Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen
AWO schließt Seniorenheim
Entdeckte Brandschutzmängel und hohe Investitionskosten zwingen zur Schließung des Wilhelm-augusta-stifts. Bewohner und Personal stehen vor großen Veränderungen.
Bielefeld. Die AWO OWL muss das Seniorenzentrum Wilhelm-augusta-stift am Lipper Hellweg wegen erheblicher baulicher Mängel schließen. Die Entscheidung sei am vergangenen Freitag nach intensiver Prüfung gefallen, da der Investitionsbedarf zur Beseitigung der Mängel einen Weiterbetrieb unmöglich mache, teilt Thomas Euler, Vorstandsvorsitzender der AWO OWL, mit.
Die Einrichtung werde zum 30. September 2024 geschlossen. Die baulichen Probleme, darunter Brandschutzmängel, erfordern laut AWO Kosten von rund 16 Millionen Euro, die nicht refinanzierbar seien. Die Einrichtung wurde 1994 erbaut und versorgt derzeit 100 Bewohnerinnen und Bewohner. Außerdem sind rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen.
Seit dem vergangenen Jahr laufen Sanierungsplanungen für das Wohnheim. Das Gebäude war in die Jahre gekommen. Es sollte eine umfangreiche Erneuerung der Einrichtung erfolgen. Nachdem die Immobilie untersucht und notwendige Investitionskosten in Millionenhöhe ermittelt wurden, habe ein Anfang des Jahres beauftragter Bausachverständiger vor wenigen Wochen sein Prüfergebnis vorgelegt.
Demnach sind die baulichen Probleme des Hauses, darunter Brandschutzmängel, weitaus umfangreicher und damit kostenintensiver als ursprünglich angenommen. Aufgrund der finanziellen Situation der AWO OWL, der zu erwartenden Kosten und der Sanierungserfordernisse hatte die Geschäftsführung der AWO eine gutachterliche Prüfung veranlasst. Eine sofortige Begehung mit Brandschutzexperten bestätigte die gravierenden Baumängel. Leitungen in Böden, Wänden und Decken seien nicht ordnungsgemäß mit feuerbeständigem Material abgedichtet und verkleidet worden.
Die zwingend notwendigen baulichen Maßnahmen verursachten nach aktuellen Berechnungen Kosten, die in voller Höhe vorfinanziert werden müssten und nur zum Teil über die nächsten Jahrzehnte refinanzierbar seien, so Euler. „Wir sehen die großen Unannehmlichkeiten, die auf die Bewohner, deren Angehörige und unsere Mitarbeitenden zukommen werden“, betont der Geschäftsführer, versichert aber: „Wir werden den notwendigen Übergang in enger Abstimmung mit der zuständigen Aufsichtsbehörde der Stadt Bielefeld so reibungslos wie möglich gestalten.“Den Bewohnerinnen und Bewohnern werde angeboten, in andere Einrichtungen umzuziehen. Den Pflegekräften seien alternative Arbeitsplätze in anderen Awo-einrichtungen angeboten worden. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung, der Wäscherei und der Küche werde noch nach Lösungen gesucht.
Der Betrieb werde unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen bis zur Schließung fortgesetzt, um die Pflegequalität sicherzustellen, heißt es. Ein konkreter Ablauf der Betriebsschließung sei erarbeitet worden. Mit der Umsetzung werde kurzfristig in Abstimmung mit der Wtg-behörde, der sogenannten Heimaufsicht, und den Betroffenen begonnen.
Einem großen Teil der Bewohner sei angeboten worden, in das Awo-seniorenzentrum Baumheide oder das Haus Müllerburg in Oerlinghausen umzuziehen. Dort seien wegen des massiven Mangels an Pflegekräften ganze Stationen nicht belegt. In Baumheide gebe es 30 freie Plätze, in Oerlinghausen seien 40 frei.
Geplant sei, dass Bewohner und Pflegekräfte gemeinsam in ein neues Haus umziehen, so dass das gewohnte Pflegeumfeld für die Senioren erhalten bleibe. Bestehende Wohngruppen könnten mit ihren verantwortlichen Pflegekräften als gesamtes Team in die alternativen Einrichtungen wechseln, teilt die Geschäftsführung mit. Darüber hinaus werde nach derzeit laufenden Gesprächen das Evangelische
Johanneswerk Plätze in einer Pflegeeinrichtung in Bielefeld und Arbeitsplätze für Mitarbeiter anbieten können. Die Bewohner und ihre Angehörigen seien am Montag schriftlich informiert worden. Außerdem soll es am Donnerstag, 16. Mai, um 18 Uhr eine Informationsveranstaltung im Wilhelm-augustastift geben.
Die AWO Ostwestfalenlippe befindet sich derzeit in einer schwierigen Situation. Sie befindet sich in der Insolvenz in Eigenverwaltung, das heißt, sie versucht, sich unter gerichtlicher Aufsicht selbst zu sanieren und fortzuführen. Euler betont, dass die Entscheidung, das Wilhelm-augustastift aufzugeben, unabhängig von der Eigenverwaltung getroffen wurde.
Schließung trotz erhöhter Sicherheitsmaßnahmen