Sieg für Sekte
Kein Ermittlungsverfahren gegen OCG wegen „Freundes- und Feindeslisten“
München Fachleute beobachten die Sekte „Organische Christus-Generation“(OCG) des Schweizers Ivo Sasek seit Jahren mit zunehmender Sorge. Sie verbreite über das Internetportal kla.tv antisemitische Verschwörungsmythen und habe sich mit der Pandemie radikalisiert. Als vermeintlich „erleuchtete Elite“wolle sie den Menschen die Augen öffnen und auf das „Böse“– Politiker wie „Mainstreammedien“– aufmerksam machen. Eines der aktuell meistgeklickten Videos heißt: „Coronapolitik: Psychologische Kriegsführung – bitte nicht einknicken!“
Im vergangenen Jahr war publik geworden, dass Sektenmitglieder tausende Daten, darunter die von Spitzenpolitikerinnen wie Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), zusammengetragen haben sollen. „Freundes- und Feindeslisten“? Aufgrund der öffentlichen Berichterstattung wurde im März 2020 durch die Generalstaatsanwaltschaft München von Amts wegen ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet, im Mai 2020 kam ein anonymer Hinweis hinzu. Laut Generalstaatsanwaltschaft wurde geprüft, ob die Straftatbestände der Volksverhetzung, der Bedrohung und der Aufforderung zu Straftaten vorliegen.
Wie erst jetzt auf Anfrage unserer Redaktion bekannt wurde, ist dieses Verfahren eingestellt worden: „Im Ergebnis haben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein verfolgbares strafbares Verhalten ergeben, entsprechend musste Anfang Januar 2021 von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen werden.“Man habe zahlreiche Zeugen – darunter Aussteiger – vernommen, Äußerungen Saseks sowie die Veröffentlichungen auf kla.tv ausgewertet und über den Rechtshilfeweg Erkenntnisse der Schweizer Behörden einbezogen.
Fabian Mehring, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler (FW), sagte ebenfalls als Zeuge aus. Sein Heimatort Meitingen ist wenige Kilometer von Mertingen (Kreis Donau-Ries) entfernt, wo sich Mitglieder einer nach eigenen Angaben „freikirchlichen“Gemeinde zur OCG zählen. Die Aktivitäten der Sekte treiben den FW-Politiker nach wie vor um. „Wenn wir politische Geschäftemacher, deren Geschäftsmodell auf Fake News gründet, ungehindert ihr Gift versprühen lassen, statt ihnen das Handwerk zu legen, wird die Gesellschaft gespalten“, sagte er. „Ich bin froh, dass unsere Sicherheitsbehörden Sasek und seine OCG nun auf dem Schirm haben und in Zukunft sehr genau hinschauen werden.“
Die Beurteilung einer etwaig bestehenden Gefahrenlage und die Prüfung von „Präventivmaßnahmen“obliege, so die Generalstaatsanwaltschaft, allein den Sicherheitsbehörden. Dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz seien die OCG und ihre Agitationsformen bekannt, erklärte es hierzu.