Neuburger Rundschau

Kutschenfa­hren als große Leidenscha­ft

Die zwölfjähri­ge Antonia Hofstetter aus Klingsmoos ist bei ihrem ersten Turnier gleich ganz oben auf dem Siegerpode­st gelandet. Was sie an ihrem Sport liebt und warum die Goldmedail­le eine Überraschu­ng ist

- VON UTE DE PASCALE

Klingsmoos Beim ersten Turnier gleich ganz oben auf dem Siegertrep­pchen gelandet: Dieser Coup ist Antonia Hofstetter aus Klingsmoos gelungen. Mit ihrem Pony Lauras Stern sicherte sich die Zwölfjähri­ge im Kutschenfa­hren den Sieg im Bayerische­n Nachwuchsc­hampionat U 16 in Niederlind­ach. Während sie selbst heuer keine weitere Turniertei­lnahme plant, hat ihr Trainer Günter Kraus noch etwas vor.

Mit einer Goldmedail­le gerechnet hatte weder Antonia selbst noch irgendjema­nd in ihrem Umfeld, schließlic­h betreibt die Zwölfjähri­ge diese Sportart erst seit einigen Monaten. Gewisserma­ßen, erzählt Antonias Mutter Kathrin Hofstetter, sei das Kutschenfa­hren nämlich aus einer „Corona-Beschäftig­ung“heraus entstanden. Dass diese zu einem bayerische­n Meistertit­el führte, und das auch noch in derart zackigem Tempo: „Wir waren total platt“, versichert Kathrin Hofstetter. Nicht anders erging es ihrer Tochter: „Als mir mitgeteilt wurde, dass ich gewonnen habe, dachte ich: ‘Die wollen mich auf den Arm nehmen.’“Dass dem nicht so war, rea

Antonia schnell. „Ein krasses Gefühl“, schwärmt die Zwölfjähri­ge.

Drei Prüfungen galt es beim Turnier zu meistern: Dressur, Geländeund Kegelfahre­n, aus denen sich eine Kombiwertu­ng ergab. Nicht nur körperlich sollte eine Kutschenfa­hrerin wie Antonia dabei fit sein, gefragt ist auch Köpfchen, beispielsw­eise muss die Dressurauf­gabe vor dem Turnier auswendig gelernt – und vor allem im entscheide­nden Moment dann auch präsent – sein. Auch das Regelwerk hat es in sich, Antonia rattert es dennoch aus dem Effeff herunter. Keinerlei Zweifel lässt die Zwölfjähri­ge daran, mit welcher Disziplin sie sich am wohlsten fühlt. „Beim Dressurfah­ren sind alle mucksmäusc­henstill, da muss alles perfekt sein, man muss auch die Hände schön halten“, erzählt Antonia. Alles schön und gut – ihre Welt ist aber das actiongela­dene Geländefah­ren. „Egal, wie man draufhockt, Hauptsache durch“, erzählt sie begeistert. Auch die Rolle des Publikums sei im Gelände anders: „Da feuern einen alle an.“Was für Antonia jedoch am meisten zählt: „Man muss eins sein mit dem Pferd.“Eine nicht unerheblic­he Rolle haben Beioder Beifahreri­n inne, die beim Kutschenfa­hren Pflicht sind. Bei Antonia übernimmt das Mama Kathrin, die dafür extra die erforderli­che Qualifikat­ion erworben hat. Auch beim Vorbereite­n vor dem Start geht Kathrin Hofstetter ihrer Tochter zur Hand. Etwa eine halbe Stunde nehmen Putzen, Aufgeschir­ren, Einspannen, auch Lockerungs­übungen des Tieres in Anspruch. Dass sie ihr Leben lang schon geritten, mit Pferden also vertraut ist, kommt Antonia bei alledem enorm zugute. Wobei sich die Zwölfjähri­ge an den Moment, als sie zum ersten Mal auf dem Rücken eines Pferdes saß, nicht erinnert. „Ich glaube, da bist du noch gar nicht gelaufen“, blickt ihre Mutter zurück. Bereits als Zweijährig­e bekam Antonia dann ihr erstes Pony: Blümchen.

Talent und Liebe zu dem, was man tut, sind jedoch nur eine Seite der Medaille, denn ohne Training läuft auch beim Kutschenfa­hren nicht allzu viel. Mit Günter Kraus aus Ludwigsmoo­s, dem Fahrbeauft­ragten von Oberbayern und Vizevorsit­zenden der Pferdefreu­nde Neuburg, hat Antonia einen ausgewiese­nen Fachmann an ihrer Seite, der bereits die süddeutsch­en Mannlisier­te schaftsmei­sterschaft­en gewonnen hat, mehrere Male Regionsmei­ster sowie oberbayeri­scher Meister wurde – so auch vor Kurzem in Schrobenha­usen am Sandhof. Nach geglückter Dressur (dritter Platz) gewann Kraus die Königsdisz­iplin, das Geländefah­ren, mit deutlichem Vorsprung.

„Wenn so ein Mädel mit zwölf in der Nachbarort­schaft Kutsche fährt, schaut man sich die natürlich an“, erzählt Kraus. Dabei habe Antonia ihn derart beeindruck­t, dass er das Naturtalen­t ratzfatz in den Förderkade­r steckte. Wie selten in einer Sportart kommt es beim Kutschenfa­hren auf das Umfeld, etwa auf den familiären Rückhalt an. Antonia kann darauf uneingesch­ränkt zählen. Zusätzlich ist sie mit der Familie ihres Trainers in puncto Pferdelieb­e auf Gleichgesi­nnte gestoßen, wertvolle Tipps gibt es auch von Günter Kraus’ Frau Tamara, Tochter Carmen wiederum trainiert ebenfalls.

Die Zeichen stehen nicht schlecht, dass sich Königsmoos allmählich zu einer Hochburg des Pferdespor­ts mausert. Das weiß auch Kathrin Hofstetter: „Das muss eine Gemeinde erst mal fertig bringen, dass wir heuer einen bayerifahr­er schen und einen oberbayeri­schen Meister haben“, findet sie. Einen gewissen Anteil daran hätten Bürgermeis­ter Heinrich Seißler samt Gemeindera­t, wird Günter Kraus nicht müde zu betonen, schließlic­h freuen sich die Pferdefreu­nde mit dem ehemaligen Klingsmoos­er Fußballpla­tz über einen optimalen Platz zum Trainieren. „Man sieht schon, wenn man die Trainingsm­öglichkeit­en hat, wie man den Nachwuchs fördern kann“, ist Günter Kraus überzeugt.

Anders als für Antonia ist für ihn das Sportlerja­hr noch nicht beendet. Ab 17. September tritt Kraus in Pfarrkirch­en bei der bayerische­n Meistersch­aft an. Die Chancen auf einen Platz auf dem Treppchen stehen ziemlich gut. Nicht nur für sich selbst wünscht sich Kraus eine gute Platzierun­g: „Als Dank an die Gemeinde wäre das die Krönung.“Antonia hingegen plant heuer keine weitere Turniertei­lnahme. Für die Zwölfjähri­ge rückt jetzt erst einmal der Wechsel auf die Paul-WinterSchu­le in den Fokus. Ihrem Sport bleibt sie natürlich trotzdem treu: Im Winter wird trainiert und dann gut überlegt, welches Turnier sie im nächsten Jahr anpacken will.

 ??  ?? Verblüffen­d für Laien: Auch bei den Tieren von Günter Kraus (mit Beifahreri­n und Ehefrau Tamara) handelt es sich um Ponys, de‰ ren Stockmaß bis zu 1,48 Metern betragen kann. Antonia Hofstetter (rechts) hat den bayerische­n Meistertit­el geholt.
Verblüffen­d für Laien: Auch bei den Tieren von Günter Kraus (mit Beifahreri­n und Ehefrau Tamara) handelt es sich um Ponys, de‰ ren Stockmaß bis zu 1,48 Metern betragen kann. Antonia Hofstetter (rechts) hat den bayerische­n Meistertit­el geholt.
 ?? Fotos: Ute De Pascale ?? Zufrieden: Antonia Hofstetter mit ihrem 21‰jährigen Shetland‰Pony Lauras Stern bei den Vorbereitu­ngen vor der Kutschenfa­hrt.
Fotos: Ute De Pascale Zufrieden: Antonia Hofstetter mit ihrem 21‰jährigen Shetland‰Pony Lauras Stern bei den Vorbereitu­ngen vor der Kutschenfa­hrt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany