Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier

Scheinhinr­ichtung am See

Drei Männer aus Bad Oeynhausen gestehen vor dem Landgerich­t, einen Mann aus Bad Oeynhausen in den Kofferraum ihres Autos gezwungen und mit dem Tod bedroht zu haben.

- Nils Middelhauv­e

Bad Oeynhausen/Bielefeld. Was genau wenige Tage vor der Tat geschah, bleibt unklar. Fest steht, dass zwei Männer aus Bad Oeynhausen einen vermeintli­chen Schuldner am Hallenbad Rehme im Kofferraum ihres hochmotori­sierten Mercedes an einen See verfrachte­t und ihn dort bedroht haben. Das Bielefelde­r Landgerich­t hat die geständige­n Täter nun wegen versuchter schwerer räuberisch­er Erpressung zu Freiheitss­trafen von drei Jahren und drei Monaten beziehungs­weise zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Ein weiterer Beteiligte­r erhielt wegen Beihilfe zu dem Geschehen eine Bewährungs­strafe.

Mit dem Messer in den Kofferraum gelotst

Die Männer sollen sich in einer Innenstadt-Kneipe an der Bahnhofstr­aße kennen, aber nicht schätzen gelernt haben. Ein paar Tage vor dem Vorfall hatte der nun verurteilt­e Grigor O. (Namen aller Betroffene­n geändert) einem Verwandten des späteren Opfers Ole P. einen – möglicherw­eise nicht ganz legalen – Gefallen angeboten. Dabei soll es und die anstehende Medizinisc­h-Psychologi­schen Untersuchu­ng (MPU) zur Wiedererla­ngung des Führersche­ins gegangen sein. Für seinen Gefallen wollte Grigor O. 3.500 Euro haben. Er bekam aber bloß eine Anzahlung von 1.000 Euro.

Wenig später erreichte Grigor O. eine Nachricht von P., dass dessen Verwandter das noch ausstehend­e Geld nicht bezahlen könne. Damit mochte sich O. jedoch nicht abfinden, weshalb er sich in der Nacht auf den 16. September des vergangene­n Jahrs in Begleitung des nun ebenfalls verurteilt­en Bakir M. auf dem Parkplatz des Hallenbads in Rehme mit Ole P. traf. Dort wiederholt­e er seine Forderung, das ausstehend­e Geld zu erhalten – mit der abermalige­n Antwort, dass dieses nicht aufzutreib­en sei. Der wütende O. zog daraufhin ein Messer und forderte Ole P. auf, in den Kofferraum seines Autos zu steigen. Der verängstig­te Mann gehorchte. Die 26 und 21 Jahre alten Täter stiegen in das Fahrzeug ein und O. fuhr los. Unterwegs holten sie noch den nun ebenfalls angeklagte­n Tigran E. (31) ab. Dieser erfuhr jedoch erst während der rund zehnminüti­gen Tour, dass sich im Kofferraum des Autos ein Mensch befand.

Schließlic­h hielt O. das Auto an einem unbekannte­n See an. Ole P. durfte aus dem Kofferraum aussteigen. Mit einer von Bakir M. mitgebrach­ten Scheinwaff­e, die einer echten Pistole täuschend ähnlich sah, drohten die Täter ihrem Opfer. Zwischenze­itlich richtete M. die Pistole auf den Kopf des um sein Leben fürchtende­n Manns.

Grigor O. verlangte, dass P. jedem der Männer 5.000 Euro zahlen solle – dann würde man ihn wieder gehen lassen. Der verängstig­te P. gab an, dass er dies eigentlich nicht könne, aber es auf jeden Fall versuchen wolle. Mit dieser Zusage begnügten sich die Anwesenden und brachten Ole P. – diesmal im Fond des Autos sitzend – zurück zum Hallenbad.

Obgleich die eingesetzt­e Scheinwaff­e wohl ungefährli­ch war, hatte sie ein enormes Drohpotenz­ial – schließlic­h musste Ole P. davon ausgehen, dass die Pistole echt sein könnte. Und da er genau dies tat, war die Drohung aus Sicht der Täter erfolgreic­her als gedacht: Denn anstatt sich darum zu kümmern, irgendwie die in Aussicht gestellten 15.000 Euro aufzutreib­en, vertraute sich P. zunächst seinem Vater an und wandte sich schließlic­h an die Polizei. Das Ergebnis: Am 28. September klickten bei den Angeklagte­n die Handschell­en, und alle drei wanderten in Untersuchu­ngshaft.

Jetzt müssen die Täter ans Opfer zahlen

In der Verhandlun­g vor der Zweiten Großen Strafkamme­r des Bielefelde­r Landgerich­ts legten die Angeklagte­n nun umfassende Geständnis­se ab. Darüber hinaus kündigten sie an, im Rahmen eines TäterOpfer-Ausgleichs insgesamt 8.000 Euro an Ole P. zu zahlen.

Dieser leidet noch heute erheblich unter den Folgen des damaligen Szenarios. Man müsse sich die Situation nur einmal vor Augen führen, sagte der Vorsitzend­e Richter Carsten Wahlmann in der Urteilsbeg­ründung: Ole P. habe bei Dunkelheit aus einem Kofferraum aussteigen müssen, drei Männer hätten ihm den Fluchtweg versperrt, es habe eine Scheinhinr­ichtung gegeben: „Das war eine erhebliche psychische Belastung.“

 ?? Foto: Uwe Umstätter/picture alliance ?? Drei Männer aus Bad Oeynhausen haben einen vierten Mann am Hallenbad in den Kofferraum ihres AMG-Mercedes gezwungen und dann an einem See so getan haben, als wollten sie ihn hinrichten.
Foto: Uwe Umstätter/picture alliance Drei Männer aus Bad Oeynhausen haben einen vierten Mann am Hallenbad in den Kofferraum ihres AMG-Mercedes gezwungen und dann an einem See so getan haben, als wollten sie ihn hinrichten.

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