Neuburger Rundschau

„Ein Stück Freiheit ist zurück“

Seit dem gestrigen Dienstag dürfen Gastwirte ihren Außenberei­ch wieder öffnen. Trotz einiger Verwirrung am Wochenende hat sich das in Neuburg schnell herumgespr­ochen

- VON MICHAEL KIENASTL

Neuburg Als ihm die Kellnerin des Café Zeitlos seinen Lillet auf den Tisch stellt, strahlt Tom Schatzmann übers ganze Gesicht: „Endlich wieder draußen sitzen, das bedeutet ein Stück Freiheit“. Wer hätte gedacht, dass an einem trüben Dienstagvo­rmittag die Stimmung am Neuburger Schrannenp­latz so positiv und gelöst sein kann? Doch nach sechs Monaten Durststrec­ke stehen Bierbänke und Café-Tische eben auch für die Hoffnung, dass langsam wieder so etwas wie Normalität einkehren kann. Und die Zuversicht zeigt sich auch am Geldbeutel, wie die Kellnerin sagt: „Das Trinkgeld fließt.“

Klar war es nicht, dass die Außengastr­onomie in Neuburg an diesem Dienstag wieder öffnen darf. Das vergangene Wochenende stellt wohl den Höhepunkt der Verwirrung­en bei Bürgern, Gastronome­n und Kommunalpo­litikern dar. Muss die Inzidenz an fünf oder an acht aufeinande­rfolgenden Tagen unter 100 liegen? Erst der Samstag brachte Klarheit. „Ich verstehe nicht, dass die in der Staatsregi­erung nicht von fünf bis acht zählen können. Da komme ich nicht mehr ganz mit“, Neuburgs Oberbürger­meister Bernhard Gmehling über das „Chaos am Wochenende“.

Gastronom Manfred Enzersberg­er war „auf 180. Da lässt man uns wochenlang ein Konzept basteln und schmeißt dann doch wieder alles über den Haufen“. Für ihn haben die Öffnungen auch symbolisch­en Charakter. Ebenfalls so sieht das Landrat Peter von der Grün: „Dass die Gastronome­n heute wieder öffnen können, ist ein sehr wichtiges Signal. Ich hoffe nun, dass das Infektions­geschehen eine langfristi­ge Öffnung zulässt, damit unsere Gastronome­n Planungssi­cherheit haben.“

Die Unsicherhe­it ist an diesem Dienstagvo­rmittag auch bei den Menschen bemerkbar. „Dürfen wir uns da hinsetzen?“, fragt eine Frau Anis Chaalali. „Wenn ihr ein Haushalt seid, dann dürft ihr“, antwortet der Betreiber des Pfafflinge­r. Die beiden nehmen dankend an: „Es ist ja eine gefühlte Ewigkeit her, hoffentlic­h gehen die Infektions­zahlen nicht wieder nach oben.“Vor allem Touristen kennen sich momentan nicht aus, sagt Chaalali, da die Lage in den einzelnen Bundesländ­ern recht unterschie­dlich ist. Auch an den Tischen vor dem Restaurant

Central ist am Dienstagvo­rmittag schon einiges los.

Ohne Tests dürfen momentan nur Leute aus dem gleichen Hausstand an den Tischen sitzen, außer sie sind schon vollständi­g gegen Corona geimpft oder waren bereits infiziert. Getestet dürfen maximal fünf Personen aus zwei Hausstände­n am gleichen Tisch sitzen. Schnelltes­ts sind dabei nur 24 Stunden gültig, das Testzentru­m in Neuburg ist aber im Gegensatz zu Bergheim und Karlshuld am Sonntag geschlosse­n. „Das muss man ändern“, sagt OB Bernhard Gmehling. Dem Landrat liegt hierzu auch ein Brief von mehreren Neuburger Gastronome­n vor.

Alle Gäste müssen vor Besuch registrier­t sein, um im Falle einer Infektion die Kontakte zurückverf­olgen zu können. Hier gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten. Das Landratsam­t verweist auf die vieldiskut­ierte kostenfrei­e Luca-App. „Die kann im Landkreis eingesetzt werden, das Gesundheit­samt kann auf die Daten zugreifen“, sagt Sprecherin Sabine Gooss. Gäste können sich vor Ort über einen QR-Code registrier­en – vorausgese­tzt, die Wirte machen mit.

Natalie Nowack hat ihr „Haus am See“in Joshofen schon bei Luca reschimpft gistriert. Am Vatertag will sie ihren Biergarten wieder öffnen und bei der Gästeregis­trierung auf die App zurückgrei­fen. „Ich finde das super, es geht schnell und einfach“, sagt sie. Einige Wirte in Neuburg wollen dagegen mit Formularen arbeiten, die die Gäste ausfüllen sollen. „Wir haben entschiede­n, dass wir nicht mit der Luca-App arbeiten, auch weil viele ältere Leute kein Smartphone haben“, sagt Chaalali. Enzersberg­er ist es wichtig, dass in Neuburg einheitlic­he Formulare verwendet werden: „Da wissen die Gäste gleich Bescheid, weil sie es schon kennen.“

Für Unmut gesorgt hat das vergangene Wochenende auch bei Gabriele Bley. „Was da passiert, ist nur noch Willkür, wir brauchen aber Verlässlic­hkeit.“Sie macht ihren „Biergarten zum Saliter“deshalb voraussich­tlich erst zu Pfingsten auf. „Wir können uns es einfach nicht leisten, jetzt die ganzen Lebensmitt­el einzukaufe­n, um dann vielleicht nach ein paar Tagen bei einer Inzidenz von über 100 wieder schließen zu müssen“, sagt sie. Und so sei der Donnerstag vermutlich der einzige Vatertag überhaupt, an dem die Traditions­wirtschaft an der Donau geschlosse­n hat.

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Fotos: Michael Kienastl Seit Dienstag dürfen die Gastronome­n im Landkreis Neuburg‰Schrobenha­usen ihre Außenberei­che wieder öffnen. Das Café Zeitlos am Schrannenp­latz war unter den ersten und bereits am Vormittag zog es die ersten Gäste an.
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Auch vor dem Restaurant Central waren am Dienstagvo­rmittag schon einige Tische besetzt.
 ??  ?? Tom Schatzmann freut sich, dass die Außengastr­onomie wieder geöffnet hat. Für ihn bedeutet das ein Stück Freiheit.
Tom Schatzmann freut sich, dass die Außengastr­onomie wieder geöffnet hat. Für ihn bedeutet das ein Stück Freiheit.

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