Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier
Ohne Hose im Supermarkt
Immer wieder randalieren Schüler im Supermarkt, klauen, haben Sex auf der Markt-toilette oder betteln Kunden an. Der Wez-markt in Werste ist auch nach vielen Gesprächen hilflos – und lässt die Jugendlichen einen Tag nicht rein.
Bad Oeynhausen. Es grenzt an manchen Tagen an eine Verwüstung – so beschreibt der Marktleiter des Wez in Werste die Situation im Gespräch mit Eltern. Immer wieder werde der Markt in den Mittagspausen der Schulen von Jugendlichen überrannt, manchmal seien mehr als 150 Schüler gleichzeitig vor Ort. Das aber ist nicht das Hauptproblem. Sondern: Diebstähle, Parfümflaschen werden im Laden versprüht, bis sie leer sind, auf den Toiletten wurden mehrfach Jugendliche beim Sex erwischt, die Toiletten werden mutwillig verstopft, damit sie überlaufen, Kunden werden angebettelt, Ware in den Regalen absichtlich zerdrückt oder Schrauben an den Tischplatten im Café entfernt, sodass diese umklappen, wenn sich der Gast mit Kaffee setzt. Die Krönung erlebten die Mitarbeiter aber jüngst, als vier Jungs ohne Hose im Flur der Café-toiletten standen. Das war letztlich der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Der Marktleiter reagierte. Und schloss die Jugendlichen für einen Tag aus dem Markt aus. Laut Wez-chef Karl Stephan Preuß eine Aktion, die Wirkung zeige.
Karl Stephan Preuß legt Wert auf Deeskalation und möchte sich deshalb eigentlich gar nicht weiter zu den Geschehnissen in seinem Wez Markt in Werste äußern. Der Geschäftsführer des gleichnamigen Supermarkt-unternehmens aus Minden betreibt 22 Filialen im Kreisgebiet und im angrenzenden Niedersachsen.
Mitarbeiter sind mit Böllern beworfen worden
Dass es immer mal wieder Probleme gibt, wenn Schulen in unmittelbarer Nähe liegen, weiß er. Aber eine solche Situation wie in Werste scheint auch für sein Unternehmen ziemlich einmalig zu sein. „Das war schon heftig im Werster Markt“, sagt er im Gespräch mit der NW. „Zumal uns auch etliche Kundenbeschwerden erreicht haben.“
Zu der Liste der Geschehnisse im Markt reihen sich weitere Vorfälle rund um den Markt. Müll werde einfach auf den Boden geworfen, vor Kurzem seien Mitarbeiter von der anderen Bachseite mit Böllern beworfen worden und auch Pfefferspray sei bereits versprühtworden.mitfolgen:für letzteres sei sogar ein Krankenwagen notwendig gewesen. Aufgrund der Masse der Jugendlichen sei es nicht mehr möglich, für Ordnung zu sorgen.
Lange hat der Wez versucht,dievorfällediskretzuregeln, um „nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen“. „Wir haben schon seit einigen Monaten Kontakt zu den Schulleitungen und versuchen, das Ganze auf gutem Weg zu regeln“, betont Preuß. Deshalb habe es in der Vergangenheit auch keine Anzeigen gegeben. Auch wenn der Wez versichert, dass die hohe Diebstahlsrate durchaus von Ladendetektiven verfolgt werde. Erst als die NW bei der Kreispolizei in Minden nachfragte, wurden die Beamten auf die Vorkommnisse aufmerksam: Der Bezirksdienst der Polizei hat daraufhin den Markt in Werste aufgesucht: „Seitdem haben wir Kenntnis über die Vorfälle“, bestätigt Nils Schröder aus der Pressestelle der Polizei. Anzeigen seitens der Marktleitung seien bisher nicht erstattet worden.
»Wir versuchen, die Wogen zu glätten, das scheint uns zu gelingen«
„Wir versuchen, die Wogen zu glätten, das scheint uns zu gelingen“, erklärt Karl Stephan Preuß. In Absprache mit ihm habe der Marktleiter genau richtig gehandelt. „Er muss seine Kunden, die Mitarbeiter und das Inventar schützen.“Ein Schritt, der den Verantwortlichen des Marktes nicht leicht gefallen sei. „Wir haben nichts gegen Schüler – das sind ja auch Kunden. Genau wie deren Eltern. Aber wir wussten uns nicht mehr anders zu helfen.“In den langen Mittagspausen der benachbarten Schulen im Schulzentrum Nord seien teilweise 150 bis 200 Schüler gleichzeitig gekommen. Zu viel für einen mittelgroßen Markt wie in Werste. „Natürlich sind das nicht alles böse Kinder“, winkt Preuß ab,
„aber in einer größeren Gruppe entwickelt sich oft eine Eigendynamik.“Rückendeckung gab es für die Aktion auch von Seiten der Schulen, wie Preuß erklärt. „Nach unserer Auskunft dürfen die nur eingeschränkt das Schulgelände verlassen“, sagt er.
Natürlich hagelte es von Seiten der Eltern Kritik, als sie erfuhren, dass ihr jeweiliges Kind für Hausverbot im Wez hatte. „Viele Eltern haben sich beschwert über die Maßnahme, denen haben wir versucht, alles verständlich zu erklären.“Das hat nicht nur der Marktleiter übernommen, sondern auch der Chef selbst hat Eltern zurückgerufen. „Das war eine einmalige Aktion“, betont Preuß. Eine, mit der man die Schüler habe sensibilisieren wollen. Ihnen soll klar werden, dass der Markt diese Vorfälle nicht weiter hinnehme. „Wir glauben, dass sich Lage durch unsere deeskalierenden Maßnahmen inzwischen beruhigt hat“, bilanziert der Geschäftsführer. Zumal auch viele Kinder und Jugendliche Verständnis gezeigt haben. „Wir stehen aber jederzeit für Gespräche zur Verfügung.“