Ermittlungen gegen stern TV
Im Schrobenhausener Heilpraktiker-Prozess hat die Staatsanwaltschaft die Reporterin und ihren Kameramann im Visier. Was sich sonst im Verfahren getan hat
Schrobenhausen Im Prozess gegen eine Schrobenhausener Heilpraktikerin und einen Ingolstädter Unternehmer vor dem Landgericht Ingolstadt sollen am Mittwoch kommender Woche die Videos im Gerichtssaal abgespielt werden, die stern TV mit versteckter Kamera in der Praxis der Heilpraktikerin aufgenommen hat. Das war aber nicht die einzige interessante Mitteilung bei der Verhandlung am Mittwoch.
Den Angeklagten wird in erster Linie gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen, weil sie das laut Anklage wirkungslose Präparat BG-Mun als Heilmittel gegen Krebs und andere schwere Krankheiten verkauft haben sollen. Daneben müssen sich beide aber auch wegen Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz verantworten. Dazu sollten am Mittwoch zwei Gutachter vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Auskunft geben. Doch schon der erste war nicht gut vorbereitet.
Vier Wochen lang habe man sich eingehend mit BG-Mun befasst, betonte der Sachverständige. Vor allem Zucker, Wasser, Aminosäuren und Proteine habe man in BG-Mun gefunden. Insgesamt seien neun Proben vom Landesamt untersucht worden: Fünf habe ihnen die Polizei zugeleitet und vier die Regierung von Oberbayern, die diese wiederum von der stern-TV-Reporterin, die die heimlichen Aufnahmen gemacht hat, erhalten habe. Die Proben hätten „keine signifikanten Unterschiede“aufgewiesen, berichtete der Gutachter.
Zur eigentlichen Frage, ob BGMun als genehmigungspflichtiges Arzneimittel einzustufen sei, kam man dann nicht mehr. Die Verteidiger warfen dem Beamten nämlich methodische und vor allem formelle Fehler vor, weil er in seinem Gutachten auf Anlagen Bezug genommen, diese aber nicht beigefügt hat. „Es kann nicht meine Aufgabe sein, mir die Anlagen zusammen zu suchen“, sagte Verteidiger Stefan Roeder sichtlich verärgert. Die Sachverständigen sind nun für Mitte November abermals geladen.
Vor den Sachverständigen hatte eine Vertreterin der Regierung von
Oberbayern ausgesagt, sie habe die Proben von der stern-TV-Reporterin angenommen und unverändert an das Landesamt weitergeleitet. Ihre Behörde selbst habe keine weiteren Maßnahmen ergriffen, „weil die Kripo ermittelt hat“, sagte die 64-jährige Apothekerin. Dieser Punkt wurde nicht weiter erörtert, ist aber deshalb interessant, weil die
Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde des Landratsamts in die Entscheidung eingebunden gewesen sein müsste, ob Renate G. weiter praktizieren darf. Und dann verwies die Apothekerin noch auf ein Strafverfahren gegen den angeklagten Unternehmer aus dem Jahr 2016, in dem dieser wohl einen Strafbefehl erhalten und akzeptiert hat. Auch damals ging es offenbar um BGMun. Offen blieb allerdings, ob das damalige Präparat mit dem heutigen identisch ist. Im weiteren Verlauf des Prozesses wird dies sicher noch vertieft beleuchtet.
Genau wissen wollten die Verteidiger der Heilpraktikerin, welche Rolle die stern-TV-Reporterin bei der Untersuchung der BG-MunProben gespielt hat. Einer der drei Verteidiger bezeichnete sie sogar als die „heimliche Choreografin“des Prozesses. Ob denn die Staatsanwaltschaft mittlerweile Schritte gegen die Reporterin wegen der heimlich aufgenommenen Videos eingeleitet habe? Am Montag habe er Ermittlungen gegen sie und ihren Kameramann in Gang gesetzt, antwortete Staatsanwalt Christian Reichert.