Neue Osnabrucker Zeitung - Stadt Osnabruck
„Asylentscheiderin“in Gewissensnöten
Neues Buch von Osnabrückerin Maria Braig
rei OSNABRÜCK. Die Osnabrücker Autorin Maria Braig hat einen neuen Roman geschrieben. „Die Asylentscheiderin“kommt in Gewissensnöte, als sie festlegen soll, wer in Deutschland bleiben darf und wer nicht.
Wegen der vielen unbearbeiteten Asylentscheidungen hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zwischen August 2015 und März 2017 mehr als 3000 Asylentscheider neu eingestellt. Sie wurden im Schnellverfahren auf ihre neue Aufgabe vorbereitet. Viele sind nicht qualifiziert für ihren neuen Job. Die in Osnabrück lebende Autorin Maria Braig greift das in ihrem neuen Roman „Die Asylentscheiderin“auf. Sie stellt ihm eine echte Stellenausschreibung des Bamf aus dem Jahr 2016 voran, in der gezielt „tatkräftige, mutige und entscheidungsfreudige Frauen und Männer der Deutschen Post“gesucht werden. Bei ihr ist es die fiktive Postbeamtin Jule, die als Asylentscheiderin eine neue Herausforderung sucht.
Jahrelang hat sie hinter dem Schalter gestanden und sich die Lebensgeschichten der Kunden angehört. Zuhören kann Jule. Weil sie inzwischen aber an den Schreibtisch verfrachtet wurde und sich außerdem gerade von ihrem Partner getrennt hat, kommt ihr die Stellenanzeige des Bamf genau gelegen. Jule lässt sich zur Asylentscheiderin umschulen.
Als sie nach der fünfwöchigen Schulung in den Arbeitsalltag startet, ist sie überzeugt, das Richtige zu tun. „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten in Kröpfchen“ist die Devise, der sie und ihre Kollegen auf dem Amt folgen. Will heißen: Diejenigen, die vor dem Krieg fliehen, sind willkommen, diejenigen, die „nur“der Armut entkommen wollen, müssen wieder nach Hause.
Doch schnell geraten Jules Überzeugungen ins Wanken. Ist es wirklich in Ordnung, den jungen Schwulen nach Uganda zurückzuschicken, wo ihm der Tod droht, wenn andere von seiner Neigung erfahren? Und was ist mit dem Ehepaar aus Mazedonien, das keine Chance auf Arbeit hat, weil Roma die in diesem Land nicht bekommen? Und deren Sohn, ein Autist, dort nicht behandelt werden kann?
Maria Braig macht deutlich, dass hinter jeder Flucht eine Lebensgeschichte steckt und die Einteilung in gut und schlecht nicht einfach ist. Das Thema Migration hat sie auch schon in ihren anderen Büchern aufgegriffen, etwa in „Nennen wir sie Eugenie“. Hier beschreibt sie die Geschichte aber aus Jules Sicht, einer Deutschen, deren Weltbild durch die Begegnung mit den Geflüchteten nach und nach ins Wanken gerät. Braig nimmt ihre Leser mit durch Jules Lebenskrise. So etwas könnte schiefgehen. Hier gelingt es aber.
Die Asylentscheiderin. Roman. Verlag 3.0, 258 Seiten, 12,90 Euro