„Ich war so nervös und habe gezittert“
Der 14-jährige Neuburger Tristan De Klerk startet für die deutsche U-18-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft im Stand-Up-Paddling. Wie ein Ausrutscher kurz vor dem Start zu seinem Markenzeichen wird
Neuburg/Ungarn Tristan De Klerks Startnummer wird aufgerufen. Seine Beine zittern wie verrückt, als er mit seinem Brett zur Startposition geht. Auf riesigen Leinwänden nahe der Zuschauerränge sieht er seinen eigenen Namen in großen Buchstaben geschrieben. Vor Ort und über einen Livestream blicken tausende Zuschauer auf den 14-jährigen Neuburger, der in weniger als zwei Minuten zur Weltmeisterschaft im Stand-Up-Paddling antreten wird.
Am vergangenen Wochenende wurden im ungarischen Balatonfüred die World Championships im Stand-Up-Paddling ausgetragen. Stehpaddeln ist eine Wassersportart, bei der ein Sportler aufrecht auf einem schwimmfähigen Board steht und mit einem Stechpaddel paddelt.
Als einer der jüngsten Teilnehmer hatte sich auch Tristan De Klerk in der Altersgruppe U 18 qualifiziert. Er paddelte für das deutsche Bundesteam in den Disziplinen Sprint, Technical und Long Distance. Die 40 männlichen U-18-Sportler traten im Sprint und Technical in jeweils Achtergruppen gegeneinander an und konnten sich so ins Viertel- und Halbfinale sowie das Finale weiterkämpfen.
Kurz vor dem ersten Startschuss geschah das für Tristan Undenkbare: Er fiel von seinem Brett. „So etwas passiert mir selbst im Training extrem selten, aber ich war einfach so nervös und habe so gezittert“, erinnert er sich an den Moment. Tristan reagierte, wie er es nicht besser hätte machen können: „Ich habe so getan, als wäre es Absicht und es zu meinem Markenzeichen gemacht: Vor jedem Rennen bin ich noch einmal kurz ins Wasser – ab dem zweiten Mal aber geplant“, betont er und lacht.
Sobald bei einem Rennen über die Lautsprecher das „GO!“ertönt, befindet sich Tristan in einem mentalen Tunnel aus Adrenalin und Konzentration. „Ich habe alles ausgeblendet und nicht einmal mehr den Kommentator gehört“, sagt der junge Sportler. Tristan ist einer der jüngsten Starter in diesem Jahr. „Ich trete unter anderem gegen 17-jähri
Jungs an, die schon viel mehr Muskeln haben als ich. Man merkt auch einen Unterschied in der Ausdauer“, gibt der 14-Jährige zu bedenken. Seine Stärke liege dafür beim Technical Race.
Tristans Leidenschaft teilt er mit seiner Mutter Sandy De Klerk. „Weil Tristan immer überall dabei war, kam er schon früh mit den Boards in Berührung“, erzählt seine stolze Mutter. Von ihr bekam er auch sein erstes Brett geschenkt und trainierte 2017 für sein erstes Rennen. Wenn Tristan nicht gerade auf dem Wasser trainiert, spielt er mit der gleichen Leidenschaft Basketball beim TSV Neuburg. Sandy De Klerk begann vor einigen Jahren, im Rahmen des Ingolstädter Triathlons „Spaß-SUP-Rennen“zu organisieren. Da die Rennen gut ankamen, baute sie allmählich ein SUP-Team für Kinder auf. Heute leitet sie zweimal wöchentlich Trainingseinheiten für unterschiedliche Gruppen wie Anfänger, Fortgeschrittene und das Race Team, welches an Wettkämpfen teilnimmt und in dem auch Tristan bis heute mittrainiert. „Zum SUP gibt es keine trainingswissenschaftlichen Lehrbücher oder YouTube-Videos. Wenn überhaupt, dann sind die Infos nur an Erwachge sene gerichtet“, weiß die Neuburgerin. „Wir leisten da ein Stück weit Pionierarbeit.“
De Klerks Arbeit zahlt ich aus. Weil Tristan deutschlandweit Meistertitel eingefahren hatte, wurde er in das Bundesteam aufgenommen. „Wir sind einfach eine Clique und haben ziemlich häufig Kontakt“, verrät Tristan über das Nationalteam der Junioren.
Die deutsche Szene innerhalb der Sportart ist noch recht klein. „Man kennt sich einfach und trifft schnell Leute aus der ganzen Welt. Auf einmal steht da eine Persönlichkeit von Instagram vor dir, die du sonst nur von Bildern kennst“, erinnert sich Sandy De Klerk begeistert. Ähnlich geht es ihrem Sohn. „Ich habe einige Tipps vom Bundestrainer bekommen“, freut sich Tristan. „Er meinte zum Beispiel, dass ich mein Paddel leicht anders einstechen soll.“
Mit seinen Leistungen bei seiner ersten Weltmeisterschaft ist Tristan mehr als zufrieden. In der Disziplin Technical bestritt Tristan mit 6:15.3 Minuten auf 1000 Metern Platz fünf im Halbfinale. In einer der Finalrunden wurde der Neuburger schließlich disqualifiziert, da mehrere der Konkurrenten an einer Boje vom Brett fielen. Aus Nervosität hatte er nach dem Fall zweimal zu oft gepaddelt als erlaubt, wie er im Nachhinein durch die Ergebnistabellen erfahren musste. Weniger gut lief es in der Long Distance. Dort kämpfte sich der Neuburger in 1:30:00.08 Stunden über eine zehn Kilometer lange Strecke und erreichte damit Platz 30 von 39. Besonders stolz ist er aber über einen ersten Platz im Sprint Junior Men. Er meisterte das Finale C mit 1:10.05 Minuten und sicherte sich in seiner Gruppe somit den ersten Platz. Damit war er auf den 200 Metern ganze sechs Sekunden schneller als noch in der Vorrunde.
Tristan hat die Luft der Weltmeisterschaft geschnuppert und will nun noch mehr trainieren. „Ich weiß jetzt dank dem Trainer genau, wie ich mich noch verbessern kann. Im Winter fokussiere ich mich noch mehr auf die Ausdauer. Und ich freue mich schon auf internationale Trainingscamps wie zum Beispiel in Griechenland oder Fuerte Ventura“, erzählt der Wassersportler begeistert.
Seine Familie wohnt in einem Haus in Neuburg, an das sich direkt ein kleiner See anschließt. „Wann immer ich Lust habe, pumpe ich mein Brett auf und trainiere dort. Ich habe dort sogar meine eigene Boje. Nur für die Ausdauer eignet sich der kleine See nicht so gut“, sagt er und lacht. Noch bevor er seine unvergesslichen Erlebnisse vom Wochenende wirklich verarbeiten kann, steht Tristan schon wieder auf seinem Brett am Haussee und paddelt ein paar Runden.