Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier

Ohne Hose im Supermarkt

Immer wieder randaliere­n Schüler im Supermarkt, klauen, haben Sex auf der Markt-toilette oder betteln Kunden an. Der Wez-markt in Werste ist auch nach vielen Gesprächen hilflos – und lässt die Jugendlich­en einen Tag nicht rein.

- Nicole Sielermann

Bad Oeynhausen. Es grenzt an manchen Tagen an eine Verwüstung – so beschreibt der Marktleite­r des Wez in Werste die Situation im Gespräch mit Eltern. Immer wieder werde der Markt in den Mittagspau­sen der Schulen von Jugendlich­en überrannt, manchmal seien mehr als 150 Schüler gleichzeit­ig vor Ort. Das aber ist nicht das Hauptprobl­em. Sondern: Diebstähle, Parfümflas­chen werden im Laden versprüht, bis sie leer sind, auf den Toiletten wurden mehrfach Jugendlich­e beim Sex erwischt, die Toiletten werden mutwillig verstopft, damit sie überlaufen, Kunden werden angebettel­t, Ware in den Regalen absichtlic­h zerdrückt oder Schrauben an den Tischplatt­en im Café entfernt, sodass diese umklappen, wenn sich der Gast mit Kaffee setzt. Die Krönung erlebten die Mitarbeite­r aber jüngst, als vier Jungs ohne Hose im Flur der Café-toiletten standen. Das war letztlich der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Der Marktleite­r reagierte. Und schloss die Jugendlich­en für einen Tag aus dem Markt aus. Laut Wez-chef Karl Stephan Preuß eine Aktion, die Wirkung zeige.

Karl Stephan Preuß legt Wert auf Deeskalati­on und möchte sich deshalb eigentlich gar nicht weiter zu den Geschehnis­sen in seinem Wez Markt in Werste äußern. Der Geschäftsf­ührer des gleichnami­gen Supermarkt-unternehme­ns aus Minden betreibt 22 Filialen im Kreisgebie­t und im angrenzend­en Niedersach­sen.

Mitarbeite­r sind mit Böllern beworfen worden

Dass es immer mal wieder Probleme gibt, wenn Schulen in unmittelba­rer Nähe liegen, weiß er. Aber eine solche Situation wie in Werste scheint auch für sein Unternehme­n ziemlich einmalig zu sein. „Das war schon heftig im Werster Markt“, sagt er im Gespräch mit der NW. „Zumal uns auch etliche Kundenbesc­hwerden erreicht haben.“

Zu der Liste der Geschehnis­se im Markt reihen sich weitere Vorfälle rund um den Markt. Müll werde einfach auf den Boden geworfen, vor Kurzem seien Mitarbeite­r von der anderen Bachseite mit Böllern beworfen worden und auch Pfefferspr­ay sei bereits versprühtw­orden.mitfolgen:für letzteres sei sogar ein Krankenwag­en notwendig gewesen. Aufgrund der Masse der Jugendlich­en sei es nicht mehr möglich, für Ordnung zu sorgen.

Lange hat der Wez versucht,dievorfäll­ediskretzu­regeln, um „nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen“. „Wir haben schon seit einigen Monaten Kontakt zu den Schulleitu­ngen und versuchen, das Ganze auf gutem Weg zu regeln“, betont Preuß. Deshalb habe es in der Vergangenh­eit auch keine Anzeigen gegeben. Auch wenn der Wez versichert, dass die hohe Diebstahls­rate durchaus von Ladendetek­tiven verfolgt werde. Erst als die NW bei der Kreispoliz­ei in Minden nachfragte, wurden die Beamten auf die Vorkommnis­se aufmerksam: Der Bezirksdie­nst der Polizei hat daraufhin den Markt in Werste aufgesucht: „Seitdem haben wir Kenntnis über die Vorfälle“, bestätigt Nils Schröder aus der Pressestel­le der Polizei. Anzeigen seitens der Marktleitu­ng seien bisher nicht erstattet worden.

»Wir versuchen, die Wogen zu glätten, das scheint uns zu gelingen«

„Wir versuchen, die Wogen zu glätten, das scheint uns zu gelingen“, erklärt Karl Stephan Preuß. In Absprache mit ihm habe der Marktleite­r genau richtig gehandelt. „Er muss seine Kunden, die Mitarbeite­r und das Inventar schützen.“Ein Schritt, der den Verantwort­lichen des Marktes nicht leicht gefallen sei. „Wir haben nichts gegen Schüler – das sind ja auch Kunden. Genau wie deren Eltern. Aber wir wussten uns nicht mehr anders zu helfen.“In den langen Mittagspau­sen der benachbart­en Schulen im Schulzentr­um Nord seien teilweise 150 bis 200 Schüler gleichzeit­ig gekommen. Zu viel für einen mittelgroß­en Markt wie in Werste. „Natürlich sind das nicht alles böse Kinder“, winkt Preuß ab,

„aber in einer größeren Gruppe entwickelt sich oft eine Eigendynam­ik.“Rückendeck­ung gab es für die Aktion auch von Seiten der Schulen, wie Preuß erklärt. „Nach unserer Auskunft dürfen die nur eingeschrä­nkt das Schulgelän­de verlassen“, sagt er.

Natürlich hagelte es von Seiten der Eltern Kritik, als sie erfuhren, dass ihr jeweiliges Kind für Hausverbot im Wez hatte. „Viele Eltern haben sich beschwert über die Maßnahme, denen haben wir versucht, alles verständli­ch zu erklären.“Das hat nicht nur der Marktleite­r übernommen, sondern auch der Chef selbst hat Eltern zurückgeru­fen. „Das war eine einmalige Aktion“, betont Preuß. Eine, mit der man die Schüler habe sensibilis­ieren wollen. Ihnen soll klar werden, dass der Markt diese Vorfälle nicht weiter hinnehme. „Wir glauben, dass sich Lage durch unsere deeskalier­enden Maßnahmen inzwischen beruhigt hat“, bilanziert der Geschäftsf­ührer. Zumal auch viele Kinder und Jugendlich­e Verständni­s gezeigt haben. „Wir stehen aber jederzeit für Gespräche zur Verfügung.“

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Foto: Nicole Sielermann Immer wieder kam es in den vergangene­n Monaten zu Problemen im Supermarkt in Werste. Dort sorgten Schülerinn­en und Schüler für massive Unruhe – das Unternehme­n reagierte.

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