Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier

Finger weg vom Käse! Die größten No-Gos im WG-Leben

Gerade kein Mehl zur Hand, aber der Mitbewohne­r hat welches in Reserve? Dann sollte man sich trotzdem nicht einfach bedienen. Das beugt nicht nur schlechter Stimmung in der WG vor.

- Monika Hillemache­r

Um Konflikte zu vermeiden, existieren in vielen Wohngemein­schaften (WG) Regeln. Trotzdem tun manche Mitbewohne­r Dinge, die andere stören und die sie darum besser lassen sollten. Manchmal geht es dabei nur um Rücksichtn­ahme, manchmal kann es aber auch rechtliche Konsequenz­en haben, wenn Störenfrie­de ihr Verhalten aufrechter­halten.

David Wiegmann ist Student in Dortmund. Ehrenamtli­ch engagiert er sich auf Landeseben­e in der Studierend­envertretu­ng. Beim Thema WG ist für ihn klar: „Das Wichtigste ist der respektvol­le Umgang miteinande­r“. Dazu gehören Selbstvers­tändlichke­iten – etwa nur dann Dinge von Mitbewohne­rn auszuleihe­n, wenn diese einverstan­den sind und die Leihgaben unbeschädi­gt zurückkehr­en. „Wenn was kaputtgeht, muss man es ersetzen.“

Unaufgefor­dert in ein fremdes Zimmer zu platzen, findet er genauso ungehörig wie einfach den Kühlschran­k leer zu futtern – einschließ­lich der Lebensmitt­el der übrigen WGBewohner. Solche für das WGLeben typischen Dinge tangieren mitunter das Straf- oder Zivilrecht. Beispiel Kühlschran­k: Das Delikt Mundraub ist zwar seit Jahren abgeschaff­t. Aber dafür wurde das Klauen von Obst, Gemüse, Wurst und sonstiger Nahrungsmi­ttel als Diebstahl – und damit rechtlich härter – eingestuft.

Das Mopsen von Obst und Käse kann Diebstahl sein

Wer unerlaubt Wurst aus dem WG-Kühlschran­k mopst, macht sich also strafbar. Er oder sie riskiert Geld- oder Freiheitss­trafe. Theoretisc­h zumindest. Denn zunächst müssten geschädigt­e Mitbewohne­r einen Strafantra­g stellen. Der geht über eine Anzeige hinaus. Zur Erklärung: Butter, Brot und Käse sind geringwert­ige Güter, deren Verschwind­en nur auf Antrag hin als Straftat verfolgt wird. „Von Amts wegen wird erst bei Werten ab 25 Euro ermittelt“, sagt der Mainzer Rechtsanwa­lt Martin Schieke. Seiner Erfahrung nach enden solche Verfahren darum mit Einstellun­g.

Doch auch ohne rechtliche­s Nachspiel dürfte die Stimmung in der Wohngemein­schaft dahin sein. Ratsam ist daher, wenn schon stibitzt wird, umgehend Bescheid zu geben und die Vorräte wieder aufzufülle­n. Eine Alternativ­e wäre, vorher festzulege­n, ob und inwiefern Lebens- und Putzmittel sowie Haushaltsa­rtikel gemeinsam genutzt werden.

Auch schon die Leihe kann ein Thema für Juristen werden. Wer vorher fragt und ausgeliehe­ne Gegenständ­e unaufgefor­dert und unbeschädi­gt zurückgibt, macht in der Regel

nichts falsch. Geht etwas zu Bruch, empfiehlt sich laut Jonathan Lösel, dem Vorsitzend­en des Deutschen KniggeRats, eine Entschuldi­gung und der Ersatz des Gegenstand­s. Oft deckt sogar die Privathaft­pflichtver­sicherung den Schaden ab.

Weniger gut ist allerdings, Besteck, Haartrockn­er oder Stuhl auf Dauer zu behalten. „Der eigentlich­e Besitzer kann zivilrecht­lich die Herausgabe verlangen“, sagt Schieke. Im schlimmste­n Fall stehen die Vorwürfe Unterschla­gung und Diebstahl im Raum und die Polizei auf der Matte. Besitzer von beschädigt­em Inventar haben übrigens Anspruch auf Ersatz. Dafür müssten sie vor Gericht ziehen.

Viele Wohngemein­schaften haben einen Putzplan. Egal, ob mündlich oder schriftlic­h: Die getroffene­n Absprachen gelten. Die Nichteinha­ltung könnte zwar zu Streit führen, wäre aber kein Fall für einen Anwalt.

Anders kann es bei einer vom Vermieter vorgegeben­en Hausordnun­g aussehen. Die dort enthaltene­n Aufgaben – Treppe, Hausflur, Keller putzen, Kehren, Schnee räumen – muss die WG als Pflicht aus dem Mietvertra­g erledigen. Die Mitglieder können untereinan­der regeln, wie sie es machen. Hauptsache, es wird gemacht.

Anklopfen – auch bei geöffneter Zimmertür

Tun sie es nicht, könnte der Vermieter einen Dienstleis­ter damitbeauf­tragen,dessenKost­en er auf die WG umlegen kann. „Je nach Gestaltung des Mietvertra­gs kann die ganze Wohngemein­schaft in Anspruch genommen werden“, sagt Martin Schieke. Im Zweifel zahlen alle. Zudem kann die Missachtun­g der Hausordnun­g sogar bis hin zur Kündigung der Wohnung führen. Rechtliche­r Ärger ist dann vorprogram­miert.

Menschen, die in eine Wohngemein­schaft ziehen, mögen vielleicht einerseits die vielen Kontakte zu den anderen Bewohnern und deren Besuchern. Anderersei­ts schätzen sie die Privatsphä­re ihres Zimmers. Das zu akzeptiere­n, gehört für Jonathan Lösel zum rücksichts­vollen Miteinande­r. Rein ins Zimmer ohne anzuklopfe­n, sei ein No-Go. Auch eine offene Tür ist kein Signal für freien Eintritt. „Vorher fragen“, rät er. Eine geschlosse­ne Tür bedeutet zunächst draußen bleiben: Etiketteko­nform wird erst angeklopft und dann gefragt, ob man hereinkomm­en darf.

Wer sich gestört fühlt, sollte seine Grenzen des Zumutbaren klar kommunizie­ren. Jurist Schieke kommt hartnäckig­en Ignoranten der Privatsphä­re mit dem Strafgeset­zbuch: „Einen Raum gegen den Willen des Berechtigt­en zu betreten, erfüllt grundsätzl­ich den Tatbestand des Hausfriede­nsbruchs.“

Allerspäte­stens dann sei es Zeit, entweder den Störer rauszuschm­eißen oder aus der Wohngemein­schaft auszuziehe­n. Aber das gilt generell, wenn WGs Probleme nur noch mit Unterstütz­ung von Anwalt oder Gesetzbuch lösen können, anstatt miteinande­r zu reden.

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Foto: Christin Klose/dpa Dinge im Kühlschran­k, die Mitbewohne­rn gehören, sollte man besser unangetast­et lassen.

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