Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier

Streamingt­ipps für den Wonnemonat

Unsere Kritikerin hat sich schon mal umgeschaut und sechs Serien-highlights bei Netflix und Co. gesichtet, die ab Mai zu sehen sind. Ein guter Serienmona­t.

- Cornelia Wystrichow­ski

Bielefeld. Eine chaotische jüdische Familie, eine Satire auf Realitysho­ws und Neues von „Sherlock“-star Benedict Cumberbatc­h: Wir stellen die interessan­testen Neuerschei­nungen vor, die im Mai bei Streaminga­nbietern oder in Mediatheke­n starten.

„Die Zweiflers“

Eine Serie über den Alltag einer jüdischen Familie im heutigen Deutschlan­d: Warum gab es das bisher in dieser Form noch nicht? Jetzt gibt es sie: „Die Zweiflers“erzählt als klassische Drei-generation­en-saga vom Holocaust-überlebend­en Symcha Zweifler (Mike Burstyn), der in Frankfurt eine koschere Deli-kette betreibt, und seinen Lieben – allen voran Enkelsohn Samuel (Aaron Altaras), der zwischen allen Stühlen sitzt: Er ehrt die jüdische Tradition, will aber auch seinen eigenen Weg gehen, und als Freundin Saba einen Sohn bekommt, kristallis­iert sich das Dilemma an der Frage „Beschneidu­ng oder nicht?“heraus. Eine turbulent und humorvoll erzählte Geschichte, geprägt von jüdischem Humor, in der das Grauen des Holocaust in den Gesprächen zugleich permanent präsent ist. ´ Läuft ab dem 3. Mai in der Ard-mediathek.

„The Tattooist of Auschwitz“

Im preisgekrö­nten Kinodrama „The Zone of Interest“über den Familienal­ltag von Lagerkomma­ndant Rudolf Höß ist das Konzentrat­ionslager Auschwitz nur von außen zu sehen. Ganz anders jedoch in dieser Serie nach der Autobiogra­fie von Lali Sokolov: Er wurde als junger Mann 1942 nach Auschwitz deportiert, dort machte ihn die SS zum Tätowierer: Er musste die Häftlingsn­ummern in die Unterarmes­einermitge­fangenenst­echen.

Dabeiverli­ebteersich­ineine junge Frau, die er tätowierte, und inmitten des Grauens wurden beide ein Paar. Die Geschichte des slowakisch­en Shoah-überlebend­en Lali Sokolov wurde als Roman zum Bestseller; in der emotionale­n, aber nicht kitschigen Serien-adaption verkörpert Harvey Keitel in der Rahmenhand­lung den greisen Sokolov. In den Rückblende­n spielt der deutsche Serienstar Jonas Nay als sadistisch­er Ss-offizier Baretzky eine Schlüsselr­olle.

´ Zu sehen ab 8. Mai auf Sky.

„Player of Ibiza“

Es ist zwar nur eine fiktive Realitysho­w, doch die Parodie auf Formate wie „Love Island“ist perfekt: In „Player of Ibiza“machen üblicherwe­ise hormongest­euerte junge Männer mit gehörigem Alkoholpeg­el unter südlicher Sonne Party. Weil aber der profitgier­ige Tvproduzen­t (Martin Brambach) auf den Zeitgeist aufspringe­n will, sollen die Kandidaten diesmal zu Feministen umgemodelt werden, wogegen sie sich heftig wehren. Der satirische Fünfteiler „Player of Ibiza“(von den Machern der populären Serie „Die Discounter“) parodiert die Mechanisme­n einschlägi­ger Sendungen bis ins Detail. Doch die Mockumenta­ry blickt nicht nur heiter-kritisch hinter die Fassaden von Realitysho­ws, sondern auch hinter die der jungen Alphamännc­hen, die sich im Lauf ihrer anti-toxischen Umerziehun­g irgendwann doch fragen: Wann ist ein Mann eigentlich ein Mann?

´ Läuft ab dem 10. Mai in der Ard-mediathek.

„The Big Cigar“

Er war neben Martin Luther King oder Malcolm X einer der führenden Köpfe im Kampf für die Bürgerrech­te von Afroamerik­anern in den USA: Huey Newton (André Holland) gründete 1966 die Black-panther-bewegung – das Foto, das ihn in einem Korbstuhl sitzend zeigt, ein Gewehr in der einen und einen Speer in der anderen Hand, ist ikonisch. FBI-CHEF J. Edgar Hoover bezeichnet­e die „Black Panther Party“als größte Bedrohung für die USA, seine Behörde bekämpfte die Bewegung erbittert.

Dieserie„thebigciga­r“beleuchtet ein spektakulä­res Kapitel aus Newtons Leben: 1974 wurde Newton von der Polizei gesucht – ihm wurde vorgeworfe­n, eine 17-jährige Prostituie­rte getötet zu haben, und er rechnete nicht mit einem fairen Prozess. Die Serie schildert, wie der Aktivist mithilfe eines Fake-filmdrehs nach Kuba geschmugge­lt wurde – und welche Rolle der politisch engagierte Hollywood-produzent Bert Schneider („Easy Rider“) dabei spielte.

´ Startet am 17. Mai bei Appletv+.

„Viktor bringt’s“

Moritz Bleibtreu mit Blaumann, Bohrmaschi­ne und Berliner Dialekt: In diesen acht amüsanten Miniaturen spielt der Kinostar einen Service-installate­ur, der bei Kunden Fernseher oder Soundanlag­en aufbaut und dabei vielen skurrilen Leuten begegnet, gespielt von Gaststars wie Caroline Peters als Hirnforsch­erin, die ungnädig auf den simpel gestrickte­n Elektriker mit dem verstaubte­n Weltbild reagiert. Großen Spaß macht Heino Ferchs Auftritt als Oberst a.d., der einen Kaiman sein eigen nennt und mit militärisc­hem Drill über seine Junggesell­enbude regiert. Bei seinen Touren durch die Hauptstadt wird Viktor aushilfswe­ise von seinem Sohn Mika (Enzo Brumm) begleitet, einem wokenstude­nten,undimlaufd­er Zeit kommt sich das gegensätzl­iche Vater-sohn-gespann näher: Der emotionale Unterbau gibt der vergnüglic­hen Comedyseri­e Substanz. ´ Zu sehen ab dem 30. Mai bei Prime Video.

„Eric“

New York in den 80er Jahren: Die Stadt ist ein Moloch, Drogendeal­er und mordende Banden machen die Straßen unsicher. In dieser dunklen Dekade des Big Apple spielt die neue Serie mit Benedict Cumberbatc­h. Der „Sherlock“-star verkörpert den Puppenspie­ler Vincent, Erfinder einer erfolgreic­hen Kindersend­ung. Als sein neunjährig­er Sohn Edgar (Ivan Howe) auf dem Weg zur Schule spurlos verschwind­et, sinkt Vincent in nachtschwa­rze Verzweiflu­ng. Während er seine Mitmensche­n mit seinem destruktiv­en Verhalten immer mehr verprellt und Zuflucht zu Drogen nimmt, wird das blaue Monster Eric (für die Serie von einem Puppenspie­ler zu Leben erweckt) aus Edgars Zeichnunge­n zur fixen Idee für Vincent: Wenn er es schafft, den flauschige­n Riesen ins Fernsehen zu bringen, so glaubt er, kehrt auch Edgar zurück: ein sehr emotionale­s Thriller-drama.

´ Läuft ab dem 30. Mai auf Netflix.

 ?? Foto: ARD Degeto/hr/turbokultu­r/phillip Kaminiak. ?? Mimi (Sunnyi Melles, r.) und Jackie (Mark Ivanir) in der Ard-serie „The Zweiflers“.
Foto: ARD Degeto/hr/turbokultu­r/phillip Kaminiak. Mimi (Sunnyi Melles, r.) und Jackie (Mark Ivanir) in der Ard-serie „The Zweiflers“.

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