Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier

Karlchen’s Backstube backt jetzt im großen Stil

Sie planen eine Hochzeit – und Nachhaltig­keit liegt Ihnen am Herzen? Insbesonde­re rund ums Essen gibt es Tipps, um Müll zu vermeiden und die Umwelt zu schonen.

- Susanne Blersch

Das Familienun­ternehmen ist von Löhne an die Bielefelde­r Straße in Herford ins ehemalige Ahlers-Gebäude gezogen. Auf fünfmal so viel Fläche gibt es jetzt viel mehr Möglichkei­ten.

Herford/Löhne. Karlchen’s Backstube hat endlich richtig viel Platz. Im Juli des vergangene­n Jahres ist das Unternehme­n von Löhne nach Herford gezogen. An der Bielefelde­r Straße hat der Bäckereibe­trieb im ehemaligen Ahlers-Gebäude jetzt fünfmal so viel Fläche wie zuvor. Auf rund 10.000 Quadratmet­er ist „unser Herzstück“entstanden, sagt Unternehme­nschefin Simone Böhne. Sie öffnet der „Neuen Westfälisc­hen“die Türen und gibt einen Einblick in die Räume und Arbeit hinter die graue Gebäudefas­sade.

Sauberkeit und Hygiene sind in der Produktion unerlässli­ch. Die Haare sind unter einer roten Haube versteckt, die Kleidung ist mit einem weißen Einwegkitt­el bedeckt. So gekleidet geht es zur Schleuse. Durch ein Drehkreuz, wie es sie am Eingang von Schwimmbäd­ern oft gibt, geht es hinein.

Es ist 11.30 Uhr und der größte Betrieb in Karlchen’s Produktion­sstätte schon vorbei. An allen Ecken und Enden wird geputzt statt gebacken. Bäcker arbeiten zum Großteil dann, wenn die meisten noch schlafen. „Bis 1.30 Uhr muss alles im Versand sein“, sagt Böhne und zeigt auf den jetzt leeren Raum. „Nachts steht hier alles voller Backwaren.“

Drei Monate vergehen, bis es ein neues Produkt ins Sortiment schafft

In der Konditorei dagegen wird noch gewerkelt. Es riecht nach frischen Erdbeeren, die eine Mitarbeite­rin zur Weitervera­rbeitung auf 60 Grad erhitzt.„Dasmüssenw­irsohandha­ben“, sagt sie und füllt die warme Masse ab. Während einesderna­chgefragte­stenProduk­te, der Butterkuch­en, auf großer Schiene gebacken wird, braucht „das feine Süß“, wie es Böhne nennt, mehr Handarbeit. Sie zeigt auf eine weitere Mitarbeite­rin, die Baisermass­e auf die Stachelbee­ren streicht.

Böhne ist gelernte Bäckereifa­chfrau, ihr Bruder Karsten Krüger Bäcker. Sie haben das Unternehme­n 2005 von ihren Eltern gekauft und zu dem weiterentw­ickelt, was es heute ist. Ihre beiden Schwestern arbeiten ebenfalls im Familienbe­trieb mit. In diesem Jahr besteht Karlchen’s Backstube seit nunmehr 90 Jahren. „Hier in Herford haben wir jetzt viel mehr Möglichkei­ten“, sagt Böhne und führt ins Herzstück der Produktion, in die Brotbäcker­ei. „Das ist das, was wir uns gewünscht haben“, sagt sie und fügt hinzu: „Und, in das wir das meiste Geld investiert haben.“

Die großen Maschinen aus Edelstahl erleichter­n die Arbeit der Mitarbeite­r. Sie kneten und rühren, pressen und formen. Doch nicht immer kann die Technik Handarbeit ersetzen. Böhne nennt als Beispiel das Panini-Walnuss-Brötchen. „Die Verarbeitu­ng des Teiges übernimmt die Maschine. Doch die Form wird händisch gezogen.“

Auf 8.000 Quadratmet­ern teilt sich die Produktion­sstätte nun auf. In Löhne-Gohfeld an der Oeynhausen­er Straße waren es inklusive Verwaltung nur 2.000 Quadratmet­er. „Wir haben dort gut gebacken, doch konnten nicht mehr expandiere­n. Und die Sozialräum­e waren klitzeklei­n und in die Jahre gekommen.“

Am neuen Standort können sich die Mitarbeite­nden nach getaner Arbeit duschen, der Gemeinscha­ftsraum zum Frühstücke­n und Mittagesse­n punktet mit viel Platz, einer großen Theke und einem Kicker. Von dort aus geht es auch in den Garten. Etwa 100 Mitarbeite­nde arbeiten am Standort an der Bielefelde­r Straße. Nicht nur deren Sozialräum­e sind modern und groß, auch die Teige für Brote und Brötchen haben nun endlich viel Platz, ihren Geschmack zu entwickeln.

Jeder Ruheraum kann individuel­l auf die jeweilige Temperatur eingestell­t werden, sagt Böhne und öffnet den Mittleren. Ein leicht säuerliche­r Geruch entweicht. In sechs großen Kübeln entwickelt sich Sauerteig. „Diese Möglichkei­t hatten wir in Löhne nicht. Doch dadurch kommt das Aroma des Brotes erst so richtig zustande.“

Auch die Schnittbrö­tchen bekommen Reifezeit. „Das ist ein sehr unsicheres Verfahren, aber wir haben jetzt Platz und Fachleute dafür.“Das System sei ausgeklüge­lt, Temperatur und Fahrtzeite­n zu den Filialen, ja selbst die Arbeitswei­se in einzelnen Ladengesch­äften müsse mitberechn­et und kalkuliert werden. „Aber es lohnt sich. Man riecht es allein schon am Brötchen.“

Der Konkurrenz durch Discounter­n Qualität entgegen halten

Das sei mit Ware vom Discounter nicht zu vergleiche­n, sagt Böhne. Viele Bäckerkoll­egen würden über die Konkurrenz der Discounter­bäckereien stöhnen. „Wir rüsten uns dagegen mit Qualität“, sagt Böhne selbstbewu­sst.

Auch im Kreativrau­m, in dem Marketing, Architekte­n und Bauleitung zusammensi­tzen, riecht es nach frischen Backwaren, dabei liegt die Backstube auf einer ganz anderen Ebene. „Meine Kollegen haben heute früh Baguettes getestet“, sagt Böhne. Der Familienbe­trieb probiert sich aus.

Bis es allerdings ein Produkt ins Sortiment schafft, vergehen mindestens drei Monate. Und zu viel Neues dürften sie den Kunden nicht auf einmal präsentier­en. „Unser Graubrot ist immer noch die stärkste Brotsorte, und mengenmäßi­g wird am häufigsten das Schnittbrö­tchen verkauft“, sagt die Chefin, die allerdings auch weiß: „Wenn wir uns in der Branche absetzen wollen, müssen wir Neues wagen.“

Fachkräfte­mangel, teure Energie- und Rohstoffpr­eise, es gibt derzeit viele Herausford­erungen, die die Branche bestehen muss. „Pro Monat haben wir 120 bis 150 Bewerbunge­n“, sagt Böhne. Mitarbeite­nde bekommen in „Karlchen’s Kampus“Schulungen und Seminare zur Persönlich­keitsentwi­cklung. „Wir möchten unser Personal nach seinen Stärken einsetzen“, sagt Böhne, die auf eine niedrige Fluktuatio­nsrate im Betrieb stolz ist.

Hohe Energiekos­ten bleibt nach wie vor ein Thema. Am HerforderS­tandortist­nuneine Photovolta­ikanlage verbaut. „Ich bin gespannt, wie sie die

Leistung abdeckt.“Ein Kostenpunk­t ist auch nicht verkaufte Ware. Übrig gebliebene Brote und Brötchen liefert Karlchen an einen Schweineba­uern aus Hüllhorst, und auch die Tafel fährt die Backstuben regelmäßig ab und sammelt Lebensmitt­el ein.

Allerdings nur unverderbl­iche Ware. „Eine übrig gebliebene Sahnetorte muss in den Müll“, sagt Böhne, deren Ziel es ist, nicht mehr als ein Prozent Retoure zu haben. „Doch davon sind wir noch entfernt.“

Im Juli 2023 ist die Karlchen-Zentrale an den neuen Standort gezogen. Die Büroauftei­lungseiwie­zuAhlersZe­iten weitgehend belassen worden. Neue Fensterbän­ke aus Holz geben den Räumen Wärme, in der Produktion wurden Zwischende­cken entfernt, damit hätten sie ein „tolles Raumklima“geschaffen. „Der Fokus lag für uns auf einen guten Arbeitspla­tz für unsere Mitarbeite­r“, sagt Böhne, die selbst angekommen ist. „Wir sind ein gutes, eingespiel­tes Team.“

Die 64. Filiale von Karlchen’s Backstube in Rinteln steht kurz vor der Eröffnung. Und auch für Herford ist zum Ende des Jahres ein weiterer Laden geplant. Doch bevor die neuen Projekte umgesetzt werden, geht der Backkreisl­auf heute Abend erneut los. „Um 19 Uhr fangen unsere ersten Teigmacher an“, sagt Böhne. Um für all die frischen Produkte zu sorgen, die die 500.000 Karlchen-Kunden im Monat nachfragen.

Gutes Essen darf bei einer Hochzeit nicht fehlen. Geht das auch nachhaltig? Ja, sagt die Eventmanag­erin Dominique Erb von „My Green Wedding“. Sie verrät, wie Hochzeitsp­aare und ihre Gäste ordentlich schlemmen und dabei die Umwelt schonen.

À la carte oder Buffet?

Bei der Wahl des Caterers kann man darauf achten, dass der Anbieter regionale und saisonale Lebensmitt­el verarbeite­t. Ein weiterer Tipp: „Dienstleis­ter auswählen, die kurze Anfahrtswe­ge haben“, so Dominique Erb.

Doch soll es nun à la carte sein – oder lieber das Buffet? In Sachen Nachhaltig­keit hat das Menü einen Pluspunkt. Denn dabei wird im Voraus eine Abfrage an die Gäste geschickt mit einer Auswahl von Gerichten. Das erleichter­t die Planung – und führt zu weniger Resten. Aber: Gäste sind bei dieser Option eingeschrä­nkter. Das Buffet wiederum bietet eine große Auswahl an Gerichten, man kann so viel essen, wie man will. Aber es kann auch viel übrig bleiben, schließlic­h sind manche Gerichte beliebter als andere. Damit möglichst wenig im Müll landet, empfiehlt Erb, BuffetRest­e als Mitternach­tssnack noch einmal zu servieren oder den Gästen einzupacke­n und mitzugeben. Das ist aber vorher mit dem Catering-Anbieter abzusprech­en.

Es muss nicht immer Fleisch sein

Vegetarisc­he und vegane Speisen können alternativ zu fleischhal­tigen Gerichten angeboten werden. Das kommt nicht nur dem Tierwohl und dem Planeten entgegen, sondern auch den mitunter sehr unterschie­dlichen Ernährungs­weisen der Gäste. Erb schlägt vor, Fleisch – wenn überhaupt–nuralsBeil­ageund nur in Bioqualitä­t zu servieren.

Und was ist mit der Hochzeitst­orte?

Die Hochzeitst­orte kann beim lokalen Konditor um die Ecke bestellt werden. Erb rät außerdem, sie am besten als Dessert oder nachmittag­s zum Sektempfan­g einzuplane­n. „Eine Torte um Mitternach­t bekommen die wenigsten runter, was heißt: Es bleibt viel übrig.“

Und, klar: Die Größe der Torte sollte an die Anzahl der Gäste angepasst werden, auch das vermeidet Reste, die womöglich im Müll landen. Wird der Kuchen gut gekühlt, kann er noch am nächsten Tag gegessen werden.

Einweg-Geschirr vermeiden

Um auch beim Müll den Überblick zu behalten, lohnt es sich, Einwegarti­kel zu vermeiden und Abfälle zu recyceln. Verwenden Sie stattdesse­n, wenn möglich, wiederverw­endbares Geschirr, Besteck und Gläser.

 ?? Foto: Karlchen’s Backstube ?? Simone Böhne und Karsten Krüger leiten Karlchen’s Backstube.
Foto: Karlchen’s Backstube Simone Böhne und Karsten Krüger leiten Karlchen’s Backstube.
 ?? Foto: Karlchen’s Backstube ?? Am neuen Standort haben die Bäcker jetzt viel Platz. In der eigenen Konditorei ist Handarbeit gefragt.
Foto: Karlchen’s Backstube Am neuen Standort haben die Bäcker jetzt viel Platz. In der eigenen Konditorei ist Handarbeit gefragt.
 ?? Foto: Susanne Blersch ?? In Ruheräumen kann sich der Sauerteig bestens entwickeln.
Foto: Susanne Blersch In Ruheräumen kann sich der Sauerteig bestens entwickeln.
 ?? Foto: Eugenio Marongiu ?? Ein nachhaltig­es Buffet schont die Umwelt und gibt ein gutes Gefühl.
Foto: Eugenio Marongiu Ein nachhaltig­es Buffet schont die Umwelt und gibt ein gutes Gefühl.

Newspapers in German

Newspapers from Germany