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Eisexperte verabschie­det sich

Zurück nach Italien: Pierangelo Zava (63), Inhaber der ältesten Eisdiele der Stadt, zieht jetzt nach über 40 Jahren zurück in seinen Geburtsort, zurück zu Mama. Es gibt einen Nachfolger, aber der hat zu kämpfen.

- Ivonne Michel

Sie haben selbst als Kind schon ihr Eis hier gegessen. Jetzt kommen sie mit ihren Kindern, um Pierangelo Zava „Ciao“zu sagen – und um einen letzten Cappuccino mit dem bekannten Eismacher im gleichnami­gen Eiscafé an der Friedrich-ebert-straße zu trinken. Leicht falle ihm der Abschiedna­chsovielen­jahrenabso­lut nicht, sagt der 63-Jährige. „Es war eine gute Zeit, wir sind allen Kunden sehr dankbar.“

Dass er irgendwann wieder zurückkehr­en wollte nach Conegliano, die Gemeinde mitteninde­nprosecco-hügelnam Fuße der Dolomiten, stand schon länger fest. Seine 84-jährige Mutter lebt noch dort, in dem Ort, in dem Zava zur Welt kam und jedes Jahr den Winter

verbrachte. Und viele Freunde von früher leben noch dort. „Ich vermisse sie alle sehr“, sagt Zava. Gesundheit­liche Gründe hätten seine Entscheidu­ng beschleuni­gt, das Eiscafé – das älteste der Stadt, das er 1992 von Marcello Fattor übernommen hatte – abzugeben.

Der Familie Fattor sei es zu verdanken, dass die Bielefelde­r italienisc­hes Eis überhaupt kennenlern­ten. Bereits 1954 gründete Fattors Bruder Mario das erste Eiscafé der Stadt an der Kleinen Bahnhofstr­aße. 1958 folgte eine Filiale neben der „Skala“, danach der Betrieb an der Friedrich-ebert-straße – alle unter dem Namen „Venezia“.

„Dieserlade­nwirdeines­tages mir gehören“, ist Zava überzeugt, als er im Jahr 1988 zum ersten Mal das Eiscafé betritt. Seit 1978 in Bielefeld und seinerzeit dann Mitarbeite­r im italienisc­hen Restaurant „San Marco“an der Feilenstra­ße, geht er nach Feierabend gern auf einen Espresso zu seinen Landsleute­n an der Friedriche­bert-straße.

Das Café war sein Lebensmitt­elpunkt

Nur wenig später hat er einen Job hinter der Eis-theke und nach weiteren vier Jahren gehört ihm der Betrieb, den er fortan unter seinem Namen führt, mit Unterstütz­ung seiner Lebensgefä­hrtin Maria Luisa Corso und Corrado Nieri (54), einem Neffen der Brüder Fattor. Auch die beiden starten jetzt in ihrer Heimat einen neuen Lebensabsc­hnitt.

Auch seine ebenfalls bereits 84jährige Mutter lebe noch dort, berichtet Nieri, der in Bielefeld aufgewachs­en ist.

Es habe sich viel verändert in all den Jahren, sagt auch er. Die Lage des Eiscafés sei „früher 1a gewesen, mit vielen guten Geschäften.“Aber der Fachhandel habe sich aus dem Viertel zurückgezo­gen. Erst Corona, dann die Baustellen, direkt vor der Tür und dann Richtung Jahnplatz, hätten auch dem Eiscafé Zava das Leben schwer gemacht. „Zum Glück haben wir viele Stammkunde­n, wir sind wie eine große Familie“, sagt Zava, der keine eigenen Kinder hat. Nieri sei immer wie ein Ersatzsohn für ihn gewesen. Und das Café sein Lebensmitt­elpunkt.

Die Klassiker Vanille, Schokolade und Erdbeere, exotische Kompositio­nen wie Heidelbeer­e

mit Roter Beete oder Datteln, und Neuschöpfu­ngen aus Mango, Cookies oder Heidelbeer­e: Insgesamt rund 40 unterschie­dliche, teils jahreszeit­lich wechselnde Sorten hat Zava frühmorgen­s täglich vor Öffnung seiner Eisdiele selbst hergestell­t. Die war an sieben Tagen in der Woche geöffnet. Außer am Ostersonnt­ag. „Da ist bei uns Familienta­g“, sagt der 63-Jährige.

Er trete in große Fußstapfen, sagt Nachfolger Mizgin Önen. Aber er freue sich sehr über die Chance und erfülle sich einen Traum. Als Kind habe er bei sich schon bei Zava Eis gekauft. Der Name bleibt, aber es gibt einen Ruhetag: montags. Bis Ende Mai, Anfang Juni, unterstütz­t Eisexperte Pierangelo Zava ihn noch. Dann stehe der Umzug an.

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Foto: Sarah Jonek

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