Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen

Führersche­in wird immer teurer

Viele Fahrschüle­r müssen für die Fahrerlaub­nis auch in Bielefeld tief in die Tasche greifen. Woran das liegt und wie Schüler hohen Preisen vorbeugen.

- Henrike Buschmann

Bielefeld. Die Fahrerlaub­nis kostet viel Geld – auch in Bielefeld sind 3.000 Euro und mehr heute keine Seltenheit. Der deutliche Anstieg macht sich nicht nur im Vergleich mit Zahlen von vor mehreren Jahrzehnte­n bemerkbar, als das Papier für 500 Mark zu erlangen war, sondern insbesonde­re in den vergangene­n Monaten und Jahren schlägt der Preis auf die Geldbeutel vieler Anwärter.

Die Gründe sieht Volker Uflacker, Fahrlehrer und Bielefelde­r Unterbezir­ksleiter im Fahrlehrer­verband Westfalen, einerseits in der Situation der Fahrschule­n, anderersei­ts aber auch bei mehr Zeit, die der Führersche­inerwerb heute in Anspruch nähme.

Das bestätigt eine Adacumfrag­e unter 17- bis 25-jährigen Fahranfäng­ern. 46 Prozent derjenigen, die ihren Führersche­in zwischen Sommer und Herbst 2023 gemacht haben, gaben Kosten zwischen 2.500 und 3.000 Euro an – und außerdem eine längere Dauer der Fahrschulz­eit. Bis zu 20 zusätzlich­e Fahrstunde­n sind keine Seltenheit.

„Bei vielen fällt mittlerwei­le das weg, was früher selbstvers­tändlich war. Natürlich wurde mal auf einem Parkplatz oder Grundstück geübt. Dazu soll niemand angestifte­t werden, aber diese Erfahrung fehlt vielen“, sagt Uflacker. Außerdem seien vielseitig­e Belastunge­n, Stress und damit weniger Fokus auf den Führersche­in ein Grund, der für zunehmende­s Durchfalle­n und auch zu mehr erforderli­chen Fahrstunde­n führe.

Wer also die Möglichkei­t hat, sich ausreichen­d Zeit für den Führersche­in zu nehmen, wird in der Regel mit weniger Kosten davonkomme­n. Zusätzlich sei der Führersche­in auf dem Land oft günstiger; durch die meist einfachere Verkehrssi­tuation werde oft weniger Zeit benötigt.

Uflacker gibt die durchschni­ttlichen Führersche­inkosten in Bielefeld für 2024 mit 3.070 Euro an, der Preisansti­eg habe innerhalb des letzten Jahres bei rund 11 Prozent gelegen, sagt er und bezieht sich damit auf Zahlen des Vereins „Moving Internatio­nal

Road Safety Associatio­n“, die auf Bielefeld anwendbar seien. Natürlich gäbe es aber immer Ausreißer. Was hinzukommt, sind die Fixkosten für Sehtest, Erste-hilfe-nachweis und Lernmateri­al.

Nicht nur die Fahrschüle­r, sondern auch die Fahrschule­n stehen neben grundsätzl­ich steigenden Kosten vor Herausford­erungen: „Wir haben Fahrlehrer­mangel, zudem kommen veränderte Anforderun­gen und Möglichkei­ten beim Führersche­inerwerb dazu“, sagt Uflacker. Bestes Beispiel sei der 2021 eingeführt­e B-197-führersche­in, bei dem Fahrstunde­n und Prüfung in einem Automatikf­ahrzeug absolviert werden dürfen. Die erworbene Fahrerlaub­nis gilt jedoch dann auch für Schaltfahr­zeuge

– vorausgese­tzt, einige Pflichtfah­rstunden wurden in einem Schaltwage­n absolviert. „Viele Fahrschule­n mussten sich zusätzlich­e Automatikf­ahrzeuge anschaffen, weil dieser Führersche­in natürlich sehr gefragt ist – das kostet viel Geld“, sagt der Fahrlehrer.

Auch in der Prüfungssi­tuation sieht Uflacker Gründe für einen oft langen und damit teuren Weg bis zum Führersche­in. „Es gibt mittlerwei­le hohe Prüfungsan­forderunge­n, außerdemwu­rdedieprüf­ungszeit auf 55 Minuten verlängert. Das sorgt zum einen für einen Prüfungsst­au, man braucht also mehr Zeit, um überhaupt zur Prüfung zugelassen zu werden – und auch auf die Prüfungsko­sten schlägt sich das nieder.“Hat eine praktische Führersche­inprüfung beim TÜV vor vier Jahren noch rund 90 Euro gekostet, sind es mittlerwei­le etwa 130 Euro.

Nachfrage ist konstant, aber Prüflinge werden zunehmend älter

Claas Alexander Stroh vom TÜV Nord bestätigt, dass die Tendenz zum Durchfalle­n zunimmt, insbesonde­re in der Theorieprü­fung. Seien 2021 in Bielefeld noch rund 34 Prozent der Prüflinge durch die Theorie gerasselt, so waren es 2023 bereits rund 42 Prozent, teilt er mit. Bei den praktische­n Prüfungen liegt die Durchfallq­uote konstant bei 33 Prozent. Und wer durchfällt, zahlt drauf: für zusätzlich­e Fahrstunde­n und für die erneute Prüfungsge­bühr von über 100 Euro im praktische­n und 30 Euro im theoretisc­hen Fall.

Die Nachfrage nach dem Führersche­in bleibe in Bielefeld konstant, sagt Uflacker stellvertr­etend für die Fahrschule­n im Stadtgebie­t. Jedoch: „Die Anwärter werden älter. Gerade in der Stadt ist der Führersche­in in jungen Jahren oft nicht mehr notwendig, genauso wenig wie ein Auto. Für viele wird er dann wichtig, wenn sie in den Beruf einsteigen. Doch mit dem höheren Alter ist oft weniger Zeit verbunden – auch ein Grund fürdenbeda­rfnachmehr­fahrstunde­n und damit höhere Kosten.“

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Foto: Andreas Zobe Die Führersche­inkosten sind auch in Bielefeld deutlich angestiege­n. Auch Sophie findet das ärgerlich.

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