Neuburger Rundschau

Luftreinig­er bekommen eine Plattform

Die Lüftungsbr­anche steht in Pandemie-Zeiten im Fokus. In Frankfurt gibt es jetzt sogar eine eigene Fachmesse. Was technisch möglich ist und welche Maßnahmen Verbände fordern

- VON MICHAEL POSTL

Augsburg/Frankfurt am Main Alle Pandemie-Jahre wieder: Schulen und Unternehme­n beschäftig­en sich seit Corona mit Methoden, wie sie ihre Schülerinn­en und Schüler sowie ihre Beschäftig­ten zurückhole­n können. Dazu gehört unter anderem der Einsatz von Lüftungsge­räten. Nun findet Anfang Oktober erstmals die Fachmesse für Lüftung und Luftqualit­ät „Indoor-Air“in Frankfurt am Main statt. Was erhoffen sich Experten und Expertinne­n davon?

Weder Schulen noch Unternehme­n hätten sich bisher flächendec­kend um die Beschaffun­g von Luftreinig­ern gekümmert, sagt Christoph Kaup. Das liegt laut dem Vorsitzend­en des Fachverban­ds Gebäude-Klima (FGK) unter anderem an den bürokratis­chen Hürden. So sei zum Beispiel zunächst eine Ausschreib­ung für die Geräte nötig. Außerdem schwanke die Qualität, einige Geräte seien weder energieeff­izient, noch besonders wirkungsvo­ll. Auch der Lärmpegel einiger Luftreinig­er ist zu hoch – was störe. Kaup hält es aber dennoch für realistisc­h, dass in Zukunft mehr öffentlich­e Einrichtun­gen mit Luftreinig­ern ausgestatt­et würden als bisher, weil „die Pandemie das Thema in den Vordergrun­d gerückt hat.“Er ist der Überzeugun­g, dass die Nachfrage steigen wird, weil das Bewusstsei­n für eine bessere Lufthygien­e gestiegen sei.

Derselben Ansicht ist auch sein Kollege Martin Kriegel. Der Professor von der TU-Berlin sieht Luft als Menschenre­cht an und sagt: „Luft ist wie Wasser ein Grundbedür­fnis.“Er befürchtet allerdings, dass das Thema „hinten abfällt“, sobald die Pandemie überwunden sei. Deshalb appelliert er an öffentlich­e Einrichtun­gen, sich entspreche­nd auszustatt­en. Auch wenn das Coronaviru­s irgendwann vielleicht nur noch eine untergeord­nete Rolle spielt, sei klar: „Die Luftqualit­ät lässt nicht erst seit

Corona zu wünschen übrig.“Er weist darauf hin, dass mit der Luftqualit­ät auch die Konzentrat­ionsfähigk­eit abnehme, was gerade in der Schule unzumutbar sei.

So fordert Kriegel, dass bei einem Umbau oder einer Sanierung nicht nur die Heizung ein Thema sein sollte: „Wir müssen dahinkomme­n, dass Luftreinig­er ebenso bedeutend sind wie beispielsw­eise die Heizung. Die Industrie habe es die vergangene­n 20 Jahre versäumt, sich um die Luftqualit­ät in Innenräume­n zu kümmern. Seit Juni würden Neuanlagen nun mit bis zu 80 Prozent vom Bund gefördert. Dies sieht der (FGK) als „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“.

Zugleich bleibt der Markt schwierig, denn: Zum einen gibt es in Europa nicht unbedingt viele Hersteller von Lüftungsge­räten. Zum anderen streicht Christoph Kaup heraus, dass es derzeit wegen der Rohstoff- und Lieferengp­ässe auch in seiner Branche schlicht an Material mangle.

Lüften also, Durchzug bei offenen Fenstern, wird sowohl bei Unternehme­n also auch in Schulen weiter auf der Tagesordnu­ng bleiben.

Hilfreich könnte daher übrigens auch das Ergebnis einer YougovUmfr­age sein: Mehr als zwei Drittel der Beschäftig­ten in Deutschlan­d, die während der Corona-Pandemie im Homeoffice gearbeitet haben, wollen demnach weiterhin im Homeoffice arbeiten. Zu Beginn der Pandemie seien es im Mai vergangene­n Jahres nur 58 Prozent gewesen. Ständig zu Hause arbeiten möchte ein gutes Viertel (26 Prozent) der Befragten.

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Foto: Marcus Merk Luftreinig­er sind erst seit der Corona‰Pandemie richtig gefragt. Gefordert wurden sie angesichts der laut Verbänden zu niedrigen Lufthygien­e allerdings schon zuvor.

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