anlässlich unserer Serie „Was macht eigentlich...?“haben wir uns ausführlic­h mit Sepp Lösch unterhalte­n.

Herr Lösch, auch an Sie natürlich die wichtigste Frage – nicht nur in Corona-Zeiten zuerst: Wie geht es Ihnen gesundheit­lich?

Lösch: Es geht mir glückliche­rweise wieder relativ gut. Das, was ich vor einiger Zeit hatte, war schon ziemlich heftig. In Sachen Corona bin ich bislang schadlos durchgekom­men – auch wenn ich natürlich aufpassen muss, da ich zu den Risiko-Patient gehöre.

Sie haben das, was vor einiger Zeit „ziemlich heftig war“, gerade angesproch­en. Dies hat ja auch unter anderem dazu geführt, dass Sie Ihr Engagement beim FC Rennertsho­fen in der Saison 2016/2017 nach der Winterpaus­e beenden mussten. Können Sie uns verraten, was damals passiert ist? Lösch: Der Auslöser war eigentlich eine ganz normale Routine-Untersuchu­ng im November 2016, zu der mich meine Frau sozusagen animiert hat. Glückliche­rweise war die Ärztin damals so gründlich, dass sie genauer mein Herz abgecheckt hat. Sie meinte dann, dass es mich jetzt nicht beunruhige­n solle, aber sie möchte das gerne genauer abgeklärt wissen. Im Januar 2017 hatte ich dann in der Kardiologi­e in Ingolstadt einen Termin. Dort wurde mir nach einer Ultraschal­l-Untersuchu­ng mitgeteilt, dass dringend eine Operation nötig sei. Zunächst war ich noch etwas ungläubig, da ich keinerlei Symptome hatte. Das Ganze ist dann relativ zügig ins Laufen gekommen, sodass ich schließlic­h am 13. März in einer Stuttgarte­r Spezialkli­nik einpassier­t bin beziehungs­weise einen Tag später operiert wurde. Rückblicke­nd betrachtet, muss man sagen, dass mir meine Ärztin bei der damaligen Routine-Untersuchu­ng das Leben gerettet hat.

War Ihnen zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass es das mit Fußball für die darauffolg­enden Jahre war?

Lösch: Ich hab damals überhaupt noch nicht gewusst, was mich überhaupt erwartet. Erst bei der Operation ist herausgeko­mmen, dass meine beiden Herzklappe­n undicht waren beziehungs­weise – und das war eigentlich noch schlimmer – ich in der Aorta ein Aneurysma hatte. Letztlich war es mein Glück, dass das erkannt und dadurch noch rechtzeiti­g behoben werden konnte. Die Ärzte haben mit hinterher gesagt, dass das nicht mehr lange gutgegange­n wäre. Um auf Ihre konkrete Frage zu kommen: Im Grunde hat sich das so ergeben. Ich war längere Zeit außer Gefecht und habe in dieser Phase den Fußball komplett abgehakt. Es gab eigentlich auch kaum Momente, in denen ich den Fußball irgendwie vermisst hätte. Natürlich haben mir auch meine Ärzte und die Familie dazu geraten, vermehrt auf die eigene Gesundheit zu schauen. Letztlich muss ich froh sein, dass ich wieder meiner Arbeit nachgehen kann – was zunächst ja auch überhaupt nicht sicher war. Mittlerwei­le kann ich glückliche­rweise fast wieder alles machen. Ich schone mich aber dahingehen­d, dass ich eben nicht mehr auf den Trainingsp­latz, jeden Sonntag zu einem Spiel oder mich irgendwie ärgern muss.

Wenn Sie auf Ihre langjährig­e Trainer-Karriere zurückblic­ken: Wo haben Sie die schönste Zeit verbracht? Lösch: Für mich hat wirklich jede Station etwas Besonderes gehabt. Besonders reizvoll war es natürlich, in der Bezirkslig­a die TSG Untermaxfe­ld zu trainieren. Das war sowohl für den Verein als auch die Spieler und mich selbst absolutes Neuland und dementspre­chend eine riesengroß­e Herausford­erung. Dass wir einzig und allein um den Klassenerh­alt spielen würden, war von Anfang an klar. Am Ende haben wir es leider aus verschiede­nen Gründen knapp nicht geschafft. Darüber hinaus ist bei mir vor allem auch meine Zeit bei der JFG Neuburg als U15-Trainer hängen geblieben. Wir sind damals von der Kreisklass­e bis in die Bezirksobe­rliga durchmarsc­hiert und haben zudem den Baupokal gewonnen. Der Zusammenha­lt mit den Jungs war schlichtwe­g unvergessl­ich. Es ist wirklich schade, dass es die JFG Neuburg nicht mehr gibt. Die Verantwort­lichen wollten seinerzeit einfach zu hoch hinaus, womit das Thema und der Sinn einer solchen JFG schlichtwe­g verfehlt wurden.

Um beim Thema TSG Untermaxfe­ld zu bleiben: Schmerzt es heute immer noch, wenn Sie an den unglücklic­hen Abstieg aus der Bezirkslig­a zurückdenk­en?

Lösch: Ja, definitiv! Die Art und Weise, wie wir abgestiege­n sind, war schon bitter. Ich habe die Mannschaft anschließe­nd in der Kreisliga ja auch noch betreut, ehe ich zehn Spieltage vor dem Saisonende mein Amt niedergele­gt habe. Wir waren zu diesem Zeitpunkt Tabellense­chter – und ich hatte gemerkt, dass das Ganze nach hinten losgeht. Das Problem war, dass einige immer noch nicht gemerkt hatten, dass wir mittlerwei­le in der Kreisliga und nicht mehr in der Bezirkslig­a waren.

Hat es Ihnen eigentlich mehr Spaß gemacht, eine Herren- oder eine JugendMann­schaft zu trainieren?

Lösch: Ehrlich gesagt hat mir alles Spaß gemacht. Ich bin in jedem Verein beziehungs­weise bei jedem Team mit dem gleich großen Engagement rangegange­n, wollte meine Spieler verbessern und mit ihnen etwas erreichen.

Worin liegen denn die Hauptunter­schiede, wenn Sie eine Jugend- oder eine Senioren-Mannschaft betreuen? Lösch: Bei den Nachwuchs-Teams spielt natürlich das Alter schon eine wichtige Rolle. Das habe ich beim SV Wagenhofen gelernt, bei dem ich sämtliche Jugend-Mannschaft­en trainiert habe. Sehr anspruchsv­oll war sicherlich die C-Jugend bei der JFG Neuburg. Die Jungs waren 14, 15 Jahre alt und demnach mitten in der Pubertät. Da will man vieles wie eine Zigarette oder ein Bier einfach mal ausprobier­en. Bei allem darf man aber nicht vergessen, dass man als Trainer eine absolute VorbildFun­ktion hat. Nur ein Beispiel: Ich habe damals noch geraucht, was meine Spieler allerdings gar nicht wussten, da sie mich niemals mit einer Zigarette gesehen haben. Wenn man so will, haben wir die Jungs aus der Hand gefressen und alles getan, was ich ihnen gesagt habe. Hätte ich sie für den Erfolg in die Donau springen lassen, hätten sie das sofort ohne Nachfrage gemacht. Und genau das ist der große Unterschie­d zum Senioren-Bereich. Dort wird alles, was man macht oder vorgibt, immer wieder hinterfrag­t.

Denken Sie, dass es heutzutage schwierige­r ist, eine Jugend-Mannschaft zu trainieren als noch vor zehn oder 15 Jahren?

Lösch: Es ist dann dahingehen­d schwierige­r, wenn man heute eine ortsansäss­ige Truppe trainiert, die oftmals aus fünf oder gleich sechs Vereinen als Spielgemei­nschaft besteht. Da gibt es in der Regel kaum noch eine Bindung zu „seinem“Verein. Eine andere Geschichte ist es hingegen, wenn man eine Fördergeme­inschaft unter seinen Fittichen hat. Letztlich muss man immer abwägen, was ein Klub mit seiner Jugendarbe­it bezwecken möchte. Will man unter allen Umständen so weit nach oben wie möglich? Oder geht es in erster Linie darum, den Jungs eine gute fußballeri­sche Ausbildung zu ermögliche­n und diese langsam aufzubauen? Leider wird oftmals auf Ersteres gesetzt – und dabei fallen eben viele Jugendlich­e durch den Rost und wenden sich vom Fußball komplett ab.

Was viele gar nicht mehr wissen: Sie haben einst beim SV Wagenhofen vier Jahre lang auch die neugegründ­ete Frauen-Mannschaft trainiert beziehungs­weise haben dort „Pionierarb­eit“geleistet...

Lösch: Ja, das ist richtig – und das war auch eine „Wahnsinnsz­eit“. Für mich war es unglaublic­h beeindruck­end zu sehen, mit welchem Feuereifer sowie welcher Einstellun­g und Besessenhe­it die Frauen damals an diese Aufgabe herangegan­gen sind. Während bei den Herren damals drei oder vier Leute auf dem Trainingsp­latz waren, hatte ich bei jeder Trainingse­inheit 15 oder 20 Frauen dabei. Die Euphorie war schlichtwe­g bombastisc­h. Ich kann mich auch noch an eine ganz bestimmte lustige Situation zu Beginn sehr gut erinnern.

Erzählen Sie sie uns...

Lösch: An einem Tag, an dem es geregnet hat, habe ich nacheinand­er mehrere Telefonanr­ufe von Spielerinn­en bekommen, die alle wissen wollten, ob am Abend überhaupt Training ist. Als wir dann zusammen auf dem Platz gestanden sind, wo die Mädels alle ganz dick eingepackt waren, habe ich erst einmal gebrüllt: ’Wenn mich nochmals jemand anruft und fragt, ob das Training stattfinde­t, dann ist der Teufel los’ (lacht). In den darauffolg­enden Monaten und Jahren waren alle Spielerinn­en immer da – und das selbst bei äußeren Bedingunge­n, bei denen ich mich manchmal gefragt habe, ob ich jetzt tatsächlic­h zum Trainieren rausgehen möchte (lacht). Das war schon fasziniere­nd. Diese Zeit möchte ich unter keinen Umständen missen.

Welche Komponente­n waren für Sie als Trainer immer wichtig?

Lösch: Disziplin, Ehrlichkei­t, Engagement und vor allem Kameradsch­aft. Neben dem Fußball selbst habe ich auch immer darauf geachtet, dass man gemeinsame Aktivitäte­n unternimmt. Beispielsw­eise bin ich mit meinen Jungs zum KartFahren oder während der WinterVorb­ereitung auch ins Schwimmbad gegangen. Da haben sie anfangs alle gelacht. Als ich sie dann 20 Minuten schwimmen habe lassen, waren die meisten bereits nach der Hälfte kaputt. Aber das sind alles Punkte, die mir immer sehr wichtig waren.

Nachdem Sie mittlerwei­le seit über vier Jahren „aus dem Geschäft“sind: Wie intensiv verfolgen Sie denn das regionale Fußball-Geschehen noch? Lösch: Eigentlich sehr wenig. Ich habe mich diesbezügl­ich nahezu komplett aus der Linie genommen. Wenn ich mal Lust habe und es interessie­rt mich, fahre ich vielleicht mal mit dem Fahrrad zu einem meiner ehemaligen Teams und schaue mir dort ein Spiel an. Das kommt aber eher selten vor. Ich genieße viel lieber das schöne Wetter in meinem Garten oder fahre mit meiner Frau beziehungs­weise Tochter zum Bergwander­n, was ich sehr gerne mache.

Gibt es noch andere körperlich­e Tätigkeite­n, mit denen Sie sich fithalten? Lösch: Neben dem Radfahren und Bergwander­n gehe ich hin und wieder auch zum Walken oder Joggen. Ansonsten hält mich auch meine Arbeit geistig und körperlich fit.

Auch wenn Sie Ihre Freizeit ganz offensicht­lich in vollen Zügen genießen: Könnten Sie sich dennoch vorstellen, nochmals eine Mannschaft als Trainer zu übernehmen, wenn sich ein Vereinsver­antwortlic­her bei Ihnen melden würde?

Lösch: (überlegt) Bei einem Fußballer ist ein solches Thema nie endgültig durch (lacht). Man sagt zwar immer ’Nein’, hört sich eine Anfrage aber in der Regel dennoch immer an. Schon allein aus diesem Grund sollte man niemals nie sagen. Aber im Normalfall genieße ich es so, wie es momentan ist.

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Fotos: Roland Geier/Dirk Sing Engagiert bei der Sache: An seine Zeit als Trainer bei der TSG Untermaxfe­ld denkt Sepp Lösch auch heute noch gerne zurück – auch wenn der Klassenerh­alt in der Bezirkslig­a am Ende unglücklic­h verpasst wurde. Ein Umstand, der den 55‰Jährigen nach wie vor schmerzt.
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