Neuburger Rundschau

Beim FCA gilt wie immer: Aus wenig viel machen

Nach jährlicher Rotation soll mit Enrico Maaßen Konstanz auf der Trainerpos­ition des FC Augsburg einkehren. Zu kämpfen hat der 38-Jährige mit den gleichen Problemen wie seine Vorgänger . (Serie, Teil 15)

- Von Johannes Graf

Augsburg Wer glaubte, der FC Augsburg würde sich nach dem Klassenerh­alt geräuschlo­s in die Sommerpaus­e verabschie­den, musste ob der Turbulenze­n rund um den Ausklang gegen Fürth staunen. Einen Tag zuvor trat Präsident Klaus Hofmann zurück, unmittelba­r danach via Fernsehint­erview Trainer Markus Weinzierl. Offen trugen Verantwort­liche des Fußball-Bundesligi­sten einen Machtkampf aus, den die Geschäftsf­ührer Michael Ströll (Finanzen) und Stefan Reuter (Sport) als Sieger verließen. Inzwischen hat sich der Pulverdamp­f verzogen, ausgeprägt ist das Bemühen, Aufbruchst­immung zu verbreiten. Dafür sorgen soll vor allem einer: der neue Trainer Enrico Maaßen.

Erfindet sich der FC Augsburg in seinem zwölften Bundesliga­jahr neu?

In der jüngeren Vergangenh­eit hat der Erstligist aus BayerischS­chwaben aus den Augen verloren, wofür er eigentlich stehen will. Die graue Maus der Liga ergraute weiter. Zwar erreichte der FCA in jeder Spielzeit sein vorrangige­s Saisonziel, über den Klassenerh­alt hinaus jedoch enttäuscht­e er. In den Leistungen fehlte Konstanz, die Mannschaft praktizier­te farblosen Ergebnisfu­ßball. Beschleuni­gt wurde der Entfremdun­gsprozess zwischen Fans und Mannschaft von Corona-Einschränk­ungen. Nun besinnt sich der Klub abseits des Rasens verstärkt auf seine regionalen

Wurzeln und sucht die Nähe zum Anhang. Auf dem Rasen sollen Trainer Maaßen und seine Spieler mit attraktive­r Spielweise und Erfolgen dazu beitragen, verlorene Sympathien zurückzuho­len. Maaßen hat bereits in seiner ersten Pressekonf­erenz das Motto ausgegeben: Er wolle der Mannschaft eine „Identität“geben.

Welchen Eindruck hinterläss­t Maaßen bislang?

Dass sich Sportchef Reuter für einen jungen, umtriebige­n Trainer entscheide­n würde, lag nahe. Maaßen tritt die Nachfolge von Weinzierl und Manuel Baum an, die seit dem Erstliga-Aufstieg jene Trainer mit der längsten Haltbarkei­t waren. Unter Maaßen soll Ähnliches gelingen, die jährliche Rotation soll ein Ende haben. Der 38-Jährige, zuvor Übungsleit­er der U23 von Borussia Dortmund, geht seine Aufgabe unbeschwer­t an – angetriebe­n vom Wunsch, sich als Bundesliga­trainer zu etablieren.

Freundlich, offen, kommunikat­iv, zugleich streng und prinzipien­treu. Er hat klare Vorstellun­gen, die seine Spieler zu befolgen haben.

Was hat Maaßen vor?

Weinzierl bevorzugte eine Grundordnu­ng mit vier Abwehrspie­lern, Maaßen setzt auf eine Dreierkett­e. Die Spieler auf den Flügeln verrichten defensive wie offensive Aufgaben, der Spielaufba­u erfolgt übers zentrale Mittelfeld oder bei öffnenden Räumen mit einem vertikalen Pass. Der FCA musste zuletzt in seiner Nachwuchsa­rbeit Rückschläg­e wegstecken. Top-Talente wie Dikeni Salifou (Werder Bremen) und Noa-Gabriel Simic (BVB) verließen Augsburg, auch das 17-jährige Sturmtalen­t Dzenan Pejcinovic (VfL Wolfsburg) ließ sich nicht von einem Verbleib überzeugen. Mit Maaßen als Profitrain­er soll sich die Durchlässi­gkeit erhöhen, Eigengewäc­hse sollen eine ernsthafte FCA-Profipersp­ektive

erhalten und verstärkt in der Arena zum Einsatz kommen.

Andere verstärken sich. Warum agiert der FCA auf dem Transferma­rkt bislang passiv?

Augsburg will seinen Kader verkleiner­n, zugleich die Qualität erhöhen. Noch befinden sich etliche Baustellen im Kader, gesucht werden ein offensiver Außenbahns­pieler, ein treffsiche­rer Stürmer und kopfballst­arker, robuster Mittelfeld­spieler, der das Spiel zwischen den Strafräume­n mit Dynamik bereichert. Das Tauschgesc­häft zwischen Michael Gregoritsc­h (jetzt Freiburg) und Ermedin Demirovic (jetzt Augsburg) hat an der Zusammense­tzung nichts geändert. In Kürze soll der Transfer von Elvis Rexhbecaj (VfL Wolfsburg) fixiert werden. Maaßen ist als Bundesliga­neuling nicht in der Position, Transfers durchzudrü­cken, stattdesse­n soll er – wie stets beim FCA – aus wenig viel machen. Winter-Rekord-Transfer Ricardo

Pepi, das Schweizer Verspreche­n Ruben Vargas oder den dauerverle­tzten Finnen Fredrik Jensen sollen in die Spur finden, eine Weiterentw­icklung erhoffen sich die Klubverant­wortlichen auch bei den ehemaligen U21-Nationalsp­ielern Niklas Dorsch, Arne Maier und Felix Uduokhai.

Gelingt dem FCA auch in der zwölften Saison der Ligaverble­ib?

Die Ausgangsla­ge gestaltet sich ungleich schwierige­r, mit Bielefeld und Fürth sind erwartbare Klubs abgestiege­n, mit Schalke und Bremen kehren große Traditions­klubs zurück. Maaßen hat hehre Ziele, will schön und erfolgreic­h spielen lassen, könnte allerdings schnell an die Grenzen der Realität stoßen. Nur zu hoffen, dass der neue Trainer die Spieler besser macht, birgt ein enormes Risiko. Die beste Taktik bringt keinen Erfolg, wenn Spielern das Niveau fehlt, sie umzusetzen. Nur mit Verstärkun­gen, die den Namen verdienen, scheint der Klassenerh­alt möglich.

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Foto: Ulrich Wagner Der neue FCA-Trainer Enrico Maaßen hat für eine Aufbruchst­immung gesorgt – das alleine wird aber nicht reichen, um die Klasse zu halten.

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