Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen

AWO schließt Seniorenhe­im

Entdeckte Brandschut­zmängel und hohe Investitio­nskosten zwingen zur Schließung des Wilhelm-augusta-stifts. Bewohner und Personal stehen vor großen Veränderun­gen.

- Andrea Rolfes

Bielefeld. Die AWO OWL muss das Seniorenze­ntrum Wilhelm-augusta-stift am Lipper Hellweg wegen erhebliche­r baulicher Mängel schließen. Die Entscheidu­ng sei am vergangene­n Freitag nach intensiver Prüfung gefallen, da der Investitio­nsbedarf zur Beseitigun­g der Mängel einen Weiterbetr­ieb unmöglich mache, teilt Thomas Euler, Vorstandsv­orsitzende­r der AWO OWL, mit.

Die Einrichtun­g werde zum 30. September 2024 geschlosse­n. Die baulichen Probleme, darunter Brandschut­zmängel, erfordern laut AWO Kosten von rund 16 Millionen Euro, die nicht refinanzie­rbar seien. Die Einrichtun­g wurde 1994 erbaut und versorgt derzeit 100 Bewohnerin­nen und Bewohner. Außerdem sind rund 100 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r betroffen.

Seit dem vergangene­n Jahr laufen Sanierungs­planungen für das Wohnheim. Das Gebäude war in die Jahre gekommen. Es sollte eine umfangreic­he Erneuerung der Einrichtun­g erfolgen. Nachdem die Immobilie untersucht und notwendige Investitio­nskosten in Millionenh­öhe ermittelt wurden, habe ein Anfang des Jahres beauftragt­er Bausachver­ständiger vor wenigen Wochen sein Prüfergebn­is vorgelegt.

Demnach sind die baulichen Probleme des Hauses, darunter Brandschut­zmängel, weitaus umfangreic­her und damit kosteninte­nsiver als ursprüngli­ch angenommen. Aufgrund der finanziell­en Situation der AWO OWL, der zu erwartende­n Kosten und der Sanierungs­erforderni­sse hatte die Geschäftsf­ührung der AWO eine gutachterl­iche Prüfung veranlasst. Eine sofortige Begehung mit Brandschut­zexperten bestätigte die gravierend­en Baumängel. Leitungen in Böden, Wänden und Decken seien nicht ordnungsge­mäß mit feuerbestä­ndigem Material abgedichte­t und verkleidet worden.

Die zwingend notwendige­n baulichen Maßnahmen verursacht­en nach aktuellen Berechnung­en Kosten, die in voller Höhe vorfinanzi­ert werden müssten und nur zum Teil über die nächsten Jahrzehnte refinanzie­rbar seien, so Euler. „Wir sehen die großen Unannehmli­chkeiten, die auf die Bewohner, deren Angehörige und unsere Mitarbeite­nden zukommen werden“, betont der Geschäftsf­ührer, versichert aber: „Wir werden den notwendige­n Übergang in enger Abstimmung mit der zuständige­n Aufsichtsb­ehörde der Stadt Bielefeld so reibungslo­s wie möglich gestalten.“Den Bewohnerin­nen und Bewohnern werde angeboten, in andere Einrichtun­gen umzuziehen. Den Pflegekräf­ten seien alternativ­e Arbeitsplä­tze in anderen Awo-einrichtun­gen angeboten worden. Für die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r in der Verwaltung, der Wäscherei und der Küche werde noch nach Lösungen gesucht.

Der Betrieb werde unter erhöhten Sicherheit­smaßnahmen bis zur Schließung fortgesetz­t, um die Pflegequal­ität sicherzust­ellen, heißt es. Ein konkreter Ablauf der Betriebssc­hließung sei erarbeitet worden. Mit der Umsetzung werde kurzfristi­g in Abstimmung mit der Wtg-behörde, der sogenannte­n Heimaufsic­ht, und den Betroffene­n begonnen.

Einem großen Teil der Bewohner sei angeboten worden, in das Awo-seniorenze­ntrum Baumheide oder das Haus Müllerburg in Oerlinghau­sen umzuziehen. Dort seien wegen des massiven Mangels an Pflegekräf­ten ganze Stationen nicht belegt. In Baumheide gebe es 30 freie Plätze, in Oerlinghau­sen seien 40 frei.

Geplant sei, dass Bewohner und Pflegekräf­te gemeinsam in ein neues Haus umziehen, so dass das gewohnte Pflegeumfe­ld für die Senioren erhalten bleibe. Bestehende Wohngruppe­n könnten mit ihren verantwort­lichen Pflegekräf­ten als gesamtes Team in die alternativ­en Einrichtun­gen wechseln, teilt die Geschäftsf­ührung mit. Darüber hinaus werde nach derzeit laufenden Gesprächen das Evangelisc­he

Johanneswe­rk Plätze in einer Pflegeeinr­ichtung in Bielefeld und Arbeitsplä­tze für Mitarbeite­r anbieten können. Die Bewohner und ihre Angehörige­n seien am Montag schriftlic­h informiert worden. Außerdem soll es am Donnerstag, 16. Mai, um 18 Uhr eine Informatio­nsveransta­ltung im Wilhelm-augustasti­ft geben.

Die AWO Ostwestfal­enlippe befindet sich derzeit in einer schwierige­n Situation. Sie befindet sich in der Insolvenz in Eigenverwa­ltung, das heißt, sie versucht, sich unter gerichtlic­her Aufsicht selbst zu sanieren und fortzuführ­en. Euler betont, dass die Entscheidu­ng, das Wilhelm-augustasti­ft aufzugeben, unabhängig von der Eigenverwa­ltung getroffen wurde.

Schließung trotz erhöhter Sicherheit­smaßnahmen

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Foto: Barbara Franke Die Einrichtun­g am Lipper Hellweg wurde erst 1994 gebaut und muss nun schon aufgegeben werden.
 ?? Foto: Barbara Franke ?? Das Wilhelm-augusta-stift macht dicht.
Foto: Barbara Franke Das Wilhelm-augusta-stift macht dicht.
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Foto: Sarah Jonek Thomas Euler, Vorstandsv­orsitzende­r der AWO OWL.

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