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Millionenschäden durch Hochwasser
Kanzler Olaf Scholz mit Gummistiefeln im Saarland – Es soll weiterer Regen kommen
Saarbrücken. Bislang haben vor allem das Saarland und der Südwesten von Rheinlandpfalz gegen Hochwasser gekämpft, doch ab Dienstag könnten auch andere Regionen Deutschlands von Unwettern betroffen sein. „Der Schwerpunkt liegt diesmal voraussichtlich nicht im Saarland und im südlichen Rheinland-pfalz, sondern etwas weiter im Norden, im Gebiet von der Eifel über Mittelhessen, bis nach Südostbayern“, sagte Meteorologe Nico Bauer vom Deutschen Wetterdienst. In den bisherigen Hochwassergebieten werde es etwas geringere Mengen Regen geben.
Auch im Saarland ist die Hochwassergefahr nicht gebannt: Die saarländische Landesregierung warnte vor neuen Regenfällen am frühen Dienstagmorgen. „Auch erneute Überflutungen sind nicht auszuschließen, auch wenn die Prognosen aktuell nicht von einer Wiederholung der Situation vom Wochenende ausgehen“, hieß es in einer Mitteilung der Staatskanzlei. Die Landesregierung mahnte die Bevölkerung zur Wachsamkeit.
„Die Landesregierung, die Landkreise und die Einsatzkräfte bereiten sich auf eine erneute Lage vor“, sagte Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD). „Wir fahren alle Vorsichtsmaßnahmen hoch und koordinieren die Vorbereitungen für erneuten Starkregen“, sagte Innenminister Reinhold Jost (SPD).
Enorme Regenmengen hatten im Saarland und Rheinland-pfalz am Wochenende für Überflutungen, Erdrutsche und vollgelaufene Straßen und Keller gesorgt. Im Saarland starb eine 67-jährige Frau. Von Verletzten war nichts bekannt. Laut Rehlinger (SPD) gab es im Saarland rund 4000 Einsätze und etwa 10 00 Helferinnen und Helfer.
Am Pfingstmontag hatten die Einsatzkräfte eine kleine Pause. „Die Lage ist beruhigt“, sagte ein Sprecher des saarländischen Innenministeriums.
Während die Krise noch nicht überstanden ist, beginnt bereits die Aufarbeitung. Nach erster Einschätzung habe das Hochwasser Schäden „weit in den Millionenbereich hinein“angerichtet, sagte Rehlinger. Das Ausmaß der Schäden werde man erst richtig sehen können, wenn das Wasser ganz zurückgegangen sei.
„Schon heute ist allerdings klar, dass wir es mit massiven Schäden an privatem Eigentum, aber auch an Infrastruk
tur wie Straßen, Brücken oder auch Kitas zu tun haben werden“, sagte sie. „Wir kämpfen seit wenigen Tagen gegen Wassermassen, werden aber sicherlich Jahre mit den Folgen kämpfen müssen.“
Die Ministerpräsidentin sprach sich für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden aus. Die saarländische Landesregierung habe stets gesagt, dass sie dafür sei, sagte Rehlinger. Die Debatte um eine verpflichtende Elementarschadenversicherung werde sicherlich erneut mit dem Bund zu führen sein. „Mir fehlt jetzt das Verständnis, warum wir auf der Bundesseite nicht weiter vorangekommen sind.“
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Samstag gemeinsam mit Rehlinger das Überschwemmungsgebiet besucht.
Scholz wollte ohnehin ins Saarland reisen an diesem Samstag, zu einem Wahlkampftermin in der Saarbrückener Kongresshalle, gemeinsam mit der Spd-spitzenkandidatin für die Europawahl,
Katharina Barley. Aber der Termin fiel aus: Bei Katastrophenalarm und „Großschadenslage“ist klassischer Wahlkampf nicht so eine gute Idee. Und seit der damalige CSUCHEF Edmund Stoiber vor rund 20 Jahren als Kanzlerkandidat zögerte, Hochwassergebiete in Ostdeutschland zu besuchen und dann gegen Gerhard Schröder die Bundestagswahl verlor, gelten Gummistiefeleinsätze ohnehin als politisch brisant.
Scholz fuhr also mit Anke Rehlinger nach Kleinblittersdorf, sprach kurz zum Gurgeln von Wasserpumpen mit Anwohnern und mit Rettungskräften. Landesinnenminister Jost berichtete von einem Rückhaltebecken, das in einem Ort gerade eigens für Hochwasserfälle gebaut wurde – für 4 Millionen Euro. „Hat nicht gereicht, der Damm ist gebrochen“, so Jost konsterniert. Scholz nickte ernst. Rehlinger klopfte einem Anwohner auf die Schulter. „Toi, toi, toi“, sagte sie.
Noch in der Nacht hat ihre Landesregierung erste Finanzhilfen freigegeben. Manche der Betroffenen hätten ohnehin schon wenig gehabt und nun auch noch dieses Wenige verloren, sagte Rehlinger und fand ein Sprachbild, das beim Thema bleibt: „Es soll niemand im Regen stehen bei diese schwierigen Lage.“
Scholz sprach vom Zusammenhalt in schwierigen Lagen, vom Schulterschluss und Engagement von staatlichen Stellen, Hilfsorganisationen und Ehrenamtlichen. „Es ist gut zu sehen, dass jeder alles stehen und liegen lässt“, wenn es einen solchen Notfall gebe.