Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier
Tuchels Ansage vor dem Klassiker
FC Bayern gegen Real Madrid – größer wird’s nicht! Für den Traum vom Finale in Wembley müssen die Münchner allerdings die vielen störenden Nebengeräusche ausblenden.
Im „Krieg von München“zwischen Uli Hoeneß und Thomas Tuchel müssen die Waffen ruhen, die „Mutter aller Europapokalduelle“mit dem furchteinflößenden Champions-leaguemonster duldet keine Ablenkung. „Real Madrid, es zählt nur noch Real Madrid“, sagte Trainer Tuchel und deutete sich mit beiden Zeigefingern auf den Kopf. Dort soll kein Platz mehr sein für den laut Tuchel „abgehakten“Zwist mit Hoeneß, obwohl der Dauernörgler vor dem wichtigsten Spiel des Jahres sogar noch einmal nachlegte.
Patron Hoeneß versicherte im Fachmagazin „Kicker“unnachgiebig, er stehe zu seiner beißenden Kritik am Coach. Zugleich betonte der Ehrenpräsident des FC Bayern, „wild entschlossen zu sein, meine Meinung wieder deutlicher zu machen“. Doch Tuchel wischte den Krach vor dem Kracher entschieden beiseite. „Da sag ich nix mehr dazu!“Viel lieber sprach er von seinem Final-traum, von der Rückkehr des FC Bayern nach London zum Finale am 1. Juni, elf Jahre nach dem 2:1-Triumph über Dortmund. „Unser Ziel ist es, nach Wembley zu gehen – und da zu gewinnen“, betonte Tuchel – und sprach allen Münchnern aus der Seele.
„Alle brennen“, versicherte Max Eberl vor dem 27. Hit gegen die Königlichen, auch der Sportvorstand ist elektrisiert. „Es steht was ganz Besonderes vor der Tür, das fühlt sich an wie Weihnachten.“Die Bescherung soll in der Kathedrale des englischen Fußballs folgen. Kapitän Manuel Neuer, neben Ur-bayer Thomas Müller letzter Veteran der magischen Nacht von 2013, kann sich „noch gut erinnern“und forderte: „Es gilt alles in die Waagschale zu werfen, um dort wieder hinzukommen.“
Doch der Weg dahin sei „auf jeden Fall ein schwerer“, weiß Vorstandschef Jan-christian Dreesen. Schließlich sind die Bayern für Real längst keine „schwarze Bestie“mehr, bei den jüngsten drei Treffen scheiterten sie und verloren in der Allianz Arena immer. Trotzdem: „Zu Hause, Flutlicht, 75.000 Zuschauer, Halbfinale,
Real – was willst du mehr?!“, schwärmte Eberl. Joshua Kimmich ergänzte: „Es ist schon ein ganz geiles Gefühl, ein Halbfinale gegen Real zu spielen. Da wird ein Traum wahr!“
Damit daraus im Hinspiel am Dienstag (21.00 Uhr) kein Albtraum wird, will Tuchel alle nervigen Nebengeräusche ausblenden: Den zehrenden Krach mit Hoeneß, den das Real-hausblatt Marca zum „Krieg“stilisierte, die langwierige Debatte um seinen möglichen Nachfolger Ralf Rangnick und die quälenden Personalsorgen. Drei Spieler sind verletzt (Kingsley Coman, Bouna Sarr, Sacha Boey), fünf weitere angeschlagen. Bei Leroy Sané und Jamal Musiala erwartet Tuchel „Last-minuteentscheidungen“, auch Matthijs de Ligt, Dayot Upamecano und Konrad Laimer stehen auf der Kippe. Bis auf de Ligt waren aber alle im Abschlusstraining dabei.
Madrid paare „höchste individuelle Qualität mit Umschaltwucht“, warnt Tuchel. Gerade in der Champions League sei die Elf von Trainer-legende Carlo Ancelotti mit den Deutschen Toni Kroos und Antonio Rüdiger das Maß aller Dinge. „Du spielst gegen die Erfahrung, das Trikot, den Mythos“, ächzte Tuchel. Kimmich meinte, in Europa hätten die Königlichen „das gewisse Etwas“.
Was dagegen hilft? Die Superform von Superstar Harry Kane, der versprach, er werde „ein paar reinmachen“. Das frische bajuwarische Selbstvertrauen aus dem Viertelfinalcoup gegen den FC Arsenal. Und die richtige Marschroute.tuchelwillseinestars„nicht überfrachten“. Die Taktik, betonte er, „ist nur das Auto, das die Spieler fahren“. Ur-bayer Müller heizte die Fans noch mal höchstpersönlich an. „Schaut in Eure Kleiderschränke oder legt Euch was Rotes zu“, rief er und ergänzte: „Mia san mia: Rot!“Die Fans, flehte Tuchel, müssten „das Spiel atmen, das Spiel leben“.
Real hält mit demonstrativer Gelassenheit dagegen. Schon im Viertelfinale gegen Titelverteidiger Manchester City, sagte Ancelotti, „dachten alle, wir wären tot, aber man sollte uns niemals abschreiben. Madrid stirbt nie!“