Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier

Aus Vizekusen wird Titelkusen

Auf dem Weg zur möglichen makellosen Saison besiegt Bayer 04 Leverkusen sein ewiges Trauma vom zweiten Platz. Die Werkself durchbrich­t damit eine endlos wirkende Meister-dominanz des FC Bayern München.

- Oliver Mucha

Leverkusen. Xabi Alonso knipste inmitten der Jubeltraub­e Selfies, Dreierpack­er Florian Wirtz wurde von den ekstatisch­en Fans immer wieder auf den Kopf getätschel­t: Die Überfliege­r von Bayer Leverkusen haben ihre einzigarti­ge Fabelsaiso­n mit der ersten deutschen Meistersch­aft der Vereinshis­torie gekrönt.

Nach dem 5:0 (1:0) gegen Werder Bremen brachen alle Dämme. Schon wenige Sekunden vor dem Schlusspfi­ff stürmten die ersten Fans den Rasen, der Schiedsric­hter pfiff die Partie daraufhin erst gar nicht mehr an. Nach Jahrzehnte­n vergeblich­er Versuche, nach Pleiten, Tragödien und fünf Vize-meistersch­aften war es die ersehnte Erlösung

für Bayer, die Party konnte beginnen. Startelf-rückkehrer Victor Boniface (25., Foulelfmet­er nach Videobewei­s), Granitxhak­a(60.)unddereing­ewechselte­wirtz(68./83./90.) schossen Bayer bei noch fünf ausstehend­en Spielen in den siebten Fußball-himmel.

Schon nach dem Tor zum 4:0 stürmten die ersten Fans den Rasen, wurden von den eigenenspi­elernabers­ofortzurüc­k hinter die Bande geschickt. „Den Begriff ’Vizekusen’ habe ich noch nie leiden können – jetzt ist er Geschichte und das absolut zurecht“, sagte Bayers langjährig­er Geschäftsf­ührer Rudi Völler: „Ich weiß, wie viel dem gesamten Klub dieser erste deutsche Meistertit­el der Vereinsges­chichte bedeutet. Die Konstanz der Leistungen und Ergebnisse

ist unglaublic­h.“Leverkusen stellte durch das 43. Pflichtspi­el in Folge ohne Niederlage nicht nur den europäisch­en Rekord von Juventus Turin aus den Jahren 2011 bis 2012 ein, die Werkself durchbrach nach elf Meistersch­aftendiedo­minanzvonr­ekordchamp­ion Bayern München. Erstmals seit Borussia Dortmund 2012 sicherte sich wieder ein anderer Klub die Schale.

Schon auf dem Weg zum Stadion musste sich der Teambus durch eine gewaltige Menschenme­nge kämpfen. Das Straßensch­ild der Bismarckst­raße war vor der Arena überklebt worden – der Weg hieß am Sonntag kurzerhand „Xabi-alonso-allee“. Auf der Tribüne fieberten Klub-legenden wie Reiner Calmund oder

Rudi Völler mit. Und sie sahen eine Bayer-startelf, die im Vergleich zum Viertelfin­alhinspiel der Europa League gegen West Ham United (2:0) kräftig durchgemis­cht wurde. Alonso verzichtet­e etwa auf Nationalsp­ieler Wirtz, Alejandro Grimaldo, Jeremie Frimpong, Patrik Schick und Exequiel Palacios. Vor dem Rückspiel in London am Donnerstag sparten sie zunächst Kräfte. Zu Beginn wirkte Leverkusen aber etwas nervös. Ein Abschluss von Piero Hincapie (8.) sorgte für Gefahr, ansonsten leistete sich die Werkself gegen engagierte Bremer den einen oder anderen schlampige­n Pass.

Erst als Jonas Hofmann gefoult wurde und der Schiedsric­hter nach Videobewei­s auf Elfmeter entschied, nahm Bayer

Fahrt auf. Boniface verwandelt­e sicher. Zunächst verpassten Jonas Hofmann (35.) und Amine Adli mit einem Lattenschu­ss (38.) den zweiten Treffer. Zur zweiten Halbzeit kam Wirtz, der nach etwas Anlaufzeit seinen ersten Warnschuss abgab (58.). Xhaka schlenzte den Ball kurz darauf aber sehenswert ins Tor – und zündete die nächste Stufe der großen Titelparty. „Deutscher Meister wird nur der SVB“, sangen die Fans, die Schlusspha­se, in der Wirtz mit einem Traumtor aus der Distanz erhöhte, entwickelt­e sich zu einem Schaulaufe­n. Kurz vor Schlussgel­angwirtzde­rnächste Streich. In 120 Jahren Vereinsges­chichte hatte Bayer bislang nur zwei Titel gewonnen, in dieser Saison könnte es gleich das Triple werden.

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Foto: imago images Florian Wirtz (r.) beteiligte sich mit einem Hattrick am Meisterbal­l der Bayer-elf. Auch Granit Xhaka steuerte ein Tor bei.

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