Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen
Die Klimaerlebniswelt ist eröffnet
Besucher können sich über die Auswirkungen des Klimawandels informieren und selbst aktiv werden. Für einen ist die Eröffnung ein ganz besonderes Geschenk.
Oerlinghausen. Dirk Becker hat die Worte von Karl Banghard noch im Ohr. „Ich habe da eine Idee“, hatte der Leiter des Archäologischen Freilichtmuseums vor acht Jahren gesagt. Aus dem ursprünglich angedachten Klimaturm ist eine Klimaerlebniswelt geworden, die Landesministerin Mona Neubaur bei der Eröffnungsfeier als „Leuchtturm für Lippe“bezeichnet hat. Für Bürgermeister Dirk Becker ist die Klimaerlebniswelt zudem ein besonderes Geschenk, denn sie ist exakt am Tag seines 58. Geburtstags ihrer Bestimmung übergeben worden.
Die Durchschnittstemperatur auf dem Planeten nimmt immer weiter zu. Deshalb sei es höchste Zeit zu handeln, betonte Mona Neubaur. „Zwischen Wirtschaft und Klima gehört kein oder, wir stehen in der Verantwortung, heute Entscheidungen zu treffen.“In der Klimaerlebniswelt würden die Auswirkungenkonkretvoraugen geführt.
Die Erlebniswelt bietet den Besuchern auf 800 Quadratmetern ein aktives Mitmacherlebnis aus Simulationen und Experimenten. Der pädagogische Ansatz bezieht dabei verschiedene Alters- und Zielgruppen mit ein und geht weit über ein typisches Museumskonzept hinaus.
„Die Besucher begeben sich hier auf eine kurzweilige Reise durch unsere Klimageschichte, lernen verschiedene Klimaszenarien kennen und erfahren, welche Auswirkungen unsere Handlungen haben“, beschreibt Olrik Meyer, Fachbereichsleiter „Umwelt“beim Kreis Lippe, die Ausstellung.
Im ressourcenschonend hergestellten Gebäude lassen sich verschiedene Erlebnisräume entdecken. Im Raum „Grad-wanderung“werden etwa klimatische Veränderungen im Verlauf der Erdgeschichteunddergegenwartgezeigt. Hier kommt ein Globus mit aufwendigen Projektionen zum Einsatz, den es deutschlandweitinsgesamtnur dreimal zu erleben gibt.
Im Raum 3 „Kehrtwende“sind die Besucher Teil des Geschehens und können aktive Entscheidungen treffen. Sie bestimmen etwa Maßnahmen, die eine Stadt gegen Hitzeereignisse resistent machen, oder regeln den Hochwasserschutz. „Da weht unseren Gästen schon mal ein wenig mehr Wind um die Ohren“
Dabei werden sie bei wechselnden Extremwetterszenarien mit realen Temperaturextremen und Geräuschen konfrontiert. „Da weht unseren Gästen schon mal ein wenig mehr Wind um die Ohren, oder während der Hitzephasen kann es auch mal spürbar wärmer werden. Highlight sind sicherlich die Wasserwände, die 6.000 Liter Wasser freisetzen – natürlich kreislaufgeführt – und darüber Starkregen simulieren“, verdeutlicht der Leiter der Einrichtung, Ingo Möller.
Die Klimaerlebniswelt komplementiert als dritter Baustein, neben dem Archäologischen Freilichtmuseum und dem Naturschutzgroßprojekt Senne und Teutoburger Wald, das Urland. Das Konstrukt ist eine neuartige Symbiose von Tourismus, Wissensvermittlung und Naturerleben. Dort wird deutlich, wie sich – angefangen von der Urzeit über die Gegenwart bis in die Zukunft – der Mensch, die Natur und das Klima gegenseitig beeinflussen. Die in der Klimaerlebniswelt vermittelten Inhalte können in der angrenzenden Landschaft mit dem Naturschutzgroßprojekt und den Bauten im Archäologischenfreilichtmuseumunmittelbar erlebt und auch erwandert werden.
Die Vernetzung sorgt dafür, dass Besucher die gebotenen Informationen weitaus intensiver wahrnehmen. „Die Klimaerlebniswelt stellt für sich allein schon einen kulturellen Zugewinn für Lippe dar. In Verbindung mit dem Urland wird zudem das erlebnistouristische Profil der Region geschärft. Wir erwarten steigende Besucherzahlen und einen touristischen Imagegewinn, der sich auch wirtschaftlichbemessenlassenwird“,sagt Günter Weigel, Geschäftsführer von Lippe Tourismus und Marketing.
In Deutschland gibt es bisher keine Informationsangebote zur Wechselwirkung von Klimageschichte, Landschaft und menschlicher Entwicklung. So entstand ursprünglich beim Archäologischen Freilichtmuseum die Idee, diese Wechselwirkung durch eine inhaltliche Verbindung von verschiedenen Angeboten herauszustellen.
Auf dieser Grundlage – und mit Beschluss des Kreistages im Jahr 2018 – haben der Kreis Lippe und Lippe Tourismus und Marketing den Gedanken weiterentwickelt. Die erarbeitete Projektskizze zur Klimaerlebniswelt wurde schließlich bei der Regionale 2022 eingereicht – mit Erfolg. Die Klimaerlebniswelt erhielt einen Förderzuschlag. Die Gesamtkosten von 8,4 Millionen Euro wurden zu 80 Prozent bezuschusst. Der erste Spatenstich erfolgte am 5. September 2022, im April die finale Bauabnahme. Nächstes Vorhaben ist ein Klimaerlebnispfad durch das Naturschutzgroßprojekt.