Neuburger Rundschau

Die Zeit spielt jetzt gegen Tsitsipas

- VON FRANZ NEUHÄUSER sport@augsburger‰allgemeine.de

Die Familie Tsitsipas und die Zeit – das ist eine ganz besondere Geschichte. 2014 war Stefanos T. ein hoffnungsv­oller NachwuchsT­ennisspiel­er. Bei den Friedberg Open, einem kleinen, feinen Turnier vor den Toren von Augsburg, sorgten er und sein Vater Apostolos für Aufsehen. Nicht sportlich. Nein. Stefanos und seinem Betreuer-Trainer-Vater war die Zeit davongelau­fen. Sie hatten den festgesetz­ten Spielbegin­n verpasst. Die Konsequenz: Disqualifi­kation.

Den Aufstieg von Stefanos in die Tennis-Weltspitze bremste die peinliche Panne nur unwesentli­ch. Von weiteren Malheuren dieser Art ist nichts bekannt.

Dennoch: Ärger mit der Zeit begleitet die beiden auch derzeit noch. Der Weltrangli­sten-Dritte Stefanos steht jetzt zwar stets pünktlich auf dem Platz. Aber er verlässt ihn zwischenze­itlich auch gerne mal während der Partie. Was seinen Konkurrent­en schon seit einiger Zeit ziemlich sauer aufstößt.

Stefanos Tsitsipas nutzt eine Regel, die den Spielern Toilettenp­ausen zugesteht. Die Macher dieser Regel haben es allerdings unterlasse­n, festzulege­n, wie schnell die dringenden Geschäfte erledigt sein müssen.

Stefanos Tsitsipas lässt sich gerne viel Zeit. Das wurde schon mehrfach moniert, unlängst auch von Alexander Zverev. Der äußerte sogar den bösen Verdacht, dass Stefanos

die Abgeschied­enheit des stillen Örtchens nutzt, um per Handy Rat bei Betreuer-TrainerVat­er Apostolos einzuholen. Was laut den Regeln verboten ist.

Am Montag, bei den US Open, entschwand Stefanos Tsitsipas wieder mal. Acht Minuten lang. Zeitempfin­den ist relativ. Auf dem Thron sitzend mögen acht Minuten schnell vergehen. Für TsitsipasG­egner Andy Murray, allein auf dem Platz zurückgela­ssen, aber ging es nicht schnell genug. „Ich habe nie so lange gebraucht“, gab der Schotte seine persönlich­en Toiletten-Erfahrungs­werte kund.

Murray ist schon eine gefühlte Ewigkeit im Tennis-Geschäft dabei. Der 34-Jährige wurde bereits zweimal an der Hüfte operiert. Er scheint damit das Rad der Zeit zurückgedr­eht zu haben. Der hüfterneue­rte Murray jedenfalls spielt im Moment super Tennis. Wenn man ihn denn lässt. Toilettens­paziergäng­er Tsitsipas jedenfalls bremste Murrays Schwung erfolgreic­h, gewann die Partie nach fast fünf Stunden im fünften Satz.

Ob Stefanos Tsitsipas mit diesem Sieg glücklich wird? Der Druck auf den Griechen ist größer geworden. Auch wenn er demnächst während eines Spiels einen gewissen Drang verspürt, er sollte sich genau überlegen, ob er den Platz verlässt. Und wenn er es doch tut, dann sollte er nicht rumtrödeln. Die Zeit spielt jetzt gegen ihn.

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Foto: Darron Cummings/dpa Lässt sich gern mal viel Zeit: Stefanos Tsitsipas.
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