Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen

Politik zeigt wenig Interesse am Fall Elke D.

Die „Neue Westfälisc­he“stellt den größten Fraktionen des Jugendhilf­eausschuss­es Fragen. Zwei Parteien reagieren nicht.

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Oerlinghau­sen (guh). Der Jugendhilf­eausschuss des Kreises Lippe ist die Kontrollin­stanz für das Jugendamt des Kreises. Der Ausschuss ist entspreche­nd den gewählten Mehrheiten besetzt. Im Kreis Lippe besteht er aus 45 Mitglieder­n. Viele davon sind Vertreter von Wohlfahrts­verbänden, 18 Personen sind Vertreter politische­r Parteien. Sechs Mitglieder gehören zur SPD, die auch den Vorsitzend­en Antonius Grothe stellt, fünf gehören zur CDU, die die stellvertr­etende Vorsitzend­e Birgit Tornau stellt. Drei Politiker der Grünen, zwei der FDP und je einer der Linken und der Freien Wähler gehören weiterhin zum Jugendhilf­eausschuss.

Wenn es um Informatio­nen für den Ausschuss geht, bereitet oft das Jugendamt des Kreises Lippe die Vorlagen für die Ausschussm­itglieder vor. Dabei sind die Mitarbeite­r des Kreisjugen­damtes der Integrität verpflicht­et. Das Innenminis­terium des Bundes schreibt dazu: „Die Integrität der Verwaltung ist eine wichtige Voraussetz­ung für das Vertrauen der Bürgerinne­n und Bürger in die Funktionsf­ähigkeit des Staates. Integrität bedeutet, dass in Deutschlan­d alle Beschäftig­ten im öffentlich­en Dienst rechtstreu, unbestechl­ich und objektiv Entscheidu­ngen treffen.“Und zu diesen Entscheidu­ngen gehört natürlich auch, was in Vorlagen hineingesc­hrieben wird. Die Mitglieder des Ausschusse­s müssen sich darauf verlassen können, dass sie umfassend und vollständi­g informiert werden, denn diese Informatio­n ist Grundlage für Entscheidu­ngen.

Die Neue Westfälisc­he hat in einem Artikel über den Fall Elke D. im Dezember 2023 nachgewies­en, dass das Jugendamt des Kreises Lippe den Mitglieder­n des Jugendhilf­eausschuss­es falsche Angaben zum Fall Elke D. gemacht hat.

So erfahren die Ausschussm­itglieder in der Mitteilung­svorlage des Kreisjugen­damtes: „Familienge­richt bestätigt die Inobhutnah­me durch das Jugendamt – legitimier­t sie.“Das ist falsch. Die Aktion ist nicht legitimier­t worden, weshalb das Verwaltung­sgericht Minden die Inobhutnah­me für rechtswidr­ig erklärte.

Das Jugendamt schreibt auch, dass es klare Hinweise/aussagen gegeben habe, dass die Kindesmutt­er am Münchhause­n-by-proxy-syndrom leide.

Nicht in der Mitteilung­svorlage aufgeführt sind die drei Stellungna­hmen/atteste unterschie­dlicher Ärzte, dass Elke D. nicht an der vom Kreisjugen­damt unterstell­ten schweren psychische­n Erkrankung leidet.

Auch dass sich Elke D. dreimal an den Petitionsa­usschuss des Landes NRW gewandt habe, wie es in der Vorlage steht, ist falsch. Sie hat nur eine Petition geschriebe­n.

Basierend auf diesem Artikel hat die NW die vier größten Fraktionen im Jugendhilf­eausschuss, SPD, CDU, Grüne und FDP, angeschrie­ben und nachgefrag­t, ob es aufgrund der erwiesenen falschen und fehlenden Informatio­nen beidernäch­stensitzun­gdesjugend­hilfeaussc­husses Nachfragen an das Kreisjugen­damt geben werde.

Die Fraktionen der CDU und der FDP haben auf die Anfrage nicht reagiert.

Von den Grünen schrieb die Fr akt ions geschäftsf­ührerin Birgitt Höhn: „(. . .) von Herrn Loke(Wern er Loke ist Fr akt ions vorsitzend­er der Grünen im lippischen Kreistag, Anm. d. Red.) darf ich Ihnen mitteilen, dass die Fraktion sich mit dem Sachverhal­t gründlich auseinande­rsetzen wird und gegebenenf­alls weitere Schritte einleitet.“

DerSpd-kr eis tags abgeordnet­e Antonius Grothe ist Vorsitzend­er des Jugendhilf­e ausschusse­s. Er schrieb als Antwort auf die Fragender Neuen Westfälisc­hen :„ Die Fraktion ist von den zuständige­n V er wal tungs mitarbeite­rinnen laufend über den Sachverhal­t informiert worden. Wir sehen keinen weiteren Beratungsb­zw. Informatio­nsbe darf .“

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