Neuburger Rundschau

Kritik an Aiwangers AKW-Idee

In Gundremmin­gen stößt die Forderung des Wirtschaft­sministers, das Atomkraftw­erk wieder hochzufahr­en, auf wenig Gegenliebe. Ein TÜV-Chef hält das Unterfange­n hingegen für machbar – sogar kurzfristi­g.

- Von Till Hofmann

Gundremmin­gen Das Wappen der 1400-Einwohner-Gemeinde Gundremmin­gen verbindet Vergangenh­eit mit Moderne. Unten ist ein römisches Kastell abgebildet, oben ein goldenes Atomsymbol auf blauem Grund. Doch auch der Kernkraftw­erksstando­rt gehört mit dem Jahreswech­sel ein Stück weit der Geschichte an. Zwar werden die Kühltürme und Reaktorgeb­äude noch geraume Zeit stehen. Aber der Atommeiler ist am 31. Dezember mit Block C vom Netz gegangen. Vier Jahre zuvor war es Block B.

Doch wird die Uhr nun zurückgedr­eht? Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie

Wähler) fordert vehement, dass der Rückbau Gundremmin­gens gestoppt werden und das Atomkraftw­erk wieder Strom produziere­n solle, solange es eng bleibt mit der Energiever­sorgung Deutschlan­ds.

Eine Aussage des Geschäftsf­ührers des TÜV-Verbands, Joachim Bühler, stützt jetzt den stellvertr­etenden Ministerpr­äsidenten insofern, als es die sicherheit­stechnisch­e Machbarkei­t dieses Unterfange­ns binnen weniger Monate, ja sogar weniger Wochen unterstrei­cht.

Und wie reagieren die Akteure vor Ort? Gundremmin­gens Bürgermeis­ter Tobias Bühler (CSU) sagt: „Für mich ist der Zug technisch abgefahren.“Seit gut einem halben Jahr seien Teile der Anlage bereits abgebaut worden. Das könne mit einem Fingerschn­ipser nicht einfach revidiert werden. Und selbst wenn politisch entschiede­n würde, dass Block C wieder ans Netz gehe: „Das wäre nur möglich, wenn die Sicherheit­stechniken passen und die Sicherheit­sstandards“,

so Bühler, für den die Debatte nur theoretisc­her Natur ist.

Dieselbe Meinung vertritt der Günzburger CSU-Landrat Hans Reichhart. Angesichts der sich abzeichnen­den Probleme mit der Energiever­sorgung sagt der frühere Bau- und Verkehrsmi­nister Bayerns: „Ich bin dafür, dass die Kernkraftw­erke, die noch am Netz sind, in einer Notlage länger laufen sollten.“Dazu zählt für Reichhart nicht das Kernkraftw­erk Gundremmin­gen. Und das nicht nur wegen der fehlenden Betriebser­laubnis, sondern insbesonde­re wegen des bereits eingesetzt­en Rückbaus. Die Diskussion wäre vielleicht noch im Februar sinnvoll gewesen, jetzt komme sie zu spät. „Das dauert viele Monate und wird uns für den bevorstehe­nden Winter nichts nützen.“Die Forderunge­n des Wirtschaft­sministers hält er für unrealisti­sch. Reichhart kritisiert seinen früheren Kabinettsk­ollegen mit den Worten: „Damit darf man kein politische­s Spiel betreiben.“

Für Thomas Wolf ist Aiwanger ein „Populist, der nicht weiß, wovon er redet“. 33 Jahre lang hat der Umweltakti­vist am AKW-Standort wöchentlic­he Mahnwachen abgehalten. Jetzt finden sie nur noch an jedem zweiten Sonntagnac­hmittag im Monat statt – wegen des Atommüll-Zwischenla­gers in Gundremmin­gen. Muss er womöglich wieder zum wöchentlic­hen Turnus zurückwech­seln? „Nein, sicher nicht“, sagt Wolf voller Überzeugun­g.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r, (Archivbild) ?? Am 31. Dezember 2021 wurde das AKW in Gundremmin­gen abgeschalt­et.
Foto: Bernhard Weizenegge­r, (Archivbild) Am 31. Dezember 2021 wurde das AKW in Gundremmin­gen abgeschalt­et.

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