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Wenn die Gefäße dicht machen – verkalkte Arterien und ihre Tücken
Gefahren, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten der peripheren arteriellen Durchblutungsstörungen
med. Ralf-gerhard Ritter, Chefarzt der Klinik für Gefäßund Endovaskular-chirurgie am Klinikum Bielefeldmitte, klärte über die Gefahren, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten der peripheren arteriellen Durchblutungsstörungen auf.
Wer plötzlich für Sekunden nichts sehen kann, regelmäßig Schmerzen nach dem Essen hat oder Beschwerden in den Waden oder Hüften beim Gehen – denkt sicher an einige mögliche Diagnosen, aber nicht zuerst an arterielle Durchblutungsstörungen. Für Experten auf dem Gebiet ist jedoch klar, dass Arteriosklerose verschiedenste Symptome auslösen kann: Verstopfte Gefäße führen mitunter zur Minderdurchblutung von Gehirn und Auge, Magendarm-trakt, Gesäß oder Beinen.
Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) ist häufig eine unterschätzte Gefahr, über 200 Mio. Menschen weltweit sind von ihr betroffen, 4,5 Mio. in Deutschland. In den letzten zehn Jahren habe es eine Zunahme von 13% in den Industriestaaten gegeben, mit weiter steigender Tendenz, klärt der Chefarzt auf.
Die chronisch entzündliche Erkrankung der Gefäße ist eine Reaktion auf Stoffe, die für die Gefäßwand schädlich sind. Dabei entsteht eine Ablagerung, Plaque, die verkalkt. Typische Folgen der Läsionen zentraler Gefäße sind z. B. der Herzinfarkt, Schlaganfall, Darminfarkt, Verlust von Nierenfunktion oder Gehfähigkeit.
Wichtige Risikofaktoren sind Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Fehlernährung, Bewegungsmangel, aber auch familiäre Belastung. Vor allem Rauchen und die giftige Wirkung des Nikotins stellt einen kritischen Risikofaktor dar, mit hohen Folgekosten im Gesundheitswesen. Ähnliches gilt für starkes Übergewicht, da Fettzellen entzündungsfördernde Stoffe aussenden, die den Prozess der Arterienverkalkung fördern.
Zur Diagnostik der PAVK dient die so genannte Dopplerverschlussdruck-messung, bei der mittels Dopplersonografie und Blutdruckmessung an Arm und Bein ein Risiko-index ermittelt wird. Da die PAVK als Systemerkrankung gilt, liegen insgesamt die Risiken höher, Schlaganfall und Herzinfarkt zu erleiden. Die primären Ziele einer medikamentösen Behandlung mittels Plättchenhemmer und Statintherapie sind daher, den Ldl-cholesterinwert, den Blutdruck sowie auch den Blutzucker in altersentsprechende, für die pavk-prognose günstige Zielbereiche zu bringen. Nikotinverzicht und Bewegung reduzieren zudem die kardiovaskuläre Mortalität.
Besondere Vorsicht ist bei der PAVK und gleichzeitiger Diabetes-diagnose geboten, da die Gefäße hier doppelt belastet sind: Nicht heilende Wunden an den Füßen oder Entzündungen bedürfen ggf. zügig einer professionellen Gefäßuntersuchung. Häufig sei die nicht heilende Fußwunde ein erstes Anzeichen der PAVK, auch ohne vorausgehende Gehbeschwerden (Schaufensterkrankheit), erläutert der Facharzt für Gefäßchirurgie. Ein fortgeschrittener Gewebezerfall durch PAVK sei beim Diabetiker häufiger als ohne Diabetes.
Insgesamt ließen sich aus den Risiken der Arteriosklerose Empfehlungen zur körperlichen Aktivität ableiten, die besonders für Menschen ab 65 Jahre günstig sind: 30 Minuten täglich Ausdauersport mit mittlerer Belastung, die zu einem Anstieg von Puls und Atemfrequenz führt. 8 bis 10 gymnastische Übungen mindestens zweimal in der Woche, um die Halte- und Ausdauermuskulatur zu festigen sowie Balanceübungen zur Gleichgewichtskontrolle und damit auch Sturzprophylaxe.