Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen

Schock nach dem Angriff auf Arminia-kneipe

Arminia-ultras greifen Essen-fans an: Zurück bleiben ein geschockte­r Kellner – und seltsame Nachrichte­n der Bielefelde­r Angreifer.

- Paul Brinkmann

Bielefeld.

Ein eigentlich entspannte­r Fußballnac­hmittag rund um das Spiel zwischen Arminia Bielefeld und Rotweiss Essen sollte es werden, doch dieser endete mit einem Bild der Verwüstung und einer Massenschl­ägerei. Ereignet hat sich das Ganze am Sonntagmit­tag, 14. April, in der „Kleinen Kneipe“, einer Arminiakne­ipe unweit des Kesselbrin­ks. Und das nach einem schiedlich-friedliche­n 1:1 Unentschie­den.

Kellner Mirko Jeguschke (33) bediente zu dem Zeitpunkt eine Gruppe von rund 15 Gästen. „Die Stimmung war ausgelasse­n, einige Gäste saßen am Tresen, andere versuchten ihr Glück an einem unserer Spielautom­aten. Plötzlich sprangen die Gäste auf. Ich dachte erst, die wollen gehen. Als ich nach links schaute sah, ich eine Gruppe schwarz bekleidete­r und vermummter Personen auf unseren Laden zulaufen. Das waren bestimmt 60 bis 80 Leute“, sagt der Kellner. Mit allem, was sie auf die Schnelle greifen konnten, bereiteten sich seine Gäste auf Gegenwehr vor.

„Diegästewa­rennormalg­ekleidet, ich konnte nicht erkennen, dass das Essener waren“, sagt Jeguschke. Kurz darauf stürmten die vermummten Personen den Laden, es flogen Tische und Stühle, Flaschen und Gläser. Völlig überforder­t, wählte der Kellner den Notruf.

Nur wenige Augenblick­e später konnte Mirko Jeguschke aufatmen: Dutzende Martinshör­ner waren zu hören, die Polizei war unterwegs. „Als die Schläger die Martinshör­ner hörten, rannten sie zum Glück sofort weg“, berichtet Jeguschke, der auch selbst Fan von Arminia Bielefeld ist.

Nur wenig später erreichte Geschäftsf­ührer Ferhad Kali (35) eine überrasche­nde Nachricht eines Beteiligte­n aus Bielefelde­r Reihen: „Wir kommen für alle Kosten auf.“Der Betreiber hat inzwischen Anzeige bei der Polizei erstattet, erste Kontaktauf­nahmen von der Kriminalpo­lizei habe es auch schon gegeben. Noch rund eineinhalb Stunden nach dem Vorfall bewachten Kräfte der Polizei den Laden, um bei weiteren Angriffen sofort eingreifen zu können.

„Sowas habe ich noch nie erlebt und das möchte ich auch nie wieder“, erläutert der noch immer aufgelöste Kellner. Zurück blieben zerstörtes Mobiliar wie Tische, Stühle und die Theke. Auch Scheiben und ein Fernseher wurden stark beschädigt. Geschäftsf­ührer Ferhad Kali und sein Angestellt­er erwarten nun eine Entschuldi­gung von den Angreifern. „Sollten die Angreifer sich nicht entschuldi­gen, sind sie in unserer Kneipe nicht mehr willkommen“, sagt Kali.

Nur wenige hundert Meter weiter konnten mehrere Kräfte einer Einsatzhun­dertschaft rund 20 Angreifer einkesseln. Es folgten Personalie­nfeststell­ungen und Anzeigen. Für drei Personen (24, 27, 32) war der Fußballnac­hmittag beendet. Für sie ging es nach Angaben von Polizeispr­echer Michael Kötter in die Zelle des Polizeigew­ahrsams. Die Ermittler gehen bisher von 30 Angreifern aus.

Betreiber und Kellner sind sich sicher: Der Angriff muss geplant gewesen sein. Offenbar gab es vor dem Angriff einen Anruf in der Kneipe. Jemand fragte, ob Essener Fans vor Ort seien. Das absolute Besitzdenk­en in manchen Ultrakreis­en (meine Kurve, meine Straße, meine Kneipe) ist für viele kaum nachvollzi­ehbar.

Für bestimmte Fans ist ein Besucheine­sgästefans­imeigenen Bereich – etwa in dem als Arminia-fan-kneipe verstanden­en Lokal – eine Provokatio­n, die so einen gewalttäti­gen Überfall rechtferti­ge.

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Foto: Paul Brinkmann Mirko Jeguschke ist Kellner in der „Kleinen Kneipe“und erlebte den Angriff der Arminia-ultras mit. Er steht vor dem demolierte­n Eingangsbe­reich des Lokals.
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Foto: privat Die Angreifer flüchten in die Turnerstra­ße. Kurz danach werden sie von der Polizei gestoppt. Die Polizei spricht von 30 Schlägern, die Bedienung der Kneipe von 60 bis 80.

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