Braucht Deutschland Löschflugzeuge?
Über 600 Feuerwehrleute kämpfen in der Sächsischen Schweiz und in Südbrandenburg weiter gegen die Flammen. Nun werden Rufe nach mehr Hilfe aus der Luft laut. Was Experten aus Bayern und Düsseldorf von der Idee halten.
In den Waldbrandgebieten im Süden Brandenburgs und im Nationalpark Sächsische Schweiz geht der Kampf gegen die Flammen weiter. Die kräftezehrende Arbeit hunderter Feuerwehrleute und anderer Einsatzkräfte hat sich gelohnt: Die Lage sei zwar angespannt, aber nicht außer Kontrolle, hieß es auf Anfrage am Mittwoch.
Die Bekämpfung der Flammen im sächsischen Nationalpark konzentriert sich derzeit auf zwei der fünf Brandgebiete, sagte der Sprecher des Landratsamtes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Thomas Kunz. „Das Gebiet ist zerklüftet und nicht leicht zu erreichen.“Zudem erschwerten Totholz und die Witterung die Brandbekämpfung. Am Mittwoch waren knapp 150 Feuerwehrleute im Einsatz. Diese werden aus der Luft von fünf Hubschraubern unterstützt. Eine Ausbreitung auf angrenzende Häuser konnte bislang verhindert werden. Bis Mittwochmittag gab es keine Evakuierungen.
„Das Feuer ist insgesamt unter Kontrolle, aber die Gefahr noch nicht gebannt, weil es sehr viele Glutnester gibt, die immer wieder aufflammen“, betonte Philipp Haase, stellvertretender Waldbrandschutzbeauftragter des Landes Brandenburg. 450 Feuerwehrleute sind dort im Einsatz gegen einen Brand, der auf einer Fläche von rund 500 Hektar wütet. „Zudem haben die Löschhubschrauber sehr gute Arbeit geleistet.“Einige Maschinen sollten noch am Mittwoch abgezogen werden, weil sie nicht mehr benötigt werden.
Derzeit schlagen Fahrzeuge des Technischen Hilfswerks (THW) breite Schneisen in die Wälder in Brandenburg, damit die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehren an die Brandorte kommen. „Ein Pionierpanzer der Bundeswehr hat leider einen Getriebeschaden erlitten und soll noch heute ersetzt werden“, erklärte Haase ebenfalls am Mittwoch. Dafür habe das Wetter den Feuerwehren in die Karten gespielt: Der Wind wehte deutlich schwächer. Haase rechnet jedoch noch mit einem wochenlangen Einsatz, ehe alles gelöscht ist.
Die andauernden Waldbrände in Deutschland und Südeuropa haben hierzulande eine alte Diskussion
neu entfacht: Braucht Deutschland Löschflugzeuge? Der Vorsitzende des Arbeitskreises Waldbrand im Deutschen Feuerwehrverband, Ulrich Cimolino, hat sich im Interview mit dem Spiegel klar dagegen positioniert.
„In Südeuropa, wo diese Maschinen viel genutzt werden, existieren am Boden grundlegend andere Voraussetzungen als bei uns hier“, sagte er dem Nachrichtenmagazin. Cimolino zufolge könnten Einsatzkräfte in Deutschland durch das System der Freiwilligen Feuerwehren in zehn bis 20 Minuten in alle Gemeinden im Bundesgebiet gelangen. In den südlicheren Ländern lägen die Einsatzzeiten dagegen bei teilweise bis zu mehreren Stunden. „Die Feuerwehr ist bei uns normalerweise immer schneller, als es jedes Flugzeug sein könnte“, betonte er.
Der Waldbrand-Experte, der in den frühen 1980er Jahren als Feuerwehrmann in Niederbayern begann und mittlerweile bei der Feuerwehr in Düsseldorf tätig ist, nennt neben anderen Gründen auch die Vegetation in Deutschland
als Argument gegen die Notwendigkeit von Löschflugzeugen. Denn zum einen kämen Einsatzkräfte in der italienischen Macchia – einem von dichten, halbhohen Sträuchern bewachsenen Gebiet – am Boden fast nicht voran. Zum anderen erhöhten die ölhaltigen und leicht entzündlichen Eukalyptusbäume, die in Südeuropa, vor allem aber in Portugal und in Spanien, großflächig angebaut werden, die Gefahr für einen Brand. In Deutschland sei das anders.
Als aktuelles „Mittel der Wahl“bezeichnete dagegen Jürgen Weiß, Referent beim Landesfeuerwehrverband Bayern, im Gespräch mit unserer Redaktion Helikopter. Auch in der Sächsischen Schweiz zählt man auf ihre Hilfe: Mehrere Hubschrauber sind dort im Kampf gegen die Waldbrände im Einsatz. Der Vorteil gegenüber Flugzeugen: „Wir können damit Löschwasser aus einem See, einem Fluss, einem Bach, einem Teich oder einem Schwimmbad in der Nähe der Brandstelle aufnehmen“, so Weiß. Bei Flugzeugen seien ausreichend große Seen oder Flüsse nötig, an
denen man im Tiefflug das Wasser auftanken könne. „Das haben wir in Deutschland nicht.“
Leider mangele es aber hier und da an einsatzfähigen Hubschraubern, sagte der bayerische Feuerwehr-Experte.
Doch er zeigte sich zuversichtlich, denn die Bundeswehr habe erst kürzlich die Beschaffung von 60 CH-47 Helikoptern beschlossen. Die ersten doppelrotorigen Boeing-Hubschrauber sollen 2025 ausgeliefert werden. „Die können unsere 5000-Liter-Außenlastbehälter problemlos aufnehmen“, so Weiß. Die Löschwasserbehälter für den Helikopter-Einsatz gibt es im Freistaat in drei Größen: 900 Liter, 2000 Liter und 5000 Liter. Etwa 300 Feuerwehrkräfte an 18 Standorten in Bayern sind speziell auf den Einsatz mit diesen Behältern geschult. Die Piloten sowie die Hubschrauber stellen Bundeswehr oder die Bundes- oder Landespolizei.
In der Sächsischen Schweiz haben die Einsatzkräfte bei den momentanen Waldbränden jedoch nicht nur mit dem Feuer zu kämpfen. Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge dürfen bis auf Weiteres die Wälder nicht mehr betreten werden – und nicht alle halten sich daran. Am Dienstag hatten sich 40 Menschen am Waldrand in Reinhardtsdorf-Schöna aufgehalten, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Sie wurden auf das Verbot hingewiesen und des Platzes verwiesen. Zehn Menschen, die gesperrte Wege genutzt hatten, wurden angezeigt. Zudem wurde der Betrieb der Kirnitzschtalbahn eingestellt, weil zu viele Schaulustige die Löscharbeiten behinderten. (mit dpa)