Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen
Der Kreis Lippe will Elke D. zur Kasse bitten
Rechtsanwalt Christian Laue sieht in der finanziellen Forderung eine Nötigung in betrügerischer Absicht. Weil der Kindesvater nicht zahlte, wird das Konto der Oerlinghauser Mutter gepfändet.
Oerlinghausen. Online-banking ist eine tolle Sache. Nicht so toll ist, wenn einem vom Bildschirm die Info entgegenleuchtet, dass das Konto gepfändet sei. Genau das ist Elke D. passiert, obwohl sie weder vergessen hatte, eine Rechnung zu bezahlen, noch sonst irgendwelche Forderungen offen waren. Der Vorgang, dem die Pfändung zugrunde lag, war eine Forderung des Kreises Lippe gegen ihren ehemaligen Lebensgefährten, den Vater ihres Kindes, gegen den noch immer wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch des eigenen Kindes ermittelt wird.
Wenn Elke D. in einer Mitteilungdie beiden worte„ kreis Lippe“liest, ist sie aufs Höchste alarmiert. Zu viel Unrecht hat sie vom Jugendamt des Kreises Lippe erfahren. Widerrechtlich wurde ihr Kind von Mitarbeitern des Kreisjugendamtes in Obhut genommen und zum Vater gebracht. Im Verfahren vordem V er wal tungs gericht Minden sagte eine Mitarbeiterin des Jugendamtes die Unwahrheit. Vor Gericht hatte sie behauptet, dass ein Arzt der Paderborner Kinderklinik in einem Telefonat den Verdacht auf sexuellen Missbrauch durch den eigenen Vater zurückgenommen habe.
Dieser Verdacht war von einem experten team unter leitung des Chefarztes der Kinderklinik, Friedric hE b ing er, geäußert und dem Jugendamt des Kreises Lippe zur Kenntnis gebracht worden. Von dem Telefonat, das die Mitarbeiterin des Kreisjugendamtes geführt haben will, gibt es weder eine Telefon notiz noch ein Gesprächsprotokoll. Die Neue Westfälische wies nach, dass es solch ein Telefonat nie gegeben hat.
Auch die Empfehlung der Ergänzungs pflegerin, ebenfalls eine Mitarbeite rindes Jugendamt es des Kreises Lippe, an Elke D., sie solle sich doch mal den Film „Weil du mir gehörst“ansehen, ließ Elke D. konsterniert zurück. Im Film geht es um eine hochmanipulative Mutter, die ihr Kind dem Vater, von dem sie geschieden ist, entfremdet. Der Film stellt diePse udo theorie des amerikanischen Kinderpsychologen Richard Gardner dar. Der verbreitete seine Ansicht als Parental Alienation Syndrom, auf Deutsch: Elterliches Entfremdungssynd rom. Doch das gibt es nach Ansicht zahlreicher renommierter Wissenschaftler nicht. Gardner hat es erfunden. Und seit dem vergangenen Herbst darf es auch nicht mehr als Argumentation vor Familiengerichten verwendet werden. Elke D. und ihre Rechtsanwältin Phyllis Kauke empfanden diese Empfehlung als Affront und als ein Zeichen dafür, wie Elke D. im Jugendamt des Kreises Lippe angesehen ist.
Elke D. hat nie eine Rechnung über Nachzahlungen erhalten
All das ist wenig geeignet, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Elke D. und dem Kreisjugendamt herzustellen. Und dann kam die Kontopfändung. Elke D. meldete sich telefonisch beim Kreis Lippe und fragte nach. Sie erfuhr, dass Nachzahlungen von Kita-gebühren für ihr Kind nicht bezahlt worden seien. Diese rechnungen datieren aus dem Jahr 2019, ab dem Zeitpunkt, an dem das Kind widerrechtlich vom Kreisjugendamt in Obhut genommen und dem Kindesvater übergeben worden ist. Sie erfuhr, dass Rechnungen und Mahnungen an die Adresse des Kindesvaters gesandt worden wären. Als der die Zahlungen nicht leistete, habe die Rechnungsstelle des Kreisjugendamtes eben das Konto der Mutter gepfändet, weil der Kreis Lippe davon ausgeht, dass eine gesamtschuldnerische Haftung besteht, was nicht der Fall ist, da dieser Passus im Betreuungsvertrag mit der Kita nicht enthalten ist. Als Elke D. erklärte, dass sie weder eine Rechnung noch eine Mahnung noch die Androhung der Pfändung postalisch erhalten habe, nahm der Mitarbeiter des Kreises Lippe die Pfändung zurück.
Ausgestanden war die Sache damit noch nicht. Obwohl Elke D. vom Jugendamt des Kreises Lippe keine Informationen darüber erhielt, wie sichdermittleredreistelligebetrag zusammensetzt, den sie bezahlen soll, wurde sie von einer Mitarbeiterin des Kreisjugendamtes als Schuldnerin bezeichnet. Dieses Festhalten an einer einmal getroffenen Entscheidung scheine beim Kreisjugendamt Lippe Methode zu haben, sagte Phyllis Kauke, eine Anwältin Elke D.s. Das erinnerte Elke D. an einen ebenfalls in der NW veröffentlichten Fall eines Kindes, dass nach Ansicht einer Jugendamtsmitarbeiterin eingeschult werden sollte, obwohl die Amtsärztin des Kreises Lippe, die Leiterin der Kita, die das Kind besuchte, die Leiterin der Grundschule und der Kinderarzt sich alle für eine ein Jahr spätere Einschulung ausgesprochen hatten. Erst nach Einschaltung eines Anwalts und der Veröffentlichung in der NW wurde der späteren Einschulung stattgegeben.
Elke D. fühlt sich der Willkür von Jugendamts mitarbeitern ausgesetzt. Anwalt Laue machte in einem Brief an die Behörde deutlich, dass die Frage der Rechtmäßigkeit der Forderung zwischen dem Amt für Vollstreckung und dem Jugendamt hin-und hergeschobenwurde. das ergebnis für elke D .: Von keiner Stelle des Kreises Lippe hat sie eine Auskunft über die rechtliche Grundlage der Forderung erhalten. Allerdings erfuhr sie in einem Telefonat, dass der geforderte Betrag beim Kindesvater per Rechnung und Mahnung geltend gemacht worden sei. Dieser habe sich jedoch nicht zahlungswillig gezeigt.
Deshalb habe man das Konto der Mutter gepfändet, die bis dato keine Informationen über den Vorgang hatte. „Eine solche Vorgehensweise ist haarsträubend“, empört sich Christian Laue. Bei jeder Zwangsvollstreckung, sagt Laue,bedür fee seines Vollstreckungs titels–und zwar gegen jeden Gesamtschuldner, gegen den vollstreckt werden soll. Ein solcher Titel ist Elke D. nie zugestellt worden. Laue resümiert: „Dieses Verhalten ist rechtswidrig und willkürlich.“
Der Rechtsanwalt macht auch einen „erpresserischen Duktus“in einer Mail der Abteilung für Vollstreckung des Kreises Lippe aus. Er zitiert die E-mail vom 29. Februar 2024: „ (. . .) mir liegt nach wie vor der offene Vollstreckungs auftrag von FrauHage stolz( Name geändert, Anm.d.Red .) gegen Sie vor. Bitte zahlen Sie die offene Summe in Höhe von (. . .) bis zum 08.03.2023, um eine erneute vollstreckung und Pfändung Ihres Kontos zu vermeiden.“
Der Text erfüllt nach Ansicht desKr im inalistik professors den Tatbestand der Erpressung. Warum? Weil der Kreis Lippe mit der Pfändung des Kontos droht, um Elke D. zu einer Handlung in Form der Zahlung zu nötigen. Dadurch bewirke der Vertreter des Kreises bei Elke D. einen Vermögens nachteil, um den Landkreis Lippe zu bereichern.
Erst als laue einen sehr deutlich in diese Richtung formulierten Brie fanden Kreis Lippe schickte, erklärte der Kreis Lippe, dass sich die Pfändung erledigt habe, gab aber als Begründung Systemfehler an.
Elke D. hat den Kreis Lippe auf Schadenersatz verklagt. Die öffentliche Verhandlung darüber findet statt am Donnerstag, 18. April, ab 9 Uhr vor dem Landgericht Detmold, Paulinenstraße.