Abzeichen für fleißige Wanderer
Volkswanderungen waren einst groß in Mode. Wer daran teilnahm, erhielt ein Abzeichen, das zum Sammlerobjekt wurde / Teil 1
Karlshuld Auch für Museumsleiter Fritz Koch, zugleich stellvertretender Vorsitzender des Kulturhistorischen Vereins Donaumoos, birgt das Depot in der Alten Putzerei noch manche Überraschung. Wie die verstaubte Schachtel, in der es klapperte, sodass er dachte, sie enthielte Nägel. In dieser Schachtel fand Koch eine relativ große Sammlung von etwa 60 Wanderabzeichen aus den 1970er und ’80er Jahren.
Damals waren Volkswanderungen groß in Mode. „Die muss unser früherer Zeugwart Gustl Knöferl von irgendwem erhalten haben“, meint Koch, der zu gern wüsste, von wem. Als Volkskundler lacht sein Herz, denn die Volkskunde interessiert sich einerseits für Dinge, die in Massen auftreten, andererseits auch für die individuelle Kleinkunst, die sich in Abzeichen und Pokalen spiegelt, obwohl sie industriell hergestellt waren. „Die Wandervereine suchten sich oft etwas Besonderes mit Ortsbezug heraus“, erklärt Koch. Hier reicht die Palette an Motiven von Ortsheiligen über den Enzian des Schützenvereins, das Wappen der Familie wie Weveld aus Sinning, Schloss Weichering, das bayerische Armeemuseum mit Raupenhelm, bis hin zu Tieren im Köschinger Forst.
„Der frühere Besitzer muss jedes Wochenende unterwegs gewesen sein“, sinniert Koch, den auch das ebenfalls in der Schachtel enthaltene, verschlissene Stück Stoff fasziniert. Denn darauf waren die Abzeichen befestigt, um sie in der Wohnung aufzuhängen. Überwiegend war der fleißige Wandersmann in der Region unterwegs – etwa in Ilmmünster, Oberstimm, Mainburg, Burgheim, Böhmfeld, Wemding, Weichering, Altmannstein, Riedenburg, Ingolstadt, Kelheim und Aresing. Auch mehrere Abzeichen aus Karlshuld gehören zur Sammlung.
„Ziel der Volksbewegung war, die Menschen zum Laufen zu bringen“, erzählt Koch. Überall sprossen Wandervereine aus dem Boden und organisierten Volkswanderungen. Es wurde eine Startgebühr bezahlt, und die Menschen liefen allein, als Familie oder in Gruppen los. Unterwegs mussten sie an Stempelstationen vorbei, um einen Nachweis zu bekommen, dass sie die Routen von meist fünf, zehn, 15 oder 20 Kilometern auch ordnungsgemäß absolviert hatten. Die Zeit war großzügig bemessen, es ging nicht um den Wettbewerb. „Ein voller Hype war das“, berichtet Koch, „die Leute bauten sich Tafeln mit Samtbezug und stellten ihre gesammelten Trophäen in der Wohnung aus“.