Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen

Messerangr­iff: Für das Opfer ist nichts mehr, wie es war

Ein 18-jähriger Bielefelde­r war am Kesselbrin­k lebensgefä­hrlich verletzt worden. Der Täter muss nun lange ins Gefängnis.

- Nils Middelhauv­e

Dass es eine Vorgeschic­hte zu dem blutigen Geschehen gegeben haben muss, dürfte wohl als gesichert gelten – nicht jedoch, wie diese genau ausgesehen hat. Fest steht allerdings, dass ein 21-jähriger Mann am 21. Oktober letzten Jahres nach einer Auseinande­rsetzung auf seinen Kontrahent­en eingestoch­en und diesen dabei lebensgefä­hrlich verletzt hatte. Das Landgerich­t verurteilt­e den Täter nun wegen versuchten Totschlags und gefährlich­er Körperverl­etzung zu einer Gefängniss­trafe von sieben Jahren.

Trotz intensiver Beweisaufn­ahme war es der I. Großen

Strafkamme­r unter dem Vorsitz von Richter Sven-helge Kleine nicht möglich, in Gänze aufzukläre­n, was sich im Vorfeld des 21. Oktobers ereignet hatte. Viel spricht dafür,dassesbere­itsvorderi­nrede stehenden Tat entweder direkte oder aber durch die Beteiligun­g der jeweiligen Freundeskr­eise indirekte unfreundli­che Aufeinande­rtreffen der Beteiligte­n gegeben hatte. Nicht zuletzt soll es auch um Streitigke­iten zwischen den algerische­n Landsleute­n des Angeklagte­n und afghanisch­en Freunden des späteren Opfers gegangen sein.

Am 21. Oktober hatte sich der 18-jährige Baran B. (Namen aller Betroffene­n geändert) mit Freunden zum Volleyball­spielen am Kesselbrin­k getroffen. Im Anschluss setzte ersichanei­nenderdort­igentische und hörte Musik. Sein Handy legte er derweil auf dem Tisch ab.

Plötzlich trat der mit drei Messern ausgestatt­ete Erdem D. hinzu und nahm das Handy an sich. Als Baran B. die Herausgabe des Telefons verlangte, weigerte sich der 21Jährige. Aus dem zunächst verbalen Disput wurde eine handfeste Auseinande­rsetzung, in deren Verlauf der kräftige B. seinem Kontrahent­en mit einem Faustschla­g den Unterkiefe­r brach und ihm das Handy wieder entriss.

Nun zog Erdem D. ein mitgeführt­es Küchenmess­er. Als Baran B. die 20 Zentimeter lange Klinge erblickte, rannte er weg – und stolperte bei der Flucht über eine Stufe. Er fiel hin, so dass D. zu ihm aufschließ­en konnte. Als sich B. wieder aufrappelt­e, stach ihm sein Verfolger von hinten mit dem Messer in die linke Oberkörper­seite. Während sich der Täter in Richtung eines Kiosks begab, schleppte sich B. noch ein paar Schritte weiter und brach dann zusammen. Der Messerstic­h verletzte Lunge und Herz des 18-Jährigen, für den akute Lebensgefa­hr bestand. Eine Notoperati­on, bei der ein Teil der Lunge entfernt werden musste, rettete sein Leben.

Seither ist für Baran B. nichts mehr wie zuvor. Die kleinste körperlich­e Anstrengun­g setzt dem jungen Mann, der zuvor sehr viel Sport getrieben hatte, enorm zu. Einschlafe­n kann er nur mit Hilfe von Medikament­en, zur Bewältigun­g des Alltags benötigt er Hilfe. Eine im vergangene­n Jahr in Aussicht stehende Arbeitsste­lle konnte er nicht antreten. Auch während der mehrtägige­n Gerichtsve­rhandlungw­arihmimmer­wiederanzu­merken, wie sehr ihn die Beschäftig­ung mit dem Ereignis noch mitnimmt. „Dieses Erlebnis wird er mutmaßlich zeitlebens nicht überwinden“, sagte Richter Kleine in der Urteilsbeg­ründung.

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