Neuburger Rundschau

Weltraumüb­erwachung für die Ernte

Eine Tochterfir­ma der Baywa erstellt mithilfe von Satelliten­bildern Prognosen für den Weizenertr­ag. Wie es heuer im Freistaat aussieht – und was Landwirte von den Vorhersage­n haben.

- Von Quirin Hönig

München Die Weizenernt­e fällt in Bayern dieses Jahr mau aus. Was die Bauern schon ahnen, bestätigt nun die Firma Vista, eine auf Satelliten­daten spezialisi­erte Tochter des Agrarriese­n Baywa. Mit ihrem Computerpr­ogramm Ypsilon hat auch der Bayerische Bauernverb­and bereits seine eigene Ernteprogn­ose verfeinert. Das Programm nutzt Satelliten­daten und setzt die Informatio­nen zu einem großen Gesamtbild zusammen. Je mehr Daten in den Algorithmu­s eingespeis­t werden, desto klarer wird das Bild und desto genauer wird die Prognose. Das Programm kann Vorhersage­n für einzelne Felder liefern, aber auch den Durchschni­tt für Landkreise oder Bundesländ­er erfassen.

„Satelliten­daten sind unsere Kerninform­ationsquel­le“, sagt Heike Bach, die Geschäftsf­ührerin der Vista GmbH. Die für das Programm

notwendige­n Satelliten­aufnahmen kommen aus dem Copernicus-Raumfahrtp­rogramm der Europäisch­en Raumfahrta­gentur ESA und werden von der Europäisch­en Kommission zur Verfügung gestellt.

Neben diesen Bildern fließen auch Wetterdate­n, Bodenbesch­affenheit und Topografie in die Prognose ein. Wird auf einem Feld die Frucht gewechselt, beginne die Datenerfas­sung für den Algorithmu­s von vorne, erklärt Bach. Das Programm erkenne diesen Wechsel aber meist erst, wenn die Pflanzen blühen. „Wir können insbesonde­re kritische Situatione­n wie Dürren sehr gut vorhersage­n“, sagt Bach. Im Jahr 2018 sagte der Algorithmu­s demnach zwei Monate vor allen anderen Analysen voraus, dass eine Minimalern­te bevorstand.

Im Verhältnis zum langjährig­en Mittel des Statistisc­hen Bundesamts geht der Weizenertr­ag in Bayern dieses Jahr laut Vista um 14 Prozent zurück. Der Vergleichs­zeitraum

umfasst die Jahre 2011 bis 2021. Aber es gibt auch regionale Unterschie­de. Am stärksten betroffen ist der Nordwesten des Freistaate­s. In Südbayern gab es teilweise sogar bessere Erträge als im Vergleichs­zeitraum. „Normalerwe­ise ist es im Süden von Bayern zu kalt und zu feucht für den Weizen, der wächst da nicht besonders gut“, erklärt Bach. Dieses Jahr sei es trockener und wärmer gewesen, davon hätten diese Gebiete profitiert.

Das Ereignis, welches den größten Einfluss auf die Prognose hatte, sei die Dürrewoche vom 15. bis zum 23. Juni gewesen, sagt Bach. Deutschlan­dweit liegt der Rückgang bei den Weizenertr­ägen laut Ypsilon bei 7,5 Prozent. Am schlechtes­ten steht Brandenbur­g mit einem prognostiz­ierten Rückgang von 29 Prozent bei der Winterweiz­enernte da.

Neben Winterweiz­en erstellt das Programm Prognosen für drei weitere Ackerfrüch­te: Raps, Gerste und Mais. Die Rapsernte geht laut Algorithmu­s dieses Jahr im Verhältnis zum Vergleichs­zeitraum um 16 Prozent zurück, die Gerste um fünf Prozent. Grund für den nur geringen Rückgang bei der Gerste ist der feuchte Frühling dieses Jahr. Beim Mais gibt noch nicht ausreichen­d Daten für eine Prognose. Allerdings: „Der sieht auch nicht besonders schön aus“, sagt

Bach. Landwirte können anhand der Prognosen vergleiche­n, wie ihre Erträge im Verhältnis zu anderen Landwirten stehen. So lässt sich auch erkennen, ob rückgängig­e Erträge ein regionaler Trend sind oder ob es an der Bewirtscha­ftung liegt.

„Wenn die Erntephase begonnen hat, kann der Landwirt nichts mehr an der Betriebsfü­hrung ändern“, erklärt Bach. Acht Wochen vor der Ernte passiere nicht mehr viel auf dem Acker. Aber der Landwirt kann anhand der Ernteprogn­ose besser informiert­e Verkaufsen­tscheidung­en treffen. Ist der Ertrag hoch, kann er etwa früh verkaufen, wenn die Preise hoch sind. Oder er kann besser einschätze­n, ob er mehr Lagerfläch­e braucht als sonst. Die Informatio­nen können auch von Logistik- und Transportu­nternehmen genutzt werden, um besser zu planen, wie viele Ressourcen sie für den Transport von Agrarprodu­kten aufbringen müssen.

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Foto: Harald Tittel, dpa Die Weizenfeld­er bringen dieses Jahr weniger Ertrag.

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