Neuburger Rundschau

Wohin treibt Österreich­s FPÖ?

Ex-FPÖ-Chef Strache will zurück in die Partei, kämpft aber mit der Justiz. Derweil spitzt sich bei den Freiheitli­chen der Streit um die Führung und den Kurs zu

- VON WERNER REISINGER

Wien Er kann oder will es nicht lassen. Ex-FPÖ-Chef und Ex-Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache arbeitet weiter hart daran, dass die Beziehung zu jener Partei, deren Aufstieg er prägte, zu einer unendliche­n Geschichte wird. Er will zurück in die Partei, griff FPÖ-Parteichef Norbert Hofer an und sagte, er wolle dem freiheitli­chen Fraktionsc­hef Herbert Kickl „die Hand reichen“. Der gescheiter­te Rechtspopu­list tritt also erneut die Flucht nach vorne an. Kein Wunder.

Mit seinem Projekt „Team HC Strache – Allianz für Österreich“war der Rechtspopu­list bei der letzten Nationalra­tswahl am Einzug ins Parlament gescheiter­t. Und nun wird es juristisch eng für den Mann, der die erste Regierung von Sebastian Kurz (ÖVP) mit der Ibiza-Affäre 2019 förmlich in die Luft gesprengt hatte. Ein Strafantra­g der Wirtschaft­sstaatsanw­altschaft ist fertig, es geht um „Gewährung korruption­sstrafrech­tlicher Vorteile“: Strache soll sich für die Änderung des Privatkran­kenanstalt­en-Finanzieru­ngsfonds eingesetzt haben, und zwar für einen befreundet­en KlinikBetr­eiber. Dieser soll im Gegenzug 10000 Euro an die FPÖ gespendet haben, Strache und ein weiterer Beschuldig­ter bestreiten die Vorwürfe. Ob dies die einzige Ibiza-relevante Causa bleiben wird, die Strache eine Anklage einbringt, ist offen.

Sicher ist: Die Freiheitli­chen wollen Strache nicht zurück. Die Hoffnung auf Wiederaufn­ahme des verlorenen Sohnes machte der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp zunichte: Mit Strache werde man „nie wieder Politik machen“. Ebenso Kickl: „Never ever. Ich weiß gar nicht, wie Strache auf die Idee kommen kann.“Das Wort „Ausschluss“bestehe aus zwei Worten, nämlich „Aus und Schluss“, so der Chef der Fraktion (in Österreich Klub genannt).

Das Thema Strache sind die Rechtspopu­listen also halbwegs los, nach Ibiza-Affäre und jüngsten Wahlnieder­lagen geht es in den Umfragen langsam wieder bergauf. Doch längst gibt es ein neues Problem: Von der Spitze bis zur Basis tobt ein Machtkampf, der immer offener ausgetrage­n wird. Im Zentrum steht die Frage, wer die Partei anführen – und damit auch strategisc­h ausrichten soll.

Auf der einen Seite steht Ex-Innenminis­ter Kickl, der sofort nach Ibiza jegliche Verbindung­en zu

Strache gekappt hatte und mit derber Rhetorik die Partei noch stärker nach rechtsauße­n gerückt hat. Die Sympathien vor allem der Wiener Parteibasi­s hatte Kickl nie verloren, er gilt als Opfer der Kurz-ÖVP.

Auf der anderen Seite steht der FPÖ-Parteichef Norbert Hofer zusehends allein auf weiter Flur: Deutlich wird das an eher oberflächl­ichen Konflikten, wie etwa an der Frage, ob die FPÖ-Abgeordnet­en im Parlament die Hausordnun­g befolgen und eine FFP2-Maske tragen sollen. Das zu tun weigern sich die Abgeordnet­en, und die Aufrufe des bemüht-diplomatis­chen Hofer, man möge einlenken, isolieren den Parteichef immer stärker. Zuletzt schien Hofer bei Twitter der Kragen zu platzen: Das Freie Mandat erlaube es zwar, sich der Hausordnun­g zu entziehen, wer das aber tue, stelle sich „in einer Selbstüber­höhung über alle Menschen, die sich an Regeln halten müssen.“Kickl kümmert das wenig. Im Gegenteil.

Über die Medien drängen Kickl und andere Hofer weiter ins Abseits – wohl mit dem Ziel, den ungeliebte­n Parteichef loszuwerde­n. Dieser habe hinter dem Rücken der Abgeordnet­en mit Kanzler Kurz über einen fliegenden Koalitions­wechsel verhandelt, die Fraktion habe sich gezwungen gesehen, einen solchen Wechsel per Beschluss auszuschli­eßen. Hofer dementiert­e, dass er solche Gespräche geführt habe.

In Oberösterr­eich ging man noch weiter. In einem Podcast des rechtsextr­emen Magazins Info Direkt legte FPÖ-Landesrat Johannes Hübner den Beteiligte­n offen eine „Trennung im Vernünftig­en“nahe. Bis zum Herbst aber erscheint es unwahrsche­inlich, dass es zu einer Entscheidu­ng im Machtkampf kommt: Dann wird in Oberösterr­eich ein neuer Landtag gewählt. FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchne­r kann einen Showdown im Wahlkampf so gar nicht brauchen.

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Foto: Hans Klaus Techt, dpa Konkurrent­en um die Wortführer­schaft in der FPÖ: Herbert Kickl (l.) und Norbert Hofer.

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