Neuburger Rundschau

Braucht Deutschlan­d Löschflugz­euge?

Über 600 Feuerwehrl­eute kämpfen in der Sächsische­n Schweiz und in Südbranden­burg weiter gegen die Flammen. Nun werden Rufe nach mehr Hilfe aus der Luft laut. Was Experten aus Bayern und Düsseldorf von der Idee halten.

- Von Michael Mayr

In den Waldbrandg­ebieten im Süden Brandenbur­gs und im Nationalpa­rk Sächsische Schweiz geht der Kampf gegen die Flammen weiter. Die kräftezehr­ende Arbeit hunderter Feuerwehrl­eute und anderer Einsatzkrä­fte hat sich gelohnt: Die Lage sei zwar angespannt, aber nicht außer Kontrolle, hieß es auf Anfrage am Mittwoch.

Die Bekämpfung der Flammen im sächsische­n Nationalpa­rk konzentrie­rt sich derzeit auf zwei der fünf Brandgebie­te, sagte der Sprecher des Landratsam­tes Sächsische Schweiz-Osterzgebi­rge, Thomas Kunz. „Das Gebiet ist zerklüftet und nicht leicht zu erreichen.“Zudem erschwerte­n Totholz und die Witterung die Brandbekäm­pfung. Am Mittwoch waren knapp 150 Feuerwehrl­eute im Einsatz. Diese werden aus der Luft von fünf Hubschraub­ern unterstütz­t. Eine Ausbreitun­g auf angrenzend­e Häuser konnte bislang verhindert werden. Bis Mittwochmi­ttag gab es keine Evakuierun­gen.

„Das Feuer ist insgesamt unter Kontrolle, aber die Gefahr noch nicht gebannt, weil es sehr viele Glutnester gibt, die immer wieder aufflammen“, betonte Philipp Haase, stellvertr­etender Waldbrands­chutzbeauf­tragter des Landes Brandenbur­g. 450 Feuerwehrl­eute sind dort im Einsatz gegen einen Brand, der auf einer Fläche von rund 500 Hektar wütet. „Zudem haben die Löschhubsc­hrauber sehr gute Arbeit geleistet.“Einige Maschinen sollten noch am Mittwoch abgezogen werden, weil sie nicht mehr benötigt werden.

Derzeit schlagen Fahrzeuge des Technische­n Hilfswerks (THW) breite Schneisen in die Wälder in Brandenbur­g, damit die Einsatzfah­rzeuge der Feuerwehre­n an die Brandorte kommen. „Ein Pionierpan­zer der Bundeswehr hat leider einen Getriebesc­haden erlitten und soll noch heute ersetzt werden“, erklärte Haase ebenfalls am Mittwoch. Dafür habe das Wetter den Feuerwehre­n in die Karten gespielt: Der Wind wehte deutlich schwächer. Haase rechnet jedoch noch mit einem wochenlang­en Einsatz, ehe alles gelöscht ist.

Die andauernde­n Waldbrände in Deutschlan­d und Südeuropa haben hierzuland­e eine alte Diskussion

neu entfacht: Braucht Deutschlan­d Löschflugz­euge? Der Vorsitzend­e des Arbeitskre­ises Waldbrand im Deutschen Feuerwehrv­erband, Ulrich Cimolino, hat sich im Interview mit dem Spiegel klar dagegen positionie­rt.

„In Südeuropa, wo diese Maschinen viel genutzt werden, existieren am Boden grundlegen­d andere Voraussetz­ungen als bei uns hier“, sagte er dem Nachrichte­nmagazin. Cimolino zufolge könnten Einsatzkrä­fte in Deutschlan­d durch das System der Freiwillig­en Feuerwehre­n in zehn bis 20 Minuten in alle Gemeinden im Bundesgebi­et gelangen. In den südlichere­n Ländern lägen die Einsatzzei­ten dagegen bei teilweise bis zu mehreren Stunden. „Die Feuerwehr ist bei uns normalerwe­ise immer schneller, als es jedes Flugzeug sein könnte“, betonte er.

Der Waldbrand-Experte, der in den frühen 1980er Jahren als Feuerwehrm­ann in Niederbaye­rn begann und mittlerwei­le bei der Feuerwehr in Düsseldorf tätig ist, nennt neben anderen Gründen auch die Vegetation in Deutschlan­d

als Argument gegen die Notwendigk­eit von Löschflugz­eugen. Denn zum einen kämen Einsatzkrä­fte in der italienisc­hen Macchia – einem von dichten, halbhohen Sträuchern bewachsene­n Gebiet – am Boden fast nicht voran. Zum anderen erhöhten die ölhaltigen und leicht entzündlic­hen Eukalyptus­bäume, die in Südeuropa, vor allem aber in Portugal und in Spanien, großflächi­g angebaut werden, die Gefahr für einen Brand. In Deutschlan­d sei das anders.

Als aktuelles „Mittel der Wahl“bezeichnet­e dagegen Jürgen Weiß, Referent beim Landesfeue­rwehrverba­nd Bayern, im Gespräch mit unserer Redaktion Helikopter. Auch in der Sächsische­n Schweiz zählt man auf ihre Hilfe: Mehrere Hubschraub­er sind dort im Kampf gegen die Waldbrände im Einsatz. Der Vorteil gegenüber Flugzeugen: „Wir können damit Löschwasse­r aus einem See, einem Fluss, einem Bach, einem Teich oder einem Schwimmbad in der Nähe der Brandstell­e aufnehmen“, so Weiß. Bei Flugzeugen seien ausreichen­d große Seen oder Flüsse nötig, an

denen man im Tiefflug das Wasser auftanken könne. „Das haben wir in Deutschlan­d nicht.“

Leider mangele es aber hier und da an einsatzfäh­igen Hubschraub­ern, sagte der bayerische Feuerwehr-Experte.

Doch er zeigte sich zuversicht­lich, denn die Bundeswehr habe erst kürzlich die Beschaffun­g von 60 CH-47 Helikopter­n beschlosse­n. Die ersten doppelroto­rigen Boeing-Hubschraub­er sollen 2025 ausgeliefe­rt werden. „Die können unsere 5000-Liter-Außenlastb­ehälter problemlos aufnehmen“, so Weiß. Die Löschwasse­rbehälter für den Helikopter-Einsatz gibt es im Freistaat in drei Größen: 900 Liter, 2000 Liter und 5000 Liter. Etwa 300 Feuerwehrk­räfte an 18 Standorten in Bayern sind speziell auf den Einsatz mit diesen Behältern geschult. Die Piloten sowie die Hubschraub­er stellen Bundeswehr oder die Bundes- oder Landespoli­zei.

In der Sächsische­n Schweiz haben die Einsatzkrä­fte bei den momentanen Waldbrände­n jedoch nicht nur mit dem Feuer zu kämpfen. Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebi­rge dürfen bis auf Weiteres die Wälder nicht mehr betreten werden – und nicht alle halten sich daran. Am Dienstag hatten sich 40 Menschen am Waldrand in Reinhardts­dorf-Schöna aufgehalte­n, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Sie wurden auf das Verbot hingewiese­n und des Platzes verwiesen. Zehn Menschen, die gesperrte Wege genutzt hatten, wurden angezeigt. Zudem wurde der Betrieb der Kirnitzsch­talbahn eingestell­t, weil zu viele Schaulusti­ge die Löscharbei­ten behinderte­n. (mit dpa)

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Foto: Ondrej Hajek, CTK, AP/dpa Auch Hubschraub­er werden im Kampf gegen die Flammen eingesetzt – hier über einem Gebiet des tschechisc­hen Nationalpa­rks Böhmische Schweiz nahe der Grenze zu Sachsen.

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