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Ministerium wegen Atom-aus in der Kritik
Berlin (dpa). Wichtige Mitarbeiter von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) sollen nach einem Bericht des Magazins „Cicero“interne Bedenken gegen den Sinn eines fristgerechten Atomausstiegs unterdrückt haben. Das Wirtschaftsministerium weist die Darstellung zurück. Das Magazin bezieht sich in seiner Berichterstattung zum Thema auf internen Schriftverkehr der beiden Ministerien. Ein „Cicero“-journalist hatte erfolgreich auf die Herausgabe der bis dahin vom Wirtschaftsministerium unter Verschluss gehaltenen Unterlagen geklagt.
So argumentierten Mitarbeiter von Habecks Ministerium im Entwurf eines Vermerks vom 3. März 2022, unter bestimmten Umständen könne eine begrenzte Laufzeitverlängerung der verbleibenden deutschen Atomkraftwerke bis in das folgende Frühjahr sinnvoll sein. Sie rieten dazu, diese Möglichkeit weiter zu prüfen. In der Leitungsebene lag das Dokument laut Ministerium nur Staatssekretär Patrick Graichen vor, einem Parteifreund Habecks, der nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft das Amt räumen musste.
Das Wirtschaftsministerium sagt dazu, das Papier sei eingeflossen in einen Prüfvermerk der Ministerien für Wirtschaft und Umwelt, in dem diese sich gegen eine Laufzeitverlängerung aussprachen – unter Verweis auf die „sehr hohen wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken“. In einem anderen Fall formulierte Graichen dem „Cicero“-bericht zufolge einen Vermerk, in dem er für den fristgerechten Atomausstieg argumentierte und den er an Habeck weiterleitete.
Am 15. April 2023 hatte Deutschland den Atomausstieg vollzogen. Die verbliebenen Kraftwerke hätten ursprünglich bereits zum Jahreswechsel davor vom Netz gehen sollen, der Betrieb war aber zur Sicherung der Stromversorgung verlängert worden.