Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen
Den letzten Geheimnissen der Erde auf der Spur
Den Sennestädter Christian Rommel schrecken Strapazen, Risiken oder brenzlige Situationen eher wenig: Er war in bislang 140 Ländern, stets auf der Suche nach Unbekanntem. Donnerstag berichtet er über seine jüngste Reise: in die Antarktis.
Bielefeld. Christian Rommels Leben begann eigentlich ganz normal: aufgewachsen in Sennestadt, Abi am Hans-ehrenberg-gymnasium (Hauptfächer: Englisch und Geschichte), Lehre als Druckformhersteller bei Loewe-druck; Ehefrau Andrea lernte er in der Berufsschule kennen. Schon in der zehnten Klasse aber wurde ihm durch die Lektüre des Romans „Papillon“über die Flucht aus einer Strafkolonie in Französisch-guyana klar, dass jenseits seines Heimatorts noch eine ganz andere Welt auf ihn wartete. Heute, mit 59 Jahren, hat er 140 Länder bereist. „Wenn man bereit ist, seine Komfortzone zu verlassen, dann kann man alles schaffen“, ist sein Fazit. Donnerstag berichtet er in Sennestadt über seine jüngste Reise: fünf Wochen Antarktis.
Rommels erste Auslandstour führte ihn vor fast 40 Jahren auf den Spuren des „Papillon“-autors Henri Charrière fünf Monate quer durch Südamerika. „Das war 1987, da war ich 22“, erinnert er sich. Dann studierte er Verpackungsdesign in Stuttgart, Japan und China, „1994 war ich fertig und ging anderthalb Jahre einer geregelten Arbeit nach.“Danach war er sicher: „Das ist nicht meine Bestimmung.“
Er machte sich als Unternehmensberater selbstständig, bekam „ziemlich schnell“den Auftrag, in der Mandschurei eine Produktionsstätte für Verpackungen aufzubauen. In Hongkong gründete er dann die Firma „Rox Packaging“: „Wir beraten nd Firmen, entwickeln und produzieren besondere Verpackungen“. Die „muhende Müllermilch-flasche“gehört zu seinen bekanntesten Kreationen.
Parallel zog es den Sennestädter jedes Jahr auf Abenteuerreise – dorthin, wo es keine touristische Infrastruktur, keine Zivilisation, Häuser und Straßen gibt. Schon in den 90er Jahren war er mitten im burmesischen Rebellengebiet unterwegs; mit militärischem Begleitschutz erkundete er die Salzwüste in Äthiopien; in Angola traf er auf eines der außergewöhnlichsten Gewächse der Erde, Welwitschia mirabilis, das bis zu 1.500 Jahre alt werden kann.
In Ecuador machte er sich auf die Suche nach Schrumpfköpfen, in Mali lernte er, dass kleine Präsente (vom T-shirt bis zum Tv-gerät) keine Bestechung sind, sondern „eine etablierte Form der Beziehungspflege“.
„Ich will immer das Ursprüngliche erleben“, sagt er. „Das Leben bietet so viel mehr als das, was uns hier antreibt.“
Was aber packt man ein, wenn man sich auf solche Reisen macht? Unverzichtbar sind für Rommel Wechselkleidung, Tagebuch („Das schreibe ich seit 40 Jahren“) und ein Hut („Hilfreich gegen Sonne und Viecher, alles, was von oben kommt“), dazu gutes Schuhwerk. Außerdem: „Man muss die richtige Einstellung mitbringen – Abenteuerlust, Forscherdrang plus unbändige Neugier.“Zudem müsse man bereit sein, sich auf Fremdes einzulassen. Aus seinen Tagebuchaufzeichnungen hat er jetzt ein Buch gemacht, mit 40 Reisereportagen. Es ist unter dem Titel „Sehnsucht Abenteuer“im März erschienen.
Nach sieben Jahren in Hongkong zog Andrea Rommel zurück nach Deutschland, nach Emsdetten. „Ich selbst bin noch zehn Jahre gependelt, jeden Monat. Das war echt krass“, erinnert sich ihr Mann. Für ihn wird die knapp 40.000 Einwohner zählende Stadt im Münsterland „ein Platz zum Runterkommen“, zum Durchatmen zwischen seinen Fahrten. „Aber immer dort sein wollte ich nicht, da würde ich eingehen wie eine Primel.“
Wenn er unterwegs ist, wird Rommel immer wieder bewusst, wie gefährdet die Natur ist. Permafrostböden weichen auf, Gletscher werden jedes Jahr weniger. Dazu kommen Artensterben und Umweltverschmutzung. „Das nimmt man ganz anders wahr, wenn man es selbst sieht und spürt.“Deshalb möchte er die Menschen sensibilisieren, bewusster zu reisen. „Es ist ein ganz großes Privileg, dass wir das machen können“, sagt er. „Aber wir müssen wertschätzen, was wir haben, und alles tun, damit unsere Kinder das erleben können.“
Inzwischen arbeitete der 59Jährige seit fast zehn Jahren weltweit als Fachlektor mit Schwerpunkt Abenteuerreisen, Geschichte, Kunst und Kultur auf kleinen Kreuzfahrtschiffen. Zuletzt war er fünf Wochen als zertifizierter Tourguide in der Antarktis. Dafür muss er jedes Jahr eine Prüfung bei der „International Association of Antarctia Tour Operators“ablegen. „Die Antarktis ist Weltnaturpark, da gibt es strikte Auflagen.“
Über seine letzte Tour berichtet Christian Rommel am Donnerstag, 18. April, ab 19.30 Uhr im Vortragssaal des Sennestadthauses. Vorab einlesen können sich Interessierte im Netz unter: www.christianrommel.com.