Neuburger Rundschau

... es in der EU 24 Sprachen gibt – und eine Geheimspra­che?

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Als das Drama um den Brexit vorbei und das Vereinigte Königreich endgültig draußen war, witterten die Franzosen ihre Chance. Die EU solle aufhören, „eine Art gebrochene­s Englisch“zu sprechen, forderte im Jahr 2021 Clément Beaune, damals Frankreich­s Minister für EU-Angelegenh­eiten. Stattdesse­n seien konkrete Maßnahmen erforderli­ch, um die „sprachlich­e Vielfalt“zu fördern, sagte er vor internatio­nalen Journalist­en – auf Französisc­h. Was er mit sprachlich­er Vielfalt meinte: Es lebe le Français, die Sprache Molières und eine der drei Arbeitsspr­achen der EU. Doch mag Paris auch gegen die Übermacht des Englischen

auf EU-Ebene kämpfen und die vermeintli­che Diskrimini­erung – Mon Dieu! – beklagen: In den Büros der EUKommissi­on dominiert seit der Osterweite­rung Englisch als Mittel der Kommunikat­ion, auch wenn es angesichts der verschiede­nen Akzente und Wortneusch­öpfungen oft kaum noch Ähnlichkei­t mit dem feinen British English aufweist.

Shakespear­e jedenfalls wäre vermutlich allein wegen des „Eurospeak“zum Brexit-Lager übergelauf­en. 24 Amtssprach­en gibt es in der Gemeinscha­ft. Mehr als 5000 Übersetzer und Simultan-Dolmetsche­r sind bei den Institutio­nen und Agenturen der Union beschäftig­t.

Und dann gibt es noch eine Art Geheimspra­che im EU-Kommunikat­ionsdschun­gel. Coreper, DSA, MdEP oder Passerelle – der Brüsseler Jargon ist an Kürzeln und Sprachperl­en keineswegs arm. Coreper etwa ist die französisc­he Kurzbezeic­hnung für den Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU-Länder, der auf Deutsch wiederum die Abkürzung AStV trägt. DSA steht für das Gesetz über Digitale Dienste, ein MdEP ist „Mitglied des Europäisch­en Parlaments“und bei der Passerelle-Klausel handelt es sich um ein einfachere­s Verfahren, qualifizie­rte Mehrheitse­ntscheidun­gen einzuführe­n. Ganz einfach, oder?

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