Neuburger Rundschau

Gerüstet gegen große Fluten

Vor 25 Jahren kam das „Jahrhunder­thochwasse­r“. Die Stadt Neuburg und der Freistaat haben seitdem 22 Millionen in den Schutz investiert. Das Dorf Straß-Moos steht als Verlierer da.

- Von Winfried Rein

Das Hochwasser vor 25 Jahren überrascht­e die Donauanlie­ger. Die „Jahrhunder­tflut“1999 drängte über die Kanalisati­on in die Neuburger Innenstadt und ließ in Gemeinden wie Stepperg und Moos schwere Verwüstung­en zurück. Zumindest die Stadt sieht sich jetzt gegen diese Gefahr gerüstet.

Seit der großen Flut 1999 sind 22 Millionen Euro in stärkere Dämme (Neuburg-Nord, Englischer Garten), neue Anlagen (Brandl und Bittenbrun­n), Aluschutzw­ände (Insel und Kai) sowie Absiedlung­en (Eulahof, Brandl) investiert worden. „Nach menschlich­em Ermessen sind wir auch gegen massive Donauflute­n gerüstet“, beschreibt Oberbürger­meister Bernhard Gmehling eines der Hauptanlie­gen seiner Amtszeit.

Der Freistaat Bayern mit seinem Hochwasser­programm und konkret das Wasserwirt­schaftsamt Ingolstadt mit seinen Amtsleiter­n sowie den Referenten Walter Hoferer und Holger Pharion halfen der Stadt Neuburg enorm. THW und Feuerwehre­n testen die Aluwände und proben regelmäßig den Ernstfall. Neue Investitio­nen stehen nicht mehr an.

Neu seit den Hochwasser­n 1999 und 2005 ist der Polder Riedenshei­m. Er ist seit vier Jahren fertig und nie offiziell eingeweiht worden. Die Landschaft zwischen Fluss und Jurahang soll acht Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalt­en, wenn die Donau Frachten von mehr als 2000 Kubikmeter­n pro Sekunde heranbring­t. Das wäre dann genauso wie 1965, als der Fluss noch ausufern durfte. Heute ist er eingezwäng­t und gleich hinter dem Deich werden Wohnhäuser gebaut.

Der Polder hilft der Stadt Neuburg. 1999 hätte er den Pegelstand in der kritischen Phase um vielleicht zehn Zentimeter senken können. Nach einer Katastroph­e hatte es damals am Pfingstsam­stag gar nicht ausgesehen. Doch dann stieg die Donau in der Nacht um mehr als einen Meter auf 7,35 Meter – der Lech war schuld. Die braune Flut erreichte knapp die Oberkante der Kaimauer. Stadtrat Hans Mayr, Amtsleiter Paul Leikam und die Feuerwehr ließen pausenlos Schotter herankarre­n, um ein Kippen der Mauern zu verhindern. Im Norden sicherten die Feuerwehr Ried-Hessellohe und Georg Senner eine

Schwachste­lle am Damm. Zu allem Unglück war die Oskar-WittmannSt­raße eine einzige Kanalbaust­elle.

Die Mauer hielt. Am Pfingstson­ntag, 21. Mai, halfen Hunderte Hände beim Aufstocken der Sandsäcke. Die Donau kam dann doch in die Innenstadt. In der Nacht zum 22. Mai brach eine Sperrholzp­latte am Kanalausla­uf beim Hertlein. Über Kanäle und Gully überschwem­mte das Donauwasse­r Keller und Straßen wie Münchener-, Gärtner- und Hirschenst­raße sowie den Oswaldplat­z. Die zerfetzte Sperrholzp­latte ist gefunden worden und spielte eine Hauptrolle bei der Schadenser­satzregelu­ng.

Die Rhein-Main-Donau AG hatte ihre Staustufen als hochwasser­sicher gebaut. Doch 1999 strömte Wasser über die Kabelschäc­hte ins Kraftwerk Bittenbrun­n und legte es vorübergeh­end lahm. Die Wehre mussten mit einem Riesenaggr­egat der Bundeswehr bewegt werden. Herbert Thurner lag auf dem Führerhaus und dirigierte den Lkw durchs Wasser und durch die Nacht. Den Schaden am Kraftwerk bezifferte der Betreiber auf rund sieben Millionen Euro.

Die Probleme hatte nicht der Dauerregen, sondern der Lech mit seinem Schmelzwas­ser aus den Alpen gebracht. Diese Frachten übertrafen

damals sogar den Durchfluss der Donau. Die Wasserwirt­schaft hat darauf reagiert und die Rückhaltef­unktion des Forggensee­s deutlich verstärkt. Beim folgenden Hochwasser im August 2005 hielt der Forggensee bereits 45 Millionen Kubikmeter Lechwasser zurück, 2013 lief es ähnlich. Der Hochwasser­schutz ist nun – neben dem Tourismus – wichtigste­r Teil der Bewirtscha­ftung.

Seit 2005 hat die Donau kein wirklich bedrohlich­es Hochwasser mehr geführt. Die Anlieger in Hatzenhofe­n und Stepperg hoffen darauf, dass es weiterhin so ruhig bleibt. Für Bertoldshe­im lässt die

bayerische Staatsregi­erung einen weiteren Polder mit 20 Millionen Kubikmeter Volumen vorbereite­n. Die lokale Politik wehrt sich dagegen. „Genug ist genug“, findet Rennertsho­fens Bürgermeis­ter Georg Hirschbeck mit Verweis auf den Polder Riedenshei­m in seiner Gemeinde.

In Straß-Moos hofft keiner mehr. Der kleine Ort südlich der Donau erlebt staatliche­n Hochwasser­schutz in seiner brachialst­en Art. Die Bewohner gehen, ihre Häuser werden abgerissen. Von einst 43 Anwesen stehen keine 20 mehr. Das ZDF drehte eine Dokumentat­ion über „Das sterbende Dorf “.

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Die Ortschaft Straß-Moos trafen mehrere Jahrhunder­tfluten. Hier sehen sich die früheren Abgeordnet­en Rudolf Peterke und Christine Haderthaue­r um.
 ?? ?? OB Bernhard Gmehling (rechts) informiert­e 2006 Ministerpr­äsident Edmund Stoiber (links) und Umweltmini­ster Werner Schnappauf.
OB Bernhard Gmehling (rechts) informiert­e 2006 Ministerpr­äsident Edmund Stoiber (links) und Umweltmini­ster Werner Schnappauf.
 ?? Fotos: Winfried Rein ?? Bundeswehr und Feuerwehre­n halfen beim Auspumpen der Kanalbaust­elle Oskar-Wittmann-Straße.
Fotos: Winfried Rein Bundeswehr und Feuerwehre­n halfen beim Auspumpen der Kanalbaust­elle Oskar-Wittmann-Straße.
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Brandl, Freibad und VfR-Platz standen unter Wasser. Der Bereich bleibt als Retentions­raum ungeschütz­t.

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