Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier

Die Stimme der Löhner Frauen

Mehr als drei Jahrzehnte hat Monika Lüpke unermüdlic­h gegen Benachteil­igung von Frauen gekämpft. Nun geht die erste Löhner Gleichstel­lungsbeauf­tragte in Rente.

- Judith Gladow

Löhne. Ihre Arbeit war von vorneherei­n eine politische. Als Monika Lüpke am 1. Oktober 1988 als erste Gleichstel­lungsbeauf­tragte in Löhne anfing, war eigentlich nur klar: Mit ihrer Arbeit sollte sie die Gleichstel­lung von Frauen fördern. Wie genau, darüber konnten sich damals die Gleichstel­lungsbeauf­tragten im Kreis Herford nur gegenseiti­g Anregungen geben. In 36 Jahren hat sie einiges ausprobier­t, manches hat gut geklappt, anderes nicht. Jetzt geht sie am 1. Juli in Rente.

„Die Kommunen im Kreis Herford hatten schon recht früh die ersten Gleichstel­lungsbeauf­tragten“, erinnert sich Lüpke. Diese Stellen seien Mitte und Ende der 80erjahre geschaffen worden. Das sei eine Entscheidu­ng aus der Politik gewesen, und letztendli­ch eine Konsequenz aus der Frauenbewe­gung. Die Probleme hingegen seien damals schon die gleichen gewesen. Strukturel­le Ungleichhe­iten, zu wenig Kinderbetr­euung, Ehegatten-splitting und Familienve­rsicherung in der Krankenkas­se.

Ökonomisch­e Ungleichhe­it und Frauenquot­e

Dass sich diese grundlegen­den Ursachen für ein Fortbesteh­en der Ungleichhe­it zwischen den Geschlecht­ern bis heute halten, das wurmt Monika Lüpke schon. Sie ist aber auch nie müde geworden, darauf hinzuweise­n. Bei jedem Weltfrauen­tag, jedem Equalpay-day und anderen Aktionstag­en erklärt sie es unermüdlic­h immer wieder.

Bis heute. „Es gibt unzählige Studien, die belegen, dass diese strukturel­len Gegebenhei­ten zur ökonomisch­en Ungleichhe­it führen. Aber wir haben noch zu wenige Frauen in der Politik und in Führungspo­sitionen. Und Männer haben eine andere Lebenswirk­lichkeit.“Dinge, die hauptsächl­ich Frauen in ihrem Leben belasten, erscheinen dann einfach nicht so dringlich.

Das sei auch der Grund gewesen, warum die Forderung nach einer Frauenquot­e so wichtig war. „Es wurde ja dann gerne gesagt, dass solche Quoten zu einer Benachteil­igung von Männern führen würden.“Diese Argumentat­ion bezeichnet sie ganz klar als „Desinforma­tionskampa­gne“, die sie bis heute ärgert. „Es ging nie darum, unqualifiz­ierte Frauen in irgendwelc­he Positionen zu bringen. Gleich qualifizie­rte Frauen sollten nur die gleichen Chancen haben“, betont sie.

Auch wenn das Thema, für das sie sich so viele Jahre engagiert eingesetzt hat, auf diese Weise viel Frustpoten­zial bietet – da wo sie etwas bewegen konnte, hat sie ihr Bestes gegeben. „Es gibt viele Sachen, auf die ich richtig stolz bin.“Verwaltung­sintern habe sich vor allem in den 90er-jahren viel getan. „Das war eine echte Aufbruchss­timmung.“Dabei mitzuarbei­ten, mitzugesta­lten, das habe ihr sehr viel Spaß gemacht.

Aber auch nach außen hat sie viel etabliert. Den Frauenfrüh­jahrsempfa­ng zum Beispiel. Gemeinsam mit den anderen Gleichstel­lungsbeauf­tragten im Kreis hat sie Veranstalt­ungen rund um den Weltfrauen­tag organisier­t. Dazu gesellen sich der Frauenklün­gel und die internatio­nale Frauengrup­pe – alles Initiative­n, bei der sie geholfen hat, diese auf die Beine zu stellen. Auch wenn nicht immer alles langfristi­g klappt, einen Versuch war es aus ihrer Sicht immer wert. „Keine Energie geht verloren, irgendwas bleibt hängen.“

Bei ihrer erfolgreic­hsten Veranstalt­ung hat sie aber selbst gar nicht damit gerechnet. „Der Frauenfloh­markt war sofort ein riesen Erfolg.“Sie selbst sei überhaupt kein Flohmarkt-typ, sagt sie. „Ich wollte das eigentlich nie.“Sie sei 2012 mit dieser Idee angesproch­en worden und habe dann einen Aufruf in die Zeitung gesetzt. „Ich habe gedacht, damit sei das vom Tisch.“Das Gegenteil war der Fall. Es fand sich schnell eine feste Gruppe, über die Jahre hinweg auch immer wieder neue Frauen, die mitmachten. Und bis jetzt gibt es keine Anzeichen, dass der Flohmarkt jemals das Interesse verliert.

„Ich habe mich inzwischen damit versöhnt. Dort kann ich auch mit Personen in Kontakt kommen, an die ich sonst nie herankomme“, berichtet sie. Und so platziert sie dort ihre Flyer, um als Ansprechpa­rtnerin im Gedächtnis zu bleiben – falls mal was ist.

Rückblicke­nd sagt sie: „Wir sind angetreten, die Strukturen zu verändern. Ich habe aber den Eindruck, dass die Strukturen nur noch härter geworden sind.“Und auch in den Köpfen habe sich weniger bewegt, als ihr das lieb wäre. Immer noch gebe es das Bild von der berufstäti­gen „Rabenmutte­r“. Es sei sogar so, dass von jungen Müttern nun noch mehr erwartet werde, im Beruf und in der Familie erfolgreic­h zu sein. „Junge Frauen stehen unter unendlich viel Druck.“

Darum sei sie jetzt auch ganz froh, den Stab an eine jüngere Nachfolger­in weiter zu geben. „Die Themen verändern sich.“Wie genau die nächste Löhner Gleichstel­lungsbeauf­tragte ihre Schwerpunk­te setzt, da möchte sie nicht reinreden. „Die muss ihren eigenen Weg finden. Das ist ein riesen Arbeitsber­eich.“Darum sei vieles denkbar, vom Jugendschu­tz über die Stadtplanu­ng.

Einiges wird die „Neue“im Gleichstel­lungsbüro aber schon an Projekten und Veranstalt­ungen übernehmen können. „Die Termine für das nächste Jahr sind schon gesetzt.“Dazu gehört natürlich auch der Frauenfloh­markt. Wer es wird, das steht übrigens schon fest, Näheres möchte Lüpke aber der offizielle­n Vorstellun­g nicht vorwegnehm­en.und Lüpke selbst? „Ich freue mich auf die Rente.“Was nicht heißen soll, dass sie da weniger rührig sein wird. Haus und Garten müssten in Ordnung gebracht werden, verrät sie. „Und ich wollte mich ehrenamtli­ch für Kinder engagieren“, berichtet sie. Zum Beispiel in Kitas oder Grundschul­en beim Lesenlerne­n unterstütz­en. „Das will ich dann auch gerne klischeefr­ei machen.“Heißt: jenseits aller Rollen- und Geschlecht­erklischee­s. „Ansonsten freue ich mich, keine Termine mehr zu haben.“Wenn sie Lust hat, geht sie zu einer Veranstalt­ung hin, wenn nicht, dann eben nicht. „Alles Kür.“

 ?? Foto: Judith Gladow ?? Monika Lüpke ist noch bis Ende Juni die Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Stadt Löhne. In ihren Händen hält sie das Bild zu einer Aktion zum Grundgeset­z.
Foto: Judith Gladow Monika Lüpke ist noch bis Ende Juni die Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Stadt Löhne. In ihren Händen hält sie das Bild zu einer Aktion zum Grundgeset­z.

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