Wenn keiner in die erste Reihe treten will
Immer wieder suchen Vereine händeringend nach einem Ersten Vorsitzenden. Aktuell muss sich Haus und Grund Neuburg-Schrobenhausen nach jemandem umschauen, der Verantwortung übernimmt. Wie geht es nun weiter?
Neuburg Das Problem dürften immer mehr Vereine kennen. Mitglieder lassen sich für verschiedene Aufgaben im Vorstand aufstellen, nur ein Posten wird offenbar zunehmend unbeliebter: der des Ersten Vorsitzenden. Aktuelles Beispiel aus der Region ist Haus und Grund Neuburg-Schrobenhausen. 33 Jahre lang führte Theo Walter die Hausbesitzervereinigung als Erster Vorsitzender. Schon vor Jahren wollte er das Amt niederlegen, und ließ sich doch wieder aufstellen. Nun ist für den 72-Jährigen aber endgültig Schluss. Auf der Jahresversammlung, die vor Kurzem im kleinen Rahmen im Neuburger Kolpinghaus stattfand, stellte er sich nicht mehr zur Wahl. Die Teilnehmer versuchten, sich gegenseitig dazu zu überreden, den Vorsitz zu übernehmen – ohne Erfolg. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht (wir berichteten). Wie geht es nun für den Verein weiter?
„Wir haben überall und verzweifelt nach jemandem gesucht, der die Verantwortung übernehmen möchte“, sagt Walter. Doch aktuell will niemand diese Aufgabe übernehmen. Man habe im vergangenen Jahr einen interessierten Kandidaten an der Hand gehabt, doch dieser sprang nun unerwartet ab, so Walter.
Der Rechtsanwalt aus Bittenbrunn betont, dass ein Verein einen Vorstand sowie einen Vorsitzenden benötigt, um handlungsfähig zu sein. Lässt sich kein Vorsitzender finden, droht im schlimmsten Fall die Auflösung des Vereins mit mehr als 1000 Mitgliedern. Es wäre das Ende der traditionsreichen Vereinigung, die laut Walter seit 75 Jahren besteht. Doch so weit soll es nicht kommen. „Wir lassen den Verein nicht kaputtgehen“, gibt sich Walter kämpferisch.
Der neu gewählte Zweite Vorsitzende Rainer Bierwagen, Geschäftsführer der städtischen GeWo, hat die Übernahme der Führungsaufgabe aus familiären Gründen abgelehnt, wie er sagt. Er will die Suche nach geeigneten Kandidaten nun forcieren. „Ich mache mir Gedanken und habe schon erste Gespräche geführt.“Bisher habe jedoch niemand konkretes Interesse auf die Anfrage gezeigt. Bierwagen bleibt optimistisch. „Irgendjemand wird sich breitschlagen lassen“, hofft er. Der mögliche neue Vorsitzende sei schließlich kein Einzelkämpfer, sondern arbeite im Team mit ihm als Stellvertreter. Bierwagen will noch in diesem Jahr eine Versammlung einberufen, auf der ein neuer Mann oder eine neue Frau an der Spitze präsentiert werden soll.
Können sich die Beteiligten erklären, warum niemand den Verein führen möchte? „Es liegt wohl an der Zeit“, sagt Theo Walter. Immer weniger seien bereit, Verantwortung zu übernehmen, so sein Eindruck. Gleiches Problem sieht Rainer Bierwagen. Er vermutet, dass mögliche Haftungsfragen Ehrenamtliche abschrecken. Ein Phänomen, das nicht nur bei Haus und Grund, sondern allgemein im Vereinswesen zu beobachten sei. „Keiner will mehr in die erste Reihe treten.“