Neuburger Rundschau

„Es ist eine sehr schöne erste Begegnung“

Im Kloster Benediktbe­uren gibt Star-Tenor Jonas Kaufmann erstmals ein Konzert mit den Augsburger Philharmon­ikern. Ein Gespräch über Schwaben, Heimatgefü­hle – und die Liebe eines „Piefke“zum Wiener Lied.

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Herr Kaufmann, Sie sind ein echtes Münchner Kindl, ein Mann aus der bayerische­n Hauptstadt. Was verbindet Sie denn persönlich mit Schwaben – und mit den Augsburger Philharmon­ikern?

Jonas Kaufmann: Tatsächlic­h arbeite ich bei diesem Konzert zum ersten Mal mit den Augsburger Philharmon­ikern zusammen. Meine Frau, die Opernregis­seurin Christiane Lutz, hatte allerdings früher schon einige Engagement­s am Augsburger Theater, damals war Dirk Kaftan dort noch der Generalmus­ikdirektor. Und mein langjährig­er Lied-Begleiter, der Pianist Helmut Deutsch, hatte gut 30 Jahre lang seinen Lebensmitt­elpunkt in Augsburg, er ist also fast ein Augsburger Kindl. Da kann ich mich schon an zahlreiche Besuche und Stunden bei ihm erinnern. Das Konzert in Benediktbe­uren ist für mich aber die erste Berührung mit den Augsburger Philharmon­ikern.

Und wie hat sich diese Berührung für Sie angefüllt? Wie war für Sie der Eindruck der ersten Proben?

Kaufmann: Es fühlt sich fantastisc­h an, mit einem Orchester zu arbeiten, das sich nicht nur auf sinfonisch­e Literatur konzentrie­rt, sondern auch regelmäßig Opern aufführt. Ein Orchester, das Sänger mit Gefühl zu begleiten weiß. Es war also eine sehr schöne erste Begegnung, da war viel Begeisteru­ng und Freude im Orchester zu spüren. Und wir haben gründlich geprobt, da waren die Musiker vielleicht auch ein bisschen überrascht. Es gibt durchaus Sänger und Sängerinne­n, die überzeugt sind: Zwei, drei Takte proben, die wichtigste­n Passagen und das genügt dann für so ein Engagement. Nun gut, manchmal geht das auch nicht anders, weil man kurz zuvor noch am anderen Ende der Welt aufgetrete­n war und die Zeit doch plötzlich knapp wird. Aber so soll es nicht sein. In diesem Fall war es also eine schöne Begegnung und ein profession­eller erster Eindruck.

Wie stellt man sich als Sänger, der rund um den Globus gefragt ist, auf jedes neue Orchester ein? Wie fühlt sich das an, wenn man bei jedem dritten Konzert mit neuen Partnern auftritt?

Kaufmann: Die Hauptarbei­t liegt dabei tatsächlic­h nicht bei uns Sängern, sondern in den Händen der Dirigenten. Sie bereiten ihr Orchester so gut wie möglich vor. Ich darf mich dann also mehr oder weniger ins gemachte Nest setzen. Aber selbstvers­tändlich muss man sich auf jede neue Begegnung einstellen und auf jeden neuen Ort.

Nun also geben Sie ein Open-AirKonzert im Klosterhof Benediktbe­uren. Worin liegt für Sie der Reiz, unter freiem Himmel zu singen? Ist das nicht auch ein Risiko?

Kaufmann: Dieser Klosterhof ist eine beeindruck­ende gebaute, historisch­e Kulisse. Vor so einem Hintergrun­d kann sich ein besonderer Bühnenzaub­er entwickeln, auch unter dem Sternenhim­mel. Das Einzige, was bei uns vielleicht noch Unsicherhe­it auslöst, ist dabei der Blick auf den Wetterberi­cht für den Konzertabe­nd.

Sie tragen sowohl den Ehrentitel des Bayerische­n Kammersäng­ers als auch den des österreich­ischen Kammersäng­ers. Ihr Lebensmitt­elpunkt ist Salzburg und Sie lieben das Wiener Lied, haben zuletzt aber den Lohengrin in Melbourne gesungen. Was bedeutet

Heimat für Sie – musikalisc­h, aber auch abseits der Bühne?

Kaufmann: Heimat ist dort, wo man willkommen ist. Wo man sich mit Menschen umgeben kann, mit denen man warm wird. Heimat ist für mich also nicht unbedingt ein konkreter Ort. Musikalisc­h ist die Frage nach der Heimat schon etwas schwierige­r für mich, weil ich

da auch die Vielfalt liebe. Mir ist zuletzt das Wiener Lied unglaublic­h ans Herz gewachsen. Ich bin ein Münchner und somit ein „Piefke“, das wird mir schon von den Wienern so gespiegelt, im Scherz. Aber wenn die echten Wiener mir dann sagen, dass ihnen meine Interpreta­tion ihrer Traditions­lieder wirklich gut gefällt, dann geht mir das Herz auf. Das ist ein besonderes Lob.

In Benediktbe­uren treten Sie nun gemeinsam mit der Sopranisti­n Rachel Willis-Soerensen auf. Mit ihr hatten Sie an der Semperoper schon „Die Fledermaus“gesungen. Zeit für ein Kolleginne­n-Lob: Was schätzen Sie an ihr?

Kaufmann: Sie verfügt über so eine großartige, warme Stimme, die von der ersten Note an fasziniert. Wenn ich mit ihr auftrete, dann richten sich oft viele Nachfragen an mich, aber ich finde, dass ihr da dieselbe Aufmerksam­keit zusteht. Sie ist ja eine fantastisc­he Sängerin, die schon an der Bayerische­n Staatsoper, der Deutschen Oper in Berlin und der Met in New York geglänzt hat.

In Benediktbe­uren stehen auch Werke aus der Sparte Filmmusik auf dem Programm. Sind Sie Filmkenner? Cineast?

Kaufmann: Tatsächlic­h genieße ich Filme, aber vor allem zuhause, also im Heimkino mit meiner Frau und meinen Kindern. Da fehlt nur die Popcorn-Maschine. Aber die Kinos sind auch wichtige Orte der Kultur, die es durch die Pandemieun­d Krisenzeit zu retten gilt, wie das Theater. Aber der neue „Top Gun“allein wird es wohl nicht richten können.

Interview: Veronika Lintner

> Das Konzert findet am heutigen Donnerstag, 28. Juli, um 19.30 Uhr im Kloster Benediktbe­uren statt. Karten sind an der Abendkasse erhältlich. Das Programm verspricht Oper-Arien und Duette aus Puccinis „La Bohème“und „Turandot“, Operetten-Auszüge aus „Die lustige Witwe“und „Das Land des Lächelns“sowie Wiener Lieder.

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Foto: Gregor Hohenberg Jonas Kaufmann zählt zu den bedeutends­ten Tenören unserer Zeit. 1969 kam er in München zur Welt.

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