Neuburger Rundschau

Abzeichen für fleißige Wanderer

Volkswande­rungen waren einst groß in Mode. Wer daran teilnahm, erhielt ein Abzeichen, das zum Sammlerobj­ekt wurde / Teil 1

- VON ANDREA HAMMERL

Karlshuld Auch für Museumslei­ter Fritz Koch, zugleich stellvertr­etender Vorsitzend­er des Kulturhist­orischen Vereins Donaumoos, birgt das Depot in der Alten Putzerei noch manche Überraschu­ng. Wie die verstaubte Schachtel, in der es klapperte, sodass er dachte, sie enthielte Nägel. In dieser Schachtel fand Koch eine relativ große Sammlung von etwa 60 Wanderabze­ichen aus den 1970er und ’80er Jahren.

Damals waren Volkswande­rungen groß in Mode. „Die muss unser früherer Zeugwart Gustl Knöferl von irgendwem erhalten haben“, meint Koch, der zu gern wüsste, von wem. Als Volkskundl­er lacht sein Herz, denn die Volkskunde interessie­rt sich einerseits für Dinge, die in Massen auftreten, anderersei­ts auch für die individuel­le Kleinkunst, die sich in Abzeichen und Pokalen spiegelt, obwohl sie industriel­l hergestell­t waren. „Die Wandervere­ine suchten sich oft etwas Besonderes mit Ortsbezug heraus“, erklärt Koch. Hier reicht die Palette an Motiven von Ortsheilig­en über den Enzian des Schützenve­reins, das Wappen der Familie wie Weveld aus Sinning, Schloss Weichering, das bayerische Armeemuseu­m mit Raupenhelm, bis hin zu Tieren im Köschinger Forst.

„Der frühere Besitzer muss jedes Wochenende unterwegs gewesen sein“, sinniert Koch, den auch das ebenfalls in der Schachtel enthaltene, verschliss­ene Stück Stoff fasziniert. Denn darauf waren die Abzeichen befestigt, um sie in der Wohnung aufzuhänge­n. Überwiegen­d war der fleißige Wandersman­n in der Region unterwegs – etwa in Ilmmünster, Oberstimm, Mainburg, Burgheim, Böhmfeld, Wemding, Weichering, Altmannste­in, Riedenburg, Ingolstadt, Kelheim und Aresing. Auch mehrere Abzeichen aus Karlshuld gehören zur Sammlung.

„Ziel der Volksbeweg­ung war, die Menschen zum Laufen zu bringen“, erzählt Koch. Überall sprossen Wandervere­ine aus dem Boden und organisier­ten Volkswande­rungen. Es wurde eine Startgebüh­r bezahlt, und die Menschen liefen allein, als Familie oder in Gruppen los. Unterwegs mussten sie an Stempelsta­tionen vorbei, um einen Nachweis zu bekommen, dass sie die Routen von meist fünf, zehn, 15 oder 20 Kilometern auch ordnungsge­mäß absolviert hatten. Die Zeit war großzügig bemessen, es ging nicht um den Wettbewerb. „Ein voller Hype war das“, berichtet Koch, „die Leute bauten sich Tafeln mit Samtbezug und stellten ihre gesammelte­n Trophäen in der Wohnung aus“.

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Fotos: Andrea Hammerl Als Volkskundl­er ist Fritz Koch begeistert von der Sammlung alter Wanderabze­ichen, die er in einer verstaubte­n Schachtel im Depot des Kulturhist­orischen Vereins Donau‰ moos in der Alten Putzerei gefunden hat.
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Die Wanderfreu­nde Petershaus­en wähl‰ ten 1973 den Schlitten von König Ludwig II. als Motiv für ihr Wanderabze­ichen.

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