Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier
Gibt es einen Strohmann im Bordell?
Der Kreis hat der vorbestraften Betreiberin die Erlaubnis für den Sg-club entzogen. Nun folgt ein Wechsel an der Spitze, doch die 38-Jährige ist mit einer neuen Firma weiter aktiv.
Kreis Minden-lübbecke/porta Westfalica. Einst war das „Haus Kurfürst“ein Hotel, das liegt aber schon ein paar Dekaden zurück. Die Inhaber entwickelten in den vergangenen 40 Jahren aus dem denkmal geschützten Gebäude eines der größten Bordelle im Dreieck Bielefeld-hannover-kassel. Das gerät seit der Coronazeit immer wieder in die Schlagzeilen. So darf die einstige Betreiberin das Freudenhaus in Lerbeck aufgrund einer Vorstrafe nicht mehr leiten, ist dort aber weiter aktiv. Hat sie möglicherweise einen Strohmann installiert? Zusätzliche Fragen wirft die Gründung einer neuen Firma auf.
Rückblick: Im Mai 2023 verurteilten die Richter des Mindener Schöffengerichts die damals nicht vorbestrafte 38-Jährige wegen Betrugs zu einer Geldstrafe in Höhe von 18.000 Euro. Zudem muss die Geschäftsfrau fünf Coronahilfen (Gesamtsumme 55.521 Euro) zurückzahlen. Diese hätte sie gar nicht bekommen dürfen, weil der Kreis den Sg-club – völlig unabhängig von der Pandemie – aufgrund einer fehlenden Genehmigung geschlossen hatte. Die Bezirksregierung hätte somit die Subventionen gar nicht genehmigen dürfen.
Da das Urteil inzwischen rechtskräftig ist, hat das Rechts- und Ordnungsamt des Kreises reagiert. Denn die 38Jährige erfüllt mit der Vorstrafe nicht mehr die Kriterien, um ein solches Etablissement führen zu dürfen. Laut Prostituierten schutzgesetz ist Zuverlässigkeit erforderlich und diese nach der Verurteilung nicht mehr gegeben. Kreis-sprecherin Mirjana Lenz bestätigt auf Mt-anfrage, dass die Erlaubnis zum Betrieb eines Prosti tut ions gewerbes im Januar 2024 widerrufen worden sei. Nachdem das Gesetz 2017 in Kraft getreten ist, hat der Kreis nach Angaben der Sprecherin insgesamt fünf Personen eine solche Erlaubnis nicht erteilt.
Seitdem die 38-Jährige nicht mehr für den Sg-club verantwortlich sein darf, hat sich im Hintergrund offenbar einiges getan. Sexuelle Dienstleistungen gibt es dort weiterhin an jedem Tag des Jahres, wie es auf der Internetseite heißt. Ihre Geschäftsanteile in der Ende 2023 neu gründeten Großer Kurfürst Verwaltungs Gmbh hat die 38-Jährige abgegeben. Inzwischen ist ein 50jähriger Portaner zum Geschäftsführer bestellt worden.
Mt-informationen zufolge stammt der Mann nicht aus dem Rotlichtmilieu; es könnte sich vielleicht um einen Strohmann handeln. „Sollten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Strohmannverhältnisse im gewerberechtlichen Sinne vorliegen, würde ein Widerruf einer Erlaubnis eingeleitet werden“, kündigt der Kreis an.
Gleichzeitig hat die einstige Betreiberin mit der REB Vermögensverwaltungs UG selbst eine Firma gegründet, deren Geschäftsadresse (An der Pforte 1) identisch ist mit der des Bordells. Gegenstand des Unternehmens ist laut Handelsregisterauszug der An- und
Verkauf von Immobilien und Mobilien sowie deren Vermietung. Ist damit womöglich auch die Zimmervermietung im Sg-club gemeint? Schließlich ist das eine zentrale Einnahmequelle des Freudenhauses, wenn Prostituierte sich dort einmieten und dafür zahlen. Oder ist die Firma fernab des Rotlichtmilieus tätig? Eine Mt-anfrage dazu ließ die 38Jährige unbeantwortet.
Im vergangenen Jahr suchte das Haus für fünf Jahre einen Geschäftsführer. Nach diesem Zeitraum dürfte die Frau wieder einsteigen. Bei vorbestraften Bordell betreibern sind laut Prostituierten schutzgesetz lediglich die letzten fünf Jahre relevant. Sollte sie indem Zeitraum nicht auffallen, darf die 38-Jährige wieder auf eine Erlaubnis hoffen.
Überrascht zeigt sich der Kreis vond er jüngstenEnt wicklung und teilt auf Anfrage mit, dass ihm der Handelsregisterauszug bislang nicht bekannt sei .„ DieREBVermögens v er wal tungsUG ist kein Teil des Betriebs konzeptes “, so Sprecherin Mirjana Lenz. Für den Kreis bedeute das jedoch nicht, dass das Gewerbe auch ausgeübt werde. „Erst wenn tatsachen vorliegen, dass Räume derREBVermö gens v er wal tungsUG für sexuelle Dienstleistungen genutzt werden, können ordnungsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden “, heißt es aus dem Kreis haus. Für solche intimen Dienste müsste nämlich ein entsprechender Antrag gestellt werden.
Zwar ist zuletzt ein Antrag bei der Stadt Porta eingegangen, der bezieht sich aber auf eine Gaststätten genehmigung im Sg-club, wie Stadtsprecherin Babette Lissner mitteilt. Essen und Getränke werden in dem Bordell aktuell nur den Prostituierten serviert. Bald sollen auch die männlichen Gäste wieder an der Bar bedient werden. Zu der Frage, wer hierbei als Wirt fungieren könnte, äußert sich die Stadt Porta aus Gründen des Datenschutzes nicht.
Neben der ehemaligen Betreiberin musste sich im vergangenen Jahr ihr Ehemann vor dem Amtsgericht Minden verantworten. Auch er hatte zwischen 2020 und 2021 Corona-soforthilfen und Kurzarbeitergeld in Höhe von insgesamt rund 130.000 Euro beantragt und unberechtigt erhalten. Am Ende verurteilte das Gericht den Mann im November 2023 zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.400 Euro. Die 130.000 Euro wird er voraussichtlich aufgrund eines Insolvenzverfahrens niemals zurückzahlen können. Der Fall könnte in einem Berufungsverfahren am 14. Mai vor dem Landgericht Bielefeld neu aufgerollt werden, sofern Rechtsanwalt Peter Jahn nicht noch auf Rechtsmittel verzichten sollte.
Auch die 38-jährige Gattin muss sich im Sommer am 9. Juli vor dem Amtsgericht Minden einem weiteren Vorwurf stellen. Sie hatte ebenfalls Kurzarbeitergeld beantragt und dadurch 50.000 Euro eingenommen. Die Staatsanwaltschaft klagt sie wegen Betrugs an. Am Ende und wenn das Schöffengericht ähnlich entscheidet wie bei ihrem Mann, könnte das die nächste Vorstrafe bedeuten und die finanzielle Lage des Ehepaars weiter verschlechtern.