Warum das Humboldt Forum ein echter Leuchtturm ist
Ob Wiederaufbau, Kreuzsymbolik oder Umgang mit kolonialem Erbe: Die Kontroversen um die Kulturinstitution sind fruchtbar weit über Berlin hinaus
Wenn jetzt die Sammlungen des Berliner Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst öffentlich zugänglich werden, ist damit auch der inhaltliche Schlussstein am Humboldt Forum gesetzt. An Kritik wird es zwar nicht fehlen, das bringen gerade diese beiden Museen mit ihren Objekten aus kolonialer Herkunft erwartbar mit sich. Doch Einsprüche sind dem Humboldt Forum nicht fremd, sie haben dieses kulturelle Großprojekt seit jeher begleitet.
Das war schon bald nach der Wiedervereinigung so, als sich eine heftig geführte Debatte an der Frage entzündete, weshalb denn die neue deutsche Republik im Zentrum ihrer Hauptstadt ein verschwundenes Schloss wiederaufbauen müsse. Und setzte sich fort mit nicht minder lautstark geführten
Diskussionen darüber, was dieses teilrekonstruierte HohenzollernSchloss denn inhaltlich darstellen soll – ein in Kunst, Kultur und Wissenschaft gerahmtes „Fenster zur Welt“, was kann das sein? Schließlich, als das Forum außen und innen schon Kontur anzunehmen begann, flammte die Debatte um das Christenkreuz auf dem Dach des Gebäudes auf: Wirklich geboten für eine Institution, die gerade die Weltzugewandtheit der zunehmend bunter werdenden Republik aufzeigen will?
Allesamt Debatten, die sich am Humboldt Forum entzündeten, jedoch bis in ferne Winkel des Landes hinein wirken. Wiederaufbau von infolge des Krieges untergegangener Bausubstanz – diese Herausforderung gab und gibt es in vielen deutschen Städten. Das Kreuzsymbol an öffentlich exponierter Stelle – wo doch wachsende Teile dieser Öffentlichkeit anderen Religionen als der christlichen angehören. Breit geführte Debatten wie diese fanden im Humboldt Forum ihr prominentestes Exempel.
Das gilt auch für jenen Diskurs, mit der das Humboldt Forum in letzter Zeit ganz besonders in Zusammenhang stand: Die Debatte um die einstige Kolonialmacht Deutschland und die Verantwortung, die daraus erwächst. Eine Debatte, die in den jetzt neu eingerichteten Sammlungen ihren konkreten Gegenstand findet und, Stichwort Rückgaben, von anhaltender Aktualität ist. Auch hier gilt: Durch die an den Berliner Sammlungen entlanggeführten Auseinandersetzungen, wie umzugehen sei mit belastetem Erbe, erhielt das Thema eine Sprengkraft, die sich keineswegs nur auf das Humboldt Forum beschränkte. In ethnologischen Museen in ganz Deutschland fiel der Groschen, dass auf den Erklärtäfelchen keineswegs nur mehr der Hinweis genügte, was hier zu sehen sei, sondern in welcher Weise dieses und jenes Objekt
aus Afrika oder Ozeanien in eine deutsche Sammlung gelangte.
Die Beteiligten am Humboldt Forum, vorneweg die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, machten in Kontroversen zwar nicht selten den Eindruck, auf der Bremse zu stehen. Doch Diskurse verdienten ihren Namen nicht, fände in ihnen nicht auch der Zweifel und die Gegenrede Gehör. Inzwischen sind Initiativen für Rückgaben ebenso erwachsen wie innovative Konzepte, um Herkunftsgesellschaften in die Präsentationen des Humboldt Forums einzubinden – Modelle gewiss auch für andere Häuser.
Mit Eröffnung der neuen Museen ist der Diskurs über den Umgang mit kolonialem Erbe gewiss nicht an sein Ende gelangt. Er wird weitergeführt werden, wird sich – etwa bei Entschädigungen – ausweiten müssen, und das Humboldt Forum wird auch künftig Leuchtturm sein bei diesem komplexen Thema. In Zeiten, in denen die gesellschaftliche Relevanz öffentlich geförderter Kultur vehement eingefordert wird, ist das kein schlechter Ausweis für eine Kulturinstitution.
Auch anderswo in Deutschland fiel der Groschen