„Wir wollen diesen braunen Mist nicht haben“
Nach einem Vorfall im Derby gegen den SV Wagenhofen steht der SC Rohrenfels in der Kritik. Fans hatten während des Spiels eine Reichskriegsflagge geschwenkt. Nun zieht der Vorstand Konsequenzen
Der SC Rohrenfels zieht nach dem Spiel, bei dem eine Reichskriegsflagge geschwenkt wurde, nun Konsequenzen.
Rohrenfels Mit so einer krassen Reaktion hat beim SC Rohrenfels vermutlich niemand gerechnet. In den sozialen Medien gibt es seit Tagen eine kontroverse Diskussion, die weit über das 1500-EinwohnerDorf hinausgeht. Teilen des Vereins wird Rassismus, Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit vorgeworfen. Hintergrund: Im Derby gegen den SV Wagenhofen am vergangenen Samstag hatten Fans der selbst ernannten „Ultras Rohrenfels“die Reichskriegsfahne geschwenkt. Sie zeigt ein schwarzes Kreuz auf weißem Grund mit einem preußischen Adler in einem weißen Mittelkreis. Das linke obere Viereck besteht aus einem Eisernen Kreuz auf den Farben des deutschen Kaiserreiches.
In Rohrenfels ist man auch eine Woche nach dem Vorfall noch entsetzt. „Diese Leute haben in unserem Verein nichts verloren“, sagt der Erste Vorsitzende Stefan Wiedenhöfer über die Fahnenschwenker. Wenige Tage nach dem Spiel war ein Beamter der Polizeiinspektion Neuburg vor Ort und hat gemeinsam mit Anhängern der „Ultras“und dem Vereinsvorsitzenden über den Vorfall diskutiert. „Eine solche Fahne passt nicht zu einer Sportveranstaltung. Es war eine verstörende Aktion“, sagt der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt, Sebastian Pinta.
Der Beamte vor Ort wollte den Verein, der laut Pinta sehr kooperativ war, für die Problematik sensibilisieren. Es gebe keine Hinweise auf rechtes Gedankengut, viel eher seien die Verantwortlichen schlecht informiert. „Ich muss mir aber bewusst sein, in welchen Zusammenhängen die Fahne verwendet wird“, sagt Pinta. Für Wiedenhöfer war es „einfach eine absolute Dummheit“. Umso mehr stört ihn, dass nun knapp 350 Vereinsmitglieder für das Tun einiger Weniger verantwortlich gemacht werden. Er erzählt von Mitgliedern, die nun aus Angst vor Anfeindungen ihr SC-Trikot nicht mehr in der Öffentlichkeit trügen. Auch die scharf kritisierte Stellungnahme käme nicht vom Verein selbst, sondern von den „Ultras“.
„Wir haben keinen PR-Berater und sind mit der Situation einfach überfordert“, sagt Wiedenhöfer. „Die Schelte gegen die Ultras unterstützen wir, aber nicht gegen den gesamten Verein.“Bürgermeisterin Manuela Heckl wisse nichts von einer rechten Szene in Rohrenfels. „Ich verurteile jegliche rechte Aktion, diese Flagge hat auf einem Fußballplatz nichts verloren“, sagt sie auf Anfrage unserer Redaktion. Sie bedauere, dass die Aktion von Einzelnen nun das Ansehen eines Vereins, der ein Vorbild für die Integration sei, beschädigt hat.
Der Vereinsvorsitzende Wiedenhöfer schätzt die Mitglieder der „Ultras Rohrenfels“auf circa sechs bis sieben Personen ein. Einer von ihnen ist Jens Bansemer. Laut ihm steht die Fahne für Freiheit und Tapferkeit und werde seit zehn Jahren geschwungen. Noch nie habe es Ärger gegeben. „Was jetzt passiert ist nicht okay“, sagt er in Anbetracht der öffentlichen Kritik. Wiedenhöfer, der seit 2018 Vereinsvorsitzender ist, widerspricht:
Er habe die Flagge in dieser Zeit noch nie am Spielfeldrand gesehen. Laut Bansemer habe sie für die Fans keine politische Bedeutung, sondern sei ein Identifikationsmerkmal der Rohrenfelser.
Warum es dafür eine Fahne braucht, die vor über 100 Jahren in Kriegen und später als antidemokratischer Gegensatz zur schwarzrot-goldenen Fahne verwendet wurde, kann Bansemer nicht begründen. Nur: „Sie ist nicht verboten und steht für ein freies Denken.“Er würde die Fahne gerne weiterhin am Spielfeldrand verwenden, doch der Verein hat mittlerweile reagiert: Laut Wiedenhöfer hat der Sportclub sie vernichtet und entsorgt. Außerdem ist ihre Verwendung am Vereinsgelände mittlerweile verboten und Bansemer wurde aus dem Verein ausgeschlossen.
Die Reichskriegsflagge war die offizielle Kriegsflagge der Streitkräfte des Deutschen Reiches ab 1871. Die in Rohrenfels verwendete Version wurde laut bayerischem Verfassungsschutz zwischen 1903 und 1919 genutzt. Bundesweit verboten ist jetzt schon die Version der Nationalsozialisten, die an die Stelle des Adlers ein Hakenkreuz gesetzt haben. Aber auch die in Rohrenfels gezeigte Fahne sollte – ginge es nach Ministerpräsident Markus Söder – verboten werden. „Mit einer solchen Flagge zeigt man seine klare Ablehnung und auch Distanz zu unserer Demokratie“, sagte er im vergangenen Jahr.
Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt der Augsburger Historiker Reinhold Forster die Hintergründe: „Schwarz-Weiß-Rot steht für das Deutsche Kaiserreich von 1871 bis 1918, eine konstitutionelle Monarchie.“Erst die Weimarer Republik übernahm die schwarz-rot-goldene Flagge. Nach der Republikgründung „lehnten Rechtskonservative und rechtsradikale Kräfte SchwarzRot-Gold ab und griffen immer wieder auf die kaiserlichen Farben zurück“, sagt Forster. Andere Historikerinnen und Historiker und die Innenministerinnen und Innenminister von Bund und Ländern sehen in der Fahne schlicht eine in den meisten Zusammenhängen legale Alternative zur Hakenkreuzfahne. Verboten ist sie noch nicht, lediglich in bestimmten Zusammenhängen – beispielsweise in Kombination mit ausländerfeindlichen Parolen oder einem „bedrohlichen Auftreten“– kann ihr Zeigen nach einem Mustererlass der Innenministerkonferenz von der Polizei als Ordnungswidrigkeit behandelt werden. Laut dem bayerischen Verfassungsschutz wurde die Flagge insbesondere in den 1990er Jahren von Rechtsextremen genutzt. Und auch der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt, Sebastian Pinta, teilt auf Anfrage mit: „Die Fahne wird sehr oft in der rechten Szene verwendet.“
In Rohrenfels will es Wiedenhöfer nicht bei den geschilderten Folgen belassen. Er nehme den Vorfall sehr ernst und kündigte weitergehende Konsequenzen an. „Wir wollen diese Symbole und diesen braunen Mist hier nicht haben“, sagt er. »Kommentar