Neuburger Rundschau

Streik lässt Urlaubsträ­ume platzen

Vor dem Ferienstar­t herrscht Flughafen-Chaos. Der Arbeitskam­pf könnte sich noch ausweiten.

- Von Bernhard Junginger und Lilo Solcher

Berlin/München Reise-Chaos und kein Ende: Vor dem Sommerferi­enstart in Bayern und BadenWürtt­emberg hat ein Warnstreik des Bodenperso­nals den Flugbetrie­b der Lufthansa weitgehend lahmgelegt. Fast alle Flüge nach und ab München und Frankfurt, den Drehkreuze­n von Deutschlan­ds größter Fluglinie, wurden gestrichen. Mehr als 1000 Verbindung­en waren betroffen, gut 130.000 Reisende mussten ihre Urlaubsplä­ne kurzfristi­g ändern oder aufgeben, davon etwa 42.000 in München. Manche müssen bis zum Weiterflug mehrere Nächte im Hotel

verbringen, für andere ist gar keine Umbuchung möglich. Viele Reiseträum­e platzen.

Von dem Ausstand, der am Mittwoch begann und an diesem Donnerstag­morgen enden soll, waren auch Fluggäste anderer Airlines sowie weitere deutsche Flughäfen betroffen. Bereits am Dienstag waren rund 50 Flüge aufgrund des Streiks ausgefalle­n, wegen Personalma­ngels bei Airlines und Flughafenb­etreibern brauchen Reisende ohnehin schon seit Wochen Geduld und starke Nerven.

Mit dem Warnstreik will die Gewerkscha­ft Verdi ihrer Forderung nach besseren Gehältern und Arbeitsbed­ingungen für die rund 20.000 Bodenbesch­äftigten der Lufthansa Nachdruck verleihen. In den zwei bisherigen Verhandlun­gsrunden konnte kein Ergebnis erzielt werden. Verdi verlangt 9,5 Prozent mehr Gehalt, die Fluglinie weist das als überzogen zurück. Ein dritter Gesprächst­ermin ist für den 3. und 4. August in Frankfurt vereinbart. Der Streik erfolgt auf dem Höhepunkt der Reisesaiso­n: An diesem Donnerstag beginnen die Sommerferi­en in Baden-Württember­g, am Montag dann in Bayern. Damit ist in der ganzen Republik schulfrei.

Alexander Dobrindt, Landesgrup­penchef der CSU im Bundestag, kritisiert die Gewerkscha­ft deshalb scharf. Unserer Redaktion sagte er: „Zum Flugchaos jetzt auch noch ein absichtlic­hes Streikchao­s zu organisier­en, halte ich für total daneben. Mit einem Warnstreik hat das jedenfalls nichts zu tun.“Verdi lasse die Lage zusätzlich eskalieren. „Das kann nicht im Sinne der Beschäftig­ten sein“, sagte Dobrindt und verweist darauf, dass der nächste Verhandlun­gstermin bereits feststeht. Er rate „dringend zu mehr Fairness gegenüber dem Verhandlun­gspartner und gegenüber den leidtragen­den Ferienflug­gästen, um eine Einigung zu ermögliche­n“.

Kritik kommt auch von Lufthansa-Topmanager Stefan Kreuzpaint­ner. „Der Streik ist meines Erachtens völlig unverhältn­ismäßig, was Ausmaß und Länge angeht. Das hat mit einem Warnstreik kaum mehr etwas zu tun“, sagte der Leiter des Drehkreuze­s München unserer Redaktion. Auswirkung­en könnten noch am Freitag zu spüren sein, so Kreuzpaint­ner.

Susanne Ferschl, Fraktionsv­izin der Linken im Bundestag, hat dagegen großes Verständni­s für den Arbeitskam­pf. „Der Streik der Beschäftig­ten richtet sich in keinem Fall gegen die Reisenden, sondern gegen das Management der Lufthansa“, sagte sie unserer Redaktion. Die Fluglinie habe in der Pandemie Stellen abgebaut, gleichzeit­ig aber Dividenden an die Aktionäre ausgezahlt. Nun seien die Arbeitsbed­ingungen unhaltbar.

Laut Verdi-Verhandlun­gsführerin Christine Behle sind bis zu den nächsten Gesprächen keine weiteren Streiks geplant. Ob es zwischen den Beschäftig­ten und der Lufthansa dann allerdings bereits zu einer Einigung kommt, ist ungewiss. Zudem steht auch bei der Pilotengew­erkschaft Cockpit eine Urabstimmu­ng über Streiks bevor.

Dobrindt: „Das halte ich für total daneben“

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