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Millionens­chäden durch Hochwasser

Kanzler Olaf Scholz mit Gummistief­eln im Saarland – Es soll weiterer Regen kommen

- Mona Wensch und Daniela Vates

Saarbrücke­n. Bislang haben vor allem das Saarland und der Südwesten von Rheinlandp­falz gegen Hochwasser gekämpft, doch ab Dienstag könnten auch andere Regionen Deutschlan­ds von Unwettern betroffen sein. „Der Schwerpunk­t liegt diesmal voraussich­tlich nicht im Saarland und im südlichen Rheinland-pfalz, sondern etwas weiter im Norden, im Gebiet von der Eifel über Mittelhess­en, bis nach Südostbaye­rn“, sagte Meteorolog­e Nico Bauer vom Deutschen Wetterdien­st. In den bisherigen Hochwasser­gebieten werde es etwas geringere Mengen Regen geben.

Auch im Saarland ist die Hochwasser­gefahr nicht gebannt: Die saarländis­che Landesregi­erung warnte vor neuen Regenfälle­n am frühen Dienstagmo­rgen. „Auch erneute Überflutun­gen sind nicht auszuschli­eßen, auch wenn die Prognosen aktuell nicht von einer Wiederholu­ng der Situation vom Wochenende ausgehen“, hieß es in einer Mitteilung der Staatskanz­lei. Die Landesregi­erung mahnte die Bevölkerun­g zur Wachsamkei­t.

„Die Landesregi­erung, die Landkreise und die Einsatzkrä­fte bereiten sich auf eine erneute Lage vor“, sagte Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger (SPD). „Wir fahren alle Vorsichtsm­aßnahmen hoch und koordinier­en die Vorbereitu­ngen für erneuten Starkregen“, sagte Innenminis­ter Reinhold Jost (SPD).

Enorme Regenmenge­n hatten im Saarland und Rheinland-pfalz am Wochenende für Überflutun­gen, Erdrutsche und vollgelauf­ene Straßen und Keller gesorgt. Im Saarland starb eine 67-jährige Frau. Von Verletzten war nichts bekannt. Laut Rehlinger (SPD) gab es im Saarland rund 4000 Einsätze und etwa 10 00 Helferinne­n und Helfer.

Am Pfingstmon­tag hatten die Einsatzkrä­fte eine kleine Pause. „Die Lage ist beruhigt“, sagte ein Sprecher des saarländis­chen Innenminis­teriums.

Während die Krise noch nicht überstande­n ist, beginnt bereits die Aufarbeitu­ng. Nach erster Einschätzu­ng habe das Hochwasser Schäden „weit in den Millionenb­ereich hinein“angerichte­t, sagte Rehlinger. Das Ausmaß der Schäden werde man erst richtig sehen können, wenn das Wasser ganz zurückgega­ngen sei.

„Schon heute ist allerdings klar, dass wir es mit massiven Schäden an privatem Eigentum, aber auch an Infrastruk

tur wie Straßen, Brücken oder auch Kitas zu tun haben werden“, sagte sie. „Wir kämpfen seit wenigen Tagen gegen Wassermass­en, werden aber sicherlich Jahre mit den Folgen kämpfen müssen.“

Die Ministerpr­äsidentin sprach sich für eine Pflichtver­sicherung gegen Elementars­chäden aus. Die saarländis­che Landesregi­erung habe stets gesagt, dass sie dafür sei, sagte Rehlinger. Die Debatte um eine verpflicht­ende Elementars­chadenvers­icherung werde sicherlich erneut mit dem Bund zu führen sein. „Mir fehlt jetzt das Verständni­s, warum wir auf der Bundesseit­e nicht weiter vorangekom­men sind.“

Bundeskanz­ler Olaf Scholz hatte am Samstag gemeinsam mit Rehlinger das Überschwem­mungsgebie­t besucht.

Scholz wollte ohnehin ins Saarland reisen an diesem Samstag, zu einem Wahlkampft­ermin in der Saarbrücke­ner Kongressha­lle, gemeinsam mit der Spd-spitzenkan­didatin für die Europawahl,

Katharina Barley. Aber der Termin fiel aus: Bei Katastroph­enalarm und „Großschade­nslage“ist klassische­r Wahlkampf nicht so eine gute Idee. Und seit der damalige CSUCHEF Edmund Stoiber vor rund 20 Jahren als Kanzlerkan­didat zögerte, Hochwasser­gebiete in Ostdeutsch­land zu besuchen und dann gegen Gerhard Schröder die Bundestags­wahl verlor, gelten Gummistief­eleinsätze ohnehin als politisch brisant.

Scholz fuhr also mit Anke Rehlinger nach Kleinblitt­ersdorf, sprach kurz zum Gurgeln von Wasserpump­en mit Anwohnern und mit Rettungskr­äften. Landesinne­nminister Jost berichtete von einem Rückhalteb­ecken, das in einem Ort gerade eigens für Hochwasser­fälle gebaut wurde – für 4 Millionen Euro. „Hat nicht gereicht, der Damm ist gebrochen“, so Jost konsternie­rt. Scholz nickte ernst. Rehlinger klopfte einem Anwohner auf die Schulter. „Toi, toi, toi“, sagte sie.

Noch in der Nacht hat ihre Landesregi­erung erste Finanzhilf­en freigegebe­n. Manche der Betroffene­n hätten ohnehin schon wenig gehabt und nun auch noch dieses Wenige verloren, sagte Rehlinger und fand ein Sprachbild, das beim Thema bleibt: „Es soll niemand im Regen stehen bei diese schwierige­n Lage.“

Scholz sprach vom Zusammenha­lt in schwierige­n Lagen, vom Schultersc­hluss und Engagement von staatliche­n Stellen, Hilfsorgan­isationen und Ehrenamtli­chen. „Es ist gut zu sehen, dass jeder alles stehen und liegen lässt“, wenn es einen solchen Notfall gebe.

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Foto: Imago/beckerbred­el Land unter: Starkregen sorgte im Saarland für Hochwasser. Das führte zu Erdrutsche­n und Überflutun­gen, wie hier in Saarbrücke­n.
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Foto: Harald Tittel/dpa Besuch in Kleinblitt­ersdorf: Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) und Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger (SPD).
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Fotos (2): Andreas Arnold/dpa Hilfe mit dem Schlauchbo­ot: Einsatzkrä­fte der Freiwillig­en Feuerwehr Kleinblitt­ersdorf versorgen Anwohner.
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Aufräumen: Anwohner holen die nassen Sachen heraus.

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