Transparenz in der AKW-Debatte
Es gibt keine Wahrheit, sondern nur Interpretationen davon. So scheint es jedenfalls in der von Hubert Aiwanger, dem bayerischen Wirtschaftsminister, angestoßenen Diskussion um die von ihm geforderte Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks Gundremmingen zu sein. Dass wir durch die Abhängigkeit von russischem Gas auf eine der größten Herausforderungen in der Geschichte der Bundesrepublik zusteuern, ist offensichtlich. Parteipolitisches und -ideologisches Klein-Klein ist genau das, was wir nicht in dieser Situation benötigen. Die Zeit läuft davon.
Was bedeutet das? Dass wir uns, wo es vertretbar ist, ein wenig einschränken sollten. Das gilt für Privathaushalte und die Wirtschaft gleichermaßen. Besser wäre dabei ein freiwilliger Verzicht als ein politisches Diktat. Und wir müssen alle Energiequellen für diese Notlage so kurz wie möglich und so lange wie nötig anzapfen. Dazu gehören die erneuerbaren Energien (und deren beschleunigter Ausbau) ebenso wie fossile Energieträger und Atomenergie.
Zumindest die drei Kernkraftwerke, die noch in Betrieb sind, sollten auch über die Jahreswende weiter am Netz bleiben, falls nötig, mit neuen Brennstäben. Und was ist mit Gundremmingen? Hier ist der Energieversorger RWE als Betreiber mit seiner gesellschaftlichen Verantwortung gefragt. Es braucht von RWE eine konkrete und verbindliche Aussage, ob beziehungsweise zu welchen Bedingungen Gundremmingen wieder hochgefahren werden könnte – und dies öffentlich. Denn nur so können die Menschen nachvollziehen, welche Überlegungen eine Rolle spielen. Verständnis kommt von Verstehen. Und Verständnis für welche Position auch immer ist essenziell, gerade vor einer solch schwerwiegenden Entscheidung.