Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier
Landrat: „Klinikbauten sind finanzierbar“
Ali Dogan und der Europa-kandidat Ingo Stucke waren zu Gast auf der Stadtverbandskonferenz der SPD. Die wählte Gerhard Beckmann erneut zum Vorsitzenden, seine Stellvertreter sind neu im Amt.
Bad Oeynhausen. Mit deutlicher, aber nicht mit überwältigender Mehrheit bestätigte die SPD Bad Oeynhausen Gerhard Beckmann für die nächsten zwei Jahre im Amt des Stadtverbandsvorsitzenden. 34 der 43 Delegierten auf der Stadtverbandsversammlung am Samstag sprachen Beckmann, der das Amt vor einem Jahr übernahm, bis 2026 ihr Vertrauen aus. Vier Delegierte stimmten mit Nein, fünf enthielten sich. Einen Gegenkandidaten gab es – wie bei den übrigen Vorstandswahlen – nicht. Neu im Amt sind Hendrike Diestelhorst und Max Holzkamp als Beckmanns Stellvertreter.
Zwei Gäste hatte die SPD zu ihrer Stadtverbandstagung in der Wulferdingsener Gaststätte Reinkensmeier eingeladen: den Spitzenkandidaten der SPD in OWL bei der Europawahl, Ingo Stucke, und Landrat Ali Dogan. Dogan hatte Beckmann schon bei der Begrüßung und seinem kleinen Rückblick auf das vergangene Jahr hervorgehoben. „Wir haben wieder einen SPD-MANN als Landrat“, sagte Beckmann. „Und mit Ali Dogan haben wir einen tollen Fang gemacht.“
Hoffen auf „den allergrößten Teil“der Fördermittel
Dogan skizzierte, was er bei seinem Amtsantritt Anfang vergangenen Jahres als Landratvorgefundenhabe:plänefür zwei Neubauten der Mühlenkreiskliniken (MKK) für geschätzte 530 Millionen Euro, von denen 75 Millionen Euro die MKK selbst beisteuern sollten. Leider habe er schnell feststellen müssen, dass die Mühlenkreiskliniken einen solchen Beitrag nicht leisten könnten. „Es geht nun eher umgekehrt: Die MKK brauchen 75 Millionen vom Kreis, um ihre Defizite auszugleichen“, sagte Dogan.
2023 betrug das Defizit der MKK gut 26 Millionen Euro, in diesem Jahr rechne er mit 24 Millionen, so der Landrat. In dieser Lage aber seien die Mühlenkreiskliniken nicht allein. „Dreiviertel der Kliniken in Deutschland machen Verluste“, sagte Dogan. Es sei eine Schande, dass mit der Krankenversorgung überhaupt Gewinne erzielt werden müssten, betonte er.
Den Förderantrag für die Mkk-neubauten habe man inzwischen stark überarbeitet. Für den Anbau an die Auguste-viktoria-klinik und den Neubau in Espelkamp würden die Kosten auf 350 Millionen Euro geschätzt. Und davon könnten die Mühlenkreiskliniken bis zu 178 Millionen Euro Fördermittel von Bund und Land bekommen. Derzeit werde der Antrag von der Bezirksregierung in Münster geprüft, am 6. September soll er dann im Nrw-gesundheitsministerium eingereicht werden. „Wenn es womöglich auch nicht die volle Fördersumme sein wird, so hoffen wir doch, dass wir den allergrößten Teil davon für uns gewinnen können“, erklärte der Landrat.
Die finanziellen Belastungen, die dennoch auf den Kreis und damit auch auf die Kommunen zukommen, seien schon eine erhebliche Herausforderung, räumte Dogan ein. „Aber sie kommen nicht auf einen Schlag“, versicherte der Landrat, da die volle Summe ja nicht schon gleich zu Baubeginn abgerufen werden müsse. Positive Effekte seien durch die Restrukturierung der MKK zu erwarten. „Und wenn die Neubauten erst eröffnet sind, wird die Kreisumlage auch wieder abschmelzen“, so Dogan. Er sei sicher: „Das alles ist finanzierbar.“
Kurz streifte der Landrat auch die Themen Kitaplätze und OGS, öffentlicher Nahverkehr und Abfallwirtschaft. Die Hälfte seiner Arbeitszeit, die Dogan mit 80 bis 90 Stunden pro Woche umriss, widme er aber den Mühlenkreiskliniken, sagte er.
Mit dem Bekenntnis „Von Beruf bin ich Pastor“eröffnete Ingo Stucke seine Rede. Und erntete den Zwischenruf „Das hört man“aus dem Publikum – vermutlich eine Würdigung der sonoren Stimmlage des Spitzenkandidaten der SPD in OWL bei der Europawahl am 9. Juni. „Das ist eine wichtige Wahl, eine Wahl, die auch darüber entscheidet, welche Welt wir unseren Kindern hinterlassen wollen“, sagte Stucke. Nicht nur, weil die Mehrheit aller Gesetze, die in Deutschland erlassen würden, auf Vorgaben von der EU beruhen.
„Bei dieser Wahl geht es auch um den Frieden in Europa“, sagte der Bielefelder. Er sei froh, dass Olaf Scholz in dieser Situation Kanzler sei „und dass unsere Partei nicht nur auf die Scharfmacher hört.“Angesichts des Angriffs von Russland auf die Ukraine sei Aufrüstung notwendig, ja. „Aber auf das Notwendige und Sinnvolle begrenzt“, betonte der 52jährige Theologe und Historiker. Der auch die Position des Fraktionschefs der SPD im Bundestag, Rolf Mützenich, verteidigte, de rein„ Einfrieren“des ukraine krieges ins gespräch gebracht hatte .„ Kriege werden heute in der Regel nicht durch Friedensverträge, sondern durch ein Einfrieren beendet“, sagte Stucke. „Wir brauchen beides: Abschreckung und die Bereitschaft zur Diplomatie“, sagt er und zitierte dazu ein afrikanisches Sprichwort: „Rede sanft, aber habe einen starken Knüppel.“
Damit er ein Mandat für das Europaparlament gewinnt, müsste die SPD am 9. Juni 24 Prozent der Stimmen bekommen, verriet Stucke. „Also, ich suche jetzt noch nicht unmittelbar nach einer Wohnung in Brüssel“, sagte er launig.
Außer den drei Vorstandsposten war auch der Rest des Führungsteams der SPD Bad Oeynhausen zu besetzen. Die Sozialdemokraten bestätigten Schriftführer Marcel Butzkies mit 40 Ja-stimmen undKassier erkristi an piechulek mit allen 42 Stimmen–ein Delegierter war schon gegangen – in ihren Ämtern. Mangels Bewerbern wird Max Holzkamp neben dem stellvertretenden Vorsitz auch weiterhin die Funktion des Mitglieder beauftragten ausfüllen. Als solcher plädierte Holz kam pan die Partei, weniger marktschreierisch bei der Werbung um neue Mitglieder zu agieren. „Wir machen uns interessanter, wenn wir nicht so oft schreien“, sagte Holzkamp. Sein Rat: „Wir sollten unsere politische und inhaltliche Arbeit so gut wie möglich machen. Und dann auch darüber sprechen. Also Werbung mit Inhalten machen.“
Wie viele Mitglieder denn die SPD aktuell in Bad Oeynhausen überhaupt habe, wollte Hans-hermann Hottel wissen. Die Antwort mussten Holzkamp und Beckmann schuldig bleiben. Dazu müsse man die Zahlen von den Ortsvereinen bekommen, sagte der Vorsitzende und räumte ein: „Ja, das ist ein wenig paradox.“