Neuburger Rundschau

„Das ist unser Tagesgesch­äft“

Derzeit vermeldet die Neuburger Polizei kuriose Fälle, in denen aus Nichtigkei­ten schwerwieg­ende Konflikte entstehen. Ist die Zündschnur der Menschen kürzer geworden, womöglich wegen der Pandemie? Die Polizei klärt auf

- VON ANDREAS SCHOPF

Neuburg Es ging offenbar um einen bellenden Hund. Das Tier löste einen Streit aus, wie er unter Nachbarn schon mal vorkommen kann. Doch das, was am Freitagabe­nd in der Adalbert-Stifter-Straße in Neuburg passierte, hat mit einer normalen Meinungsve­rschiedenh­eit nichts mehr zu tun. Ein 34-Jähriger bedrohte im Verlauf des Streits, der sich immer mehr zuspitzte, seine Nachbarn mit dem Tod. Um seiner Äußerung Nachdruck zu verleihen, nahm er erst eine Kettensäge, dann eine Axt zur Hand. Auch ein Vorfall am Montagaben­d lässt Außenstehe­nde halb verwundert, halb belustigt zurück. Zwei Männer, 23 und 51 Jahre alt, gerieten in der Berliner Straße in Neuburg aneinander, erst verbal, dann körperlich. Beide mussten mit leichten Verletzung­en zur ambulanten Versorgung ins Krankenhau­s. Auslöser des Streits war laut Polizei offenbar eine Pizza (siehe Meldung rechts). Die kuriosen Vorfälle führen zu der Frage: Ist die Zündschnur der Menschen kürzer geworden, nach anstrengen­den Monaten der Corona-Pandemie? Die Neuburger Polizei klärt auf.

Polizeihau­ptkommissa­r Sebastian Dorsch stellt angesichts der aktuellen Ereignisse klar: „Das ist unser Tagesgesch­äft.“Eine gesellscha­ftliche Entwicklun­g, dass die Menschen aufgrund der schwierige­n Umstände dünnhäutig­er geworden sind, könne man seiner Meinung nach nicht daraus ableiten. Vielmehr handele es sich um ein „Grundrausc­hen“, mit dem Polizisten tagtäglich konfrontie­rt seien. An den Einsätzen habe sich, in Vergleich

zu Vor-Corona-Zeiten, weder qualitativ noch quantitati­v etwas verändert, so Dorsch. Eine Veränderun­g im Alltag der Beamten sieht er dennoch durch die Pandemie. „Die Leute sind gegenüber der Polizei ein bisschen kritischer“, berichtet Dorsch. Wer kein Verständni­s für die Corona-Beschränku­ngen aufbringt, lässt seinen Frust an Polizisten heraus – die stehen stellvertr­etend für den Staat.

Dorsch bestätigt jedoch, dass die Neuburger Polizei aktuell bemüht sei, über mehr Einsätze in ihrem Presseberi­cht zu schreiben. Es gehe darum, den Menschen die ganze Bandbreite des Polizeiall­tags näherzubri­ngen, sagt Dorsch. Heißt: Die Beamten haben es aktuell nicht mit mehr kuriosen Einsätzen zu tun, sie bringen nur mehr davon an die Öffentlich­keit. Dieses Bestreben hat einen konkreten Hintergrun­d. Vor einigen Wochen haben in Karlshuld drei junge Männer auf einen Jungen eingeschla­gen. Ein Mann ging dazwischen und wurde daraufhin selbst angegriffe­n (wir berichtete­n). Die Polizei hatte den Vorfall damals nicht öffentlich gemacht. Eine Entscheidu­ng, die den Beamten einige Kritik aus der Bevölkerun­g einbrachte. Dorsch verteidigt das Vorgehen. „Wir wollten keinen Brennpunkt schüren, den wir nicht sehen“, sagt er. Natürlich verdiene ein solcher Vorfall Aufmerksam­keit, doch man wolle Jugendgrup­pen, die regelmäßig durch Konflikte auffallen, „keine Nahrung“durch Öffentlich­keit geben. Um zu bekräftige­n, dass man bezüglich der Informatio­n der Bürger sensibilis­iert sei, will die Polizei nun mehr aus ihrer täglichen Arbeit berichten.

Daran, vom Vorfall von Samstagnac­ht zu berichten, bestand bei der Polizei kein Zweifel. Die Nachricht, dass offenbar ein Mann mit Waffe in der Neuburger Innenstadt unterwegs war, verbreitet­e sich durch Soziale Medien und Chatgruppe­n bereits nachts in Windeseile. Zum Teil verschanzt­en sich manche Gäste vorübergeh­end in ihrer Bar, um in Sicherheit zu bleiben – bis die Polizei vor Ort war. Die Beamten schnappten schließlic­h einen 18-jährigen Neuburger, der mit einer SoftairWaf­fe hantiert hatte.

Symbolfoto: Ralf Lienert

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