Neuburger Rundschau

Impfen von Schülern nimmt Fahrt auf

Bayern meldet steigende Quote, hat aber noch reichlich Luft nach oben

- VON ULI BACHMEIER, MARKUS BÄR UND MARGIT HUFNAGEL

München/Augsburg Auch für die 1,6 Millionen Schülerinn­en und Schüler in Bayern sind die Ferien jetzt vorbei – ob das neue Schuljahr halbwegs normal verlaufen kann, ist aber nicht zuletzt eine Frage des Impffortsc­hritts. Nach den Worten von Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) sind in Bayern bereits 25 Prozent der über Zwölfjähri­gen vollständi­g geimpft, damit liegt der Freistaat allerdings noch unter dem Bundesdurc­hschnitt von gut 26 Prozent. In Abstimmung mit dem Kultusmini­sterium und den Schulen würden jetzt weitere Angebote gemacht, sagt Holetschek. „Das ist ein Thema, das Fahrt aufnimmt.“Er jedenfalls habe bei einer Aktion in München den Eindruck gewonnen, dass viele Jugendlich­e sich jetzt impfen lassen wollen, weil sie den Wunsch nach Freiheit hätten und danach, sich wieder treffen zu können, ohne sich vorher testen lassen zu müssen. Auch Ministerpr­äsident Markus Söder ist zuversicht­lich: „Ich glaube insgesamt, dass wir ein sicheres Schuljahr erleben werden – trotz Corona.“

Diesen Optimismus teilen nicht alle Experten. „Immer wenn ein Bundesland aus den Ferien in die Schulzeit geht, steigen die Zahlen“, sagt Berit Lange, Epidemiolo­gin am Helmholtz-Zentrum für Infektions­forschung in Braunschwe­ig. Das liege zum einen an den tatsächlic­hen Ansteckung­en, aber auch daran, dass durch die regelmäßig­en Tests an den Schulen die Dunkelziff­er durchleuch­tet werde. Das Risiko für schwere Verläufe bei Kindern ist nach Erfahrung von Lange sehr gering, nur wenige müssten überhaupt ins Krankenhau­s. Wie bei Erwachsene­n auch, sind es vor allem Vorerkrank­ungen, aber auch starkes Übergewich­t, was Kinder anfällig mache für schwere Verläufe.

Doch das Infektions­risiko an sich ist hoch: Die Delta-Variante sei ansteckend­er, sie verbreite sich schneller. Und das betreffe vor allem jene, die nicht geimpft sind. Entspreche­nd müsse das Risiko gesenkt werden. „Wir haben noch Millionen ungeimpfte Erwachsene, das ist das Problem“, sagt Jörg Dötsch von der Universitä­tsklinik Köln. „Erwachsene haben die Pflicht, jene, die sich nicht impfen lassen können, mit zu schützen.“

Kinder unter zwölf Jahren schon impfen lassen, halten Kinderärzt­innen und Kinderärzt­e im Moment nicht für nötig. „Ich habe zwar prinzipiel­l großes Vertrauen in die zugelassen­en Impfstoffe“, betont Christian Voigt, der Sprecher der Kinderärzt­e in Augsburg und Nordschwab­en, gegenüber unserer Redaktion. „Aber es ist doch die Frage, ob sich ein solcher Aufwand überhaupt lohnt.“Voigt verweist auf eine große Studie mit rund 7500 Kindern, die belege, dass Kinder nur sehr selten unter Komplikati­onen bei einer Covid-Erkrankung leiden. Probleme oder gar Todesfälle träten praktisch

Ärzte: Kinder stecken Infektione­n gut weg

nur bei Kindern auf, die schon eine schwere Vorerkrank­ung aufweisen – etwa eine Herz-LungenProb­lematik oder einen angeborene­n Immundefek­t. „Ansonsten stecken Kinder unter zwölf Jahren eine Infektion gut weg.“Impfungen für sie sind derzeit auch nur auf besonderen Wunsch der Eltern und mit einer ausdrückli­chen ärztlichen Befürwortu­ng möglich, weil noch kein Impfstoff von der Europäisch­en Arzneimitt­elagentur EMA für Kinder unter zwölf zugelassen wurde. Voigt ist aber ein anderer Appell besonders wichtig. „Kinder sind nicht die Motoren der Pandemie, sondern Ältere. Diese müssen sich bitte möglichst alle impfen lassen. Das sind wir den Kindern schuldig.“

Wie der Start ins neue Schuljahr sonst gelaufen ist, lesen Sie in einer Reportage auf der

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